




Mit Unterstützung von „Menschen in Not“: Streetwork Innenstadt grillt mobil in Pforzheim
Pforzheim. Es ist ein kalter Mittwochabend im Dezember. Es regnet. Gefühlt schneit es. Der Wind bläst unaufhörlich rau durch die Stadt. Wer ein Zuhause hat, der sitzt gemütlich in wohliger Wärme auf dem Sofa. Die, die kein Zuhause haben, können das nicht. Und für genau diese Personengruppe ist das Team um Bernd Schön von Streetwork Innenstadt unterwegs. Der Holz-Pavillon gegenüber dem Familienzentrum Au an der Calwer Straße dient an diesem Abend als Unterstand. Die Streetworker haben Würstchen mitgebracht. „Hot Dogs gehen immer“, weiß Schön. Auch eine warme Tasse Tee erwärmt die Herzen.
Heute ist es eher ruhig am Pavillon. „Mein Fehler“, gesteht der Streetworker. „Ich habe letzte Woche gesagt, dass heute jemand von der Presse kommt.“ Reden will hier nämlich niemand.
Und dann kommen doch die ersten Besucher. Zuerst sind es die Familien mit Kindern, die Angebote im Familienzentrum Au nutzen und über Leiterin Doris Winter und ihre Mitarbeiter zum Kommen animiert werden. Diese Grilltreffen gibt es nun schon seit mehr als zehn Jahren. Möglich macht das die Pforzheimerin Eva Wellendorff. „Sie sponsert die ganze Jugendarbeit im Familienzentrum“, berichtet Winter. An Abenden wie diesen würden die Familien ganz ungezwungen reden. „Sie erzählen, wo der Schuh drückt“, so Winter weiter. 70 Kinder stünden auf der Warteliste im Familienzentrum Au. „Das können wir nicht abbauen.“ Durch Grillabende wie diesen sei aber zumindest möglich, die Kontakte zu halten.
Diesen Grundgedanken möchten die Streetworker nun auf die ganze Stadt ausweiten. Zielgruppe: Jugendliche, die am Rande der Gesellschaft leben. „Menschen in Not“ übernimmt für das Vorhaben die Finanzierung für das kommende Jahr. Julia, Martin (Namen geändert) und weitere Jugendliche wohnen in der Au und treffen sich häufig am Pavillon. „Die Streetworker haben uns angesprochen und seitdem kommen wir zu den Grillabenden“, verraten sie. Von ihrem Ausbildungsgehalt bleibt nicht viel übrig. „Deshalb kommen wir gerne und essen hier.“ Aber nicht nur deshalb. Sie wissen einfach nicht, wie sie ihre Freizeit verbringen können. „Pforzheim soll mehr für seine Jugend machen“, fordert Martin. Ihre Ideen: Bowlingbahn, eine Fußballhalle, in der auch Turniere für die Jugendlichen stattfinden, ein Gamecenter mit Spielautomaten – oder einfach ein offener Jugendtreff. Vor rund einem Jahr schloss nämlich der einstige Treff im ehemaligen „Schinderhannes“ an der Oberen Augasse. Und die neue Einrichtung der Johanniter an der Werderstraße, im ehemaligen Kundencenter der Stadtwerke, ist für viele wohl zu weit weg.
Die Würstchen auf dem Grill vor Bernd Schön werden immer weniger. Die Methode des Kontaktknüpfens in der Au kommt an, und so soll das Pilotprojekt auf andere Stadtteile ausgedehnt werden. Mindestens acht Standorte planen die Streetworker künftig zu bespielen: beispielsweise am Zähringerplatz in der Nordstadt, am Haus der Jugend, im Jugendtreff an der Östlichen, in West- und Oststadt und weiteren Punkten in der Innenstadt. „Immer geht es darum, Kontakte zu knüpfen“, sagt Schön. Das sei eine Arbeit, die sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. „Da müssen wir mehrfach vor Ort sein und die Leute gezielt ansprechen, dass wir immer ein offenes Ohr für ihre Sorgen haben“, weiß Schön. „Komm vorbei, um unseren Computer zu nutzen, einen Kaffee zu trinken oder Hilfe beim Ausfüllen von Formularen zu erhalten.“ Die Stadt sei keine homogene Gruppe. Es komme immer auf den Einsatzort an. Mal seinen fehlende Jugendtreffs Thema, mal belasten andere Sorgen. Dann gebe es die, die daheim rausgeflogen sind oder etwas konsumiert haben.
Die Arbeit der Streetworker ist Beziehungsarbeit. „Und dank der Zusage von ,Menschen in Not‘ können wir das jetzt über die Stadt verteilt einsetzen“, freut er sich. So gelingt es, nachhaltig Ressourcen einzusetzen. Und wenn schnelle Hilfe gebraucht wird, dann sind die Streetworker zur Stelle. „Das geht auf der Straße sowieso immer.“
Direke Hilfe zu Weihnachten:Dieses Weihnachten verlässt „Menschen in Not“ die Tradition, wonach maßgeblich vier große Aktionen unterstützt werden. Denn aktuell ist alles anders. Die Zahl der Hilfsbedürftigen nimmt kontinuierlich zu. Für diese vermehrten Anfragen werden dringend mehr Spendengelder benötigt. Neben der direkten Hilfe mit Lebensmittelgutscheinen werden Fachkräfte von Streetwork Innenstadt mit Klienten nicht nur im Advent Zeit verbringen und Treffen mit Mahlzeiten anbieten. Das Deutsche Rote Kreuz verfügt über eine gut aufgestellte Kleiderkammer und hat zudem engen Kontakt zu armen Menschen. Auch hier wird die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen durch sozialkompetente Fachkräfte vorgenommen. Dass die Krise die Ärmsten mit voller Härte trifft, spürt auch die Pforzheimer Tafel. Haltbare Lebensmittel sind meist nicht zu haben. „Menschen in Not“ wird für die Tafel deshalb ein Jahr lang für 3000 Euro haltbare Grundnahrungsmittel kaufen, damit diese direkt ankommen.