
Hinrichtungen von geistig Behinderten mit Giftspritze
Seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen im Jahr 1982 sind in Texas/USA mindestens 70 Menschen exekutiert worden, die zur mutmaßlichen Tatzeit zwischen 17 und 19 Jahre alt waren. Jetzt ist mit Yokamon Laneal Hearn ein 33-jähriger Mann getötet worden, der zur Tatzeit 19 Jahre alt und wahrscheinlich geistig behindert war. Laut "Amnesty International" verstoße diese Hinrichtung vom 18. Juli gegen die Verfassung. Hinzu kommt, so "Spiegel online", dass "zum ersten Mal ein Mann mit nur einer statt drei Substanzen hingerichtet" worden sei, weil den USA die Medikamente für die Giftspritzen ausgehen würden.
Amnesty InternationalWas die Hinrichtung eines möglicherweise geistig Behinderten zusätzlich zu einem Skandal macht, ist die für eine industrielle Großmacht wie die USA eher befremdliche Tatsache, dass die Gifte für die Todesspritze ausgegangen zu sein scheinen. "Yokamon Hearn wurde am Mittwochabend (Ortszeit) eine einzige Dosis des starken Betäubungsmittels Pentobarbital verabreicht.Der Bundesstaat wich von der seit 1982 üblichen Vergabe von drei Medikamenten ab, weil beim staatlichen Vorrat einer der sonst eingesetzten Substanzen die Haltbarkeit abgelaufen ist", schreibt "Spiegel online".
Bislang kamen drei Medikamente oder Gifte in den im Schnitt innerhalb von zwei Minuten wirkenden Spritzen zum Einsatz: Kaliumchlorid beendet den Herzschlag. Damit der Körper nicht unnötig zuckt, gibt es ein Mittel, das ihn lähmt. Letztlich soll der Todeskandidat nichts davon spüren, weshalb ein Narkosemittel die dritte Substanz in der Spritze ist. Warum schaffen es die USA nicht, diesen tödlichen Cocktail selbst herzustellen? "Weder das Narkosemittel Thiopental-Natrium noch Pentobarbital können aus Europa bezogen werden - das verhindert die Anti-Folter-Verordnung der EU. Der einzige US-Hersteller von Pentobarbital hatte im Herbst 2011 bereits wegen der wachsenden Proteste die Produktion eingestellt", schreibt "Spiegel online". Auch bei dem Ersatzstoff Propofol, einem Narkosemittel, gibt es anscheinend Beschaffungsprobleme.
Die Hinrichtungsmaschinerie in den USA läuft aber trotz alle dieser Probleme weiter. Die ursprünglich für Donnerstag geplante Hinrichtung eines anderen anscheinend geistig behinderten Mannes im US-Bundesstaat Georgia ist verschoben worden - aber nur um wenige Tage. Wie die zuständige Gefängnisbehörde mitteilte, soll der wegen Mordes verurteilte Warren Hill nunmehr um 1.00 Uhr am kommenden Dienstagmorgen (deutscher Zeit) exekutiert werden.
Begründet wurde der Aufschub mit einer Änderung des Hinrichtungsmittels, die Zeit benötige. Demnach werden im Staat Georgia zum Tode verurteilte Häftlinge künftig nicht mehr durch drei verschiedene injizierte Chemikalien hintereinander getötet, sondern nur noch durch ein einziges Betäubungsmittel.
Der 52-jährige Hill war zunächst wegen Mordes an seiner Freundin zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Dann hatte er im Gefängnis einen Mithäftling erschlagen und erhielt die Todesstrafe. Sein Fall hat über die USA hinaus Aufsehen erregt. Hill besitzt laut mehreren Gutachten einen Intelligenzquotienten von knapp 70 und gilt daher nach verbreiteter Expertenauffassung als geistig behindert. Deshalb dürfte er nach der US-Verfassung eigentlich nicht hingerichtet werden. tok/dpa