
Mittelalter wird lebendig: Peter-und-Paul-Fest in Bretten lockt Tausende Besucher an
Bretten. Mit ihren Waffen ziehen die Ritter durch die Gassen, Gaukler treiben ihre Späße, Handwerker bieten ihre Waren feil. Überall duftet es nach Essen: nach Geschmortem, nach Gebratenem, nach Geräuchertem. Immer wieder bahnen sich Fußgruppen ihren Weg durch die Menschenmengen, immer wieder spielt Musik, immer wieder wird getrommelt, getanzt und jongliert.
Am Wochenende hat sich das Rad der Zeit weit zurückgedreht und ist im Jahr 1504 stehengeblieben. Beim Peter-und-Paul-Fest hat Bretten sich vier Tage lang in eine spätmittelalterliche Stadt verwandelt. Tausende Besucher sind auf den Straßen unterwegs, unzählige Mitwirkende in ihren Gewändern auf den Beinen. In Lagern haben sich die verschiedenen Berufe und Zünfte niedergelassen. „Man merkt bei den Leuten in sämtlichen Lagern, dass die Stimmung gut ist“, sagt Marco Weber von den Scharfrichtern und spricht von einer großen Gemeinschaft.
Dass das Peter-und-Paul-Fest wegen der Corona-Krise zwei Jahre lang nicht stattfinden konnte, hat nach seiner Wahrnehmung dazu beigetragen, dass man noch offener aufeinander zugeht. Jeder sei in diesen Zeiten froh, etwas Positives zu erleben, sagt Weber:
„Es war selten von Anfang an die Stimmung so gut.“
Das gilt auch für die Wäscherinnen, die ihr Lager nur wenige Meter von den Scharfrichtern entfernt aufgeschlagen haben. Dort zeigen sie, wie man im Mittelalter die Klamotten wieder sauberbekommen hat. Oft und schnell kommen sie dabei mit Besuchern ins Gespräch.

„Die Leute sind überrascht, wie viel körperliche Anstrengung das Waschen früher bedeutet hat“, sagt Vorstandsmitglied Anne-Kathrin Heim: „Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.“ Bei ihren Vorführungen geben Heim und ihre Kollegen einen lebendigen Eindruck davon: Sie walken die Wäsche zuerst durch, dann wird sie mit einem „Batscher“ ausgeklopft, damit sich der Schmutz lockert. Nach dem Auswringen wird sie zum Trocknen und zum Bleichen auf den Boden gelegt. Beides habe früher die Sonne übernommen, erklärt Heim. Elektrische Trockner und künstliches Bleichmittel gab es noch nicht.
Der Kettenhemdmacher
Ein altes Handwerk beherrscht auch Engelbert Schmitz: Er ist Kettenhemdmacher. Das bedeutet, er stellt Kettenhemden aus Stahldraht her. Über einem Dorn wird er aufgewickelt und abgeschnitten, sodass kleine Ringe mit einer Öffnung entstehen, die dann miteinander verwoben werden. Wie viele er für ein Hemd braucht, kann Schmitz nicht sagen, weil das von der Größe des Hemds abhängt. Für einen durchschnittlich großen Mann dürften es aber um die 30.000 sein. Zehn bis 15 Kilogramm wiegt ein Hemd.
Frisches Kesselgulasch
Nebenan kocht Michael Schmidt unterdessen zusammen mit einigen Kollegen ein Kesselgulasch, „mit lauter frischen Zutaten, wie sich das gehört“. Rind- und Schweinefleisch haben sie dazu schon in mundgerechte Stücke geschnitten, Zwiebeln, Kartoffeln und Paprika zerkleinert. In einem Emaille-Topf über dem offenen Feuer wird zuerst das Gemüse gebraten, dann kommt das Fleisch dazu, bis es kross ist. Nach dem Ablöschen mit Rotwein muss das Ganze dreieinhalb Stunden kochen, denn „dann wird es butterzart“, sagt Schmidt.

Auch die meisten Besucher nehmen sich Zeit für das Peter-und-Paul-Fest. Allein am Freitagabend waren laut Thomas Lindemann rund 25.000 unterwegs. Der Vorsitzende der veranstaltenden Vereinigung Alt Brettheim zeigt sich hochzufrieden und geht davon aus, dass es insgesamt ein „tolles Festwochenende“ wird.