Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Polizei-Affäre
Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, muss sich nun verantworten. 

Innenminister Strobl sieht "parteipolitische Auseinandersetzung" in Polizei-Affäre

Stuttgart. Der im Zuge der Polizei-Affäre in Bedrängnis geratene Innenminister Thomas Strobl hat in seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss den Vorwurf des Geheimnisverrats erneut zurückgewiesen. Die Opposition fordert seinen Rücktritt, weil er Ende Dezember ein Schreiben des Anwalts des suspendierten Inspekteurs der Polizei an einen Journalisten weitergegeben hat.

Gegen den ranghöchsten Polizisten wird wegen sexueller Belästigung ermittelt. «Wo es kein Geheimnis gibt, kann man kein Geheimnis verraten», sagte der CDU-Politiker als Zeuge am Freitag im Landtag in Stuttgart und rechtfertigte erneut, dass sein Ministerium der Staatsanwaltschaft die Ermächtigung für Ermittlungen wegen Geheimnisverrats verweigert hat. Strobl hatte in der Affäre mehrfach deutlich gemacht, dass er durch die Weitergabe des Anwaltsschreiben das Dienstgeheimnis nicht verletzt sieht.

Strobl verteidigt sich 

Die Staatsanwaltschaft ermittelt dennoch gegen den Minister. Der Vorwurf: Er soll den Journalisten der «Stuttgarter Nachrichten» dazu angestiftet haben, aus Verfahrensakten zu zitieren. Strobl verteidigte zum wiederholten Mal die Weitergabe des Schreibens, das zwei Tage vor Heiligabend 2021 im allgemeinen Faxgerät seines Ministeriums angekommen sei. Der Anwalt des beschuldigten Inspekteurs habe ihm ein «vergiftetes Angebot» gemacht. Dieser habe ihm signalisiert: «Lass uns doch darüber mal reden, wir kennen uns doch, wir haben doch volles Vertrauen zueinander», erklärte Strobl.

Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Polizei-Affäre
Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, antwortet im Landtags-Untersuchungsausschuss zur "Polizei-Affäre" im Plenum im Landtag auf Fragen.

Er habe aber jeden Anschein von «Mauschelei» vermeiden wollen. «Es gibt eben Sachverhalte, die nicht verhandelbar und diskutabel sind.» Er habe sich entschieden, das Schreiben an den Journalisten zu geben und dabei das Interesse der Öffentlichkeit als gewichtiger eingeschätzt als den Datenschutz. Der Minister räumte ein, dass er vor der Herausgabe keine förmliche Rechtseinschätzung dazu eingeholt habe. Er habe kurz vor Weihnachten befürchtet, dass das Schreiben über andere Wege an die Presse gelangt und ein schlechtes Licht auf das Innenministerium werfen könnte. «Das musste einfach raus. Da hat die Uhr getickt», sagte der 62-jährige CDU-Politiker.

Fokus würde verrutschen 

Strobl kritisierte in seiner Aussage mehrfach, dass das eigentliche Thema der Affäre, nämlich sexueller Missbrauch bei der Polizei, aus dem Mittelpunkt geraten und einer «parteipolitischen, ja persönlichen Auseinandersetzung» gewichen sei. Die Vorwürfe des Geheimnisverrats und der Strafvereitelung aus der Opposition seien «substanzlos» und «bösartig».

Der U-Ausschuss soll sexuelle Belästigung bei der Polizei ebenso beleuchten wie die Beförderungspraxis und die Handlungen Strobls. Entscheidend für das weitere politische Schicksal des 62-jährigen Ministers und CDU-Landeschefs ist aber wohl die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Es ist aber unklar, wann diese kommt.

Pk zu Abschluss NSU-Untersuchungsausschuss
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Sex-Skandal bei Polizei - Strobl stoppt Ermittlungen wegen Schreibens

Die Staatsanwaltschaft hat nach Angaben des Chefredakteurs der «Stuttgarter Nachrichten», Christoph Reisinger, dem beteiligten Redakteur Mitte August die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldzahlung angeboten. Der Redakteur habe dies jedoch abgelehnt. Der Redakteur und seine Zeitung seien der Meinung, er habe sich «in dieser Angelegenheit nicht das Geringste zuschulden kommen lassen», schrieb Reisinger am Donnerstag in den «Stuttgarter Nachrichten».

Angebot der Staatsanwaltschaft 

Das Angebot an den Redakteur ist auch deshalb brisant, weil es nun denkbar erscheint, dass auch Strobl eine solche Offerte erhalten hat oder noch erhalten könnte. Die «Stuttgarter Nachrichten» schreiben, dass die Staatsanwaltschaft den Brief des Anwalts des Inspekteurs an den Minister als amtliches Schreiben einschätze. Die Staatsanwaltschaft lehnte eine Stellungnahme ab. «Wir erteilen momentan keine Auskünfte, es handelt sich um ein laufendes Verfahren», sagte ein Sprecher auf Anfrage der dpa.

Die oppositionelle SPD kündigte an, den Minister im Ausschuss fragen zu wollen, ob auch er ein solches Angebot der Ermittlungsbehörde erhalten hat. Auch in der CDU wird dem Vernehmen nach bezweifelt, dass der Minister in dem Fall im Amt bleiben kann.

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