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Der niedersächsische Professor für Umwelt- und Energietechnik Martin Faulstich spricht beim Studium generale über die Energie- und Rohstoffwende. Molnar 

Auftakt des Studium generale an der Pforzheimer Hochschule

Eine Stromgesellschaft, in der alles auf regenerativ erzeugtem Strom basiert? Martin Faulstich, Professor für Umwelt- und Energietechnik an der Technischen Universität Clausthal, ist von der Machbarkeit überzeugt. Viel mehr noch: Der Energiewende müsse eine Rohstoffwende folgen, beide seien Grundpfeiler einer nachhaltigen Industriegesellschaft.

Und das bedeute vor allem eins: „Wir müssen unseren Lebensstil verändern“, so der ehemalige Vorsitzende des Sachverständigenrats für Umweltfragen der Bundesregierung in Berlin.

Mit seinem Vortrag über das aktuelle Thema „Die Energieversorgung der Zukunft: Wege zur Stromgesellschaft“ eröffnete Faulstich das Studium generale an der Hochschule Pforzheim. Der Walter-Witzenmann-Hörsaal war besetzt. Dass das Thema auf großes Interesse stieß, zeigte sich auch nach dem vielschichtigen Vortrag. Eine Frage drehte sich beispielsweise um die Verschwendung von Forschungsgeldern im Nuklearbereich.

„Die Politik muss den Mut haben und sagen: Das ist eine Sackgasse“, antwortete der Wissenschaftler. Zum Einstieg stellte er die These auf, dass 98 Prozent der fossilen Rohstoffe wie Kohle, Öl und Gas im Boden gelassen werden müssten, weil die Energiewende sonst nicht zu schaffen sei. Anhand von Zahlen und Diagrammen zeigte er den rasanten Anstieg der Bevölkerung, des weltweiten Bruttoinlandprodukts und Rohstoffverbrauchs seit 1950 auf, ebenso die Ziele und Vorteile des Pariser Klimaschutzvertrags von 2015.

Bis 2050 sollen etwa in Deutschland 80 bis 95 Prozent der Kohlendioxid-Emission reduziert werden. „Das ist die größte Herausforderung, die die Menschheit je gesehen hat“, sagte Faulstich. In puncto erneuerbare Energien, die mitsamt der Akteure auf dem Strommarkt kontinuierlich wachsen, sprach er von 1,3 Millionen Anlagen, die es bereits gebe – 2050 könnten es um die zehn Millionen sein. Doch was hindere uns am Durchbruch der Energiewende? Bei der Stromerzeugung werde nach wie vor auf Braunkohle zurückgegriffen, so der Experte. Er forderte deshalb einen zeitgleichen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas sowie eine aktive Gestaltung des Strukturwandels. Selbst wenn es keinen Klimawandel gäbe, sei der Umstieg allein der Kosten wegen der einzig richtige Weg. „Wir werden zukünftig wieder elek-trisch heizen“, erläuterte der Referent die verschiedenen Anwendungen von Strom und Grundstoffen. Zum Verbot von Dieselfahrzeugen ab 2030: „Wenn wir die Energiewende erreichen wollen, müssen wir ohnehin zu 90 Prozent auf Elektromobilität umstellen.“ Das sei in vielen Bereichen aber leichter als gedacht, etwa bei kleineren Kurierdiensten in der Stadt oder bei der Müllabfuhr mit ihren immer gleichen Routen.

Matthias Sutter von der Universität Köln spricht am Mittwoch, 19. Oktober, ab 19 Uhr über „Die Entdeckung der Geduld: Ausdauer schlägt Talent“.