
Online-Glücksspiellizenz von Schleswig-Holstein abgelaufen – doch die Casinos machen munter weiter
Obwohl Online-Glücksspiel in Deutschland normalerweise verboten ist, hatte das Bundesland Schleswig-Holstein im Jahr 2012 eine Sonderregelung eingerichtet, nach der deutsche Betreiber eine Lizenz zum Betrieb von Online-Casinos erhalten konnten. Diese Lizenzen sind nun abgelaufen – doch die Anbieter der Seiten machen munter weiter.
Der Vorfall wirft ein Licht auf die kuriose Rechtslage des Online-Glücksspiels in Deutschland. Obwohl die Betreiber der Seiten nämlich im Prinzip illegal agieren, berufen sie sich auf die Tatsache, dass das Glücksspiel im Internet nach europäischem Recht erlaubt ist. Der Staat sieht die Sache ein wenig anders und will das Spiel der Casinos so bald wie möglich einstellen. Welches der beiden Lager ist im Recht? Und müssen deutsche Spieler womöglich rechtliche Konsequenzen befürchten, wenn sie im Internet an den Automaten oder Casinotischen spielen?
Der Sonderfall Schleswig-Holstein
Bis zum 31. Dezember 2011 war die rechtliche Situation um das Online-Glücksspiel in Deutschland eindeutig: sowohl der Betrieb der Seiten wie auch das Angebot an deutsche Spieler war verboten. Jeder Anbieter von digitalen Glückspieldiensten in Deutschland handelte damit illegal.
Im Jahr 2012 trat dann jedoch der erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. GlüÄndStV) in Kraft. Dieser regelte die rechtlichen Bestimmungen über Online-Glücksspiel und wurde von allen Bundesländern unterzeichnet – mit Ausnahme von Schleswig-Holstein. Das Glücksspiel ist in Deutschland nämlich Ländersache, und die Regierung von Schleswig-Holstein sah in der Neuauslegung des Vertrags offensichtlich eine Chance, Millionen von Euros durch Steuereinnahmen aus Online-Glücksspiel zu verdienen.
In einem eigenen Gesetzesentwurf des Landtags von Schleswig-Holstein wurde unter anderem festgesetzt, dass deutsche Anbieter von Online-Casinos eine fünfjährige Lizenz erhalten konnten, die ihnen den Betrieb der Seiten gestattete. Bereits kurz darauf nahmen die ersten Seiten ihren Betrieb auf – und verkündeten voller Stolz, dass sie die ersten legalen Online-Casinos in Deutschland seien. Was sie dabei jedoch nur am Rande erwähnten: die Lizenz aus Schleswig-Holstein galt nur für Bundesbürger, die auch ihren Wohnsitz innerhalb des kleinen Bundeslandes hatten. Für alle anderen Spieler wurde also auf die Glücksspiellizenz in Malta zurückgegriffen.
Lizenzen von Schleswig-Holstein abgelaufen
Mittlerweile hat sich die Rechtslage in Schleswig-Holstein im Übrigen auch wieder geändert. Die neue Landesregierung machte den Gesetzesentwurf nämlich rückgängig und das Online-Glücksspiel genau wie in den restlichen Ländern Deutschlands illegal. Allen Anbietern, die bereits eine gültige Lizenz erhalten hatten, wurde gestattet, den Betrieb ihrer Seiten bis zum Ablauf dieser Lizenzen fortzusetzen.
Hier wird die Sache jedoch kurios. Und zwar sind die letzten dieser Lizenzen mittlerweile abgelaufen. Doch die Anbieter der Casinos scheint das herzlich wenig zu kümmern. Sie betreiben ihre Seiten nämlich munter weiter – obwohl sie damit ganz klar gegen das deutsche Recht verstoßen.
Die Argumente der Casinobetreiber
Die Betreiber der deutschen Online-Casinos berufen sich dabei auf die Tatsache, dass das Glücksspiel im Internet nach europäischen Recht gestattet ist – und die Regierung von Deutschland damit gegen die EU verstoße.
Die meisten der Online-Casinos, die in Deutschland ihre Dienste anbieten, besitzen Lizenzen in Ländern wie Malta oder der Isle of Man, in denen das Glücksspiel bekanntermaßen legal ist. Auf Casinovergleichsportalen wie hier werden mittlerweile hunderte von Anbietern geführt, die Lizenzen aus diesen Ländern besitzen und so zumindest eine Vorauswahl getroffen.
Die Situation in Deutschland ist trotzdem sehr kurios. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte zwar im Oktober 2017 bereits, dass die Argumente der Casinobetreiber nicht gelten und dass sie mit der Operation ihrer Seiten ganz klar gegen deutsches Recht verstoßen.
Trotzdem sind die Seiten jedoch auch im Jahr 2019 noch für deutsche Spieler offen – und werden von diesen auch ausgiebig genutzt. Alleine im Jahr 2017 betrug der Umsatz des nicht-regulierten Glücksspiels in Deutschland stolze 3,18 Milliarden Euro. Damit machten die „illegalen“ Seiten fast ein Viertel des gesamten Umsatzes durch Glücksspiel (14,17 Milliarden Euro) aus.
Wie geht es mit dem Online-Glücksspiel in Deutschland weiter?
Die Zukunft des digitalen Glücksspiels in Deutschland ist derzeit mehr als ungewiss. Im Moment macht es nicht den Anschein, als ob die Betreiber der Casinos in naher Zukunft ihre Dienste in Deutschland einstellen müssten. Ganz im Gegenteil, das Online-Glücksspiel wird bei den Deutschen immer beliebter und die Casinos verzeichnen jedes Jahr ordentliche Wachstumszahlen an Spielern und Umsatz.
Vor allem durch neue Technologien wie mobiles Spielen auf Smartphones und Tablets wird das Glücksspiel im Internet für die Nutzer immer interessanter – und gleichzeitig auch immer gefährlicher. Während Spieler früher nämlich extra ins Casino oder in die Spielhalle fahren mussten, um sich ihre Dosis Nervenkitzel zu besorgen, bekommen sie diesen heute ganz bequem von jedem beliebigen Ort aus.
Am wahrscheinlichsten für den deutschen Markt sind derzeit zwei Szenarien. Die eine Möglichkeit ist, dass das Online-Glücksspiel in Deutschland vollständig unterbunden wird. Wie dies effektiv durchgesetzt werden kann, machten die USA im Jahr 2011 eindrucksvoll vor. Dort wurde nämlich der Bereich des Online-Poker verboten. Von einem Tag auf den anderen erschien auf den Seiten der Pokerräume nur noch eine Warnung für die Spieler, zusammen mit dem Logo des FBI. Gleichzeitig wurde allen Banken unter Strafe untersagt, Transaktionen von und an die Pokerseiten durchzuführen.
Das zweite Szenario ist, dass das digitale Glücksspiel in Deutschland legalisiert und reguliert wird. Auch hier dienen die USA als Beispiel, denn in einzelnen Staaten wie Nevada oder New Jersey ist das Online-Pokern mittlerweile wieder erlaubt – komplett reguliert und mit fetten Steuereinnahmen für die Staatskassen. Ein ähnliches Modell könnte sich auch in Deutschland durchsetzen und dem Staat damit jedes Jahr mehrere Milliarden an zusätzlichen Steuereinnahmen bescheren.
Welches der beiden Szenarien sich am Ende durchsetzen wird, steht derzeit noch in den Sternen. Klar ist im Moment nur, dass die derzeitige Situation nicht ewig weitergehen wird. So sicher sich die Betreiber der Casinos auch fühlen mögen, die deutsche Regierung lässt es auf lange Sicht wohl kaum auf sich sitzen, dass diese ihre Produkte komplett unreguliert an deutsche Spieler anbieten.
Müssen deutsche Spieler mit Konsequenzen rechnen?
Zumindest aus rechtlicher Sicht müssen deutsche Spieler derzeit wohl kaum mit Konsequenzen rechnen. Auch wenn das Online-Glücksspiel technisch gesehen illegal ist, werden die Spieler in derartigen Situationen in der Regel nicht verfolgt. Das war auch im Fall des Online-Poker in den USA so. Der Staat hatte es damals nur auf die Betreiber abgesehen, kein einziger Spieler wurde dort für seine Nutzung der Seiten rechtlich verfolgt.
Aus finanzieller Sicht sieht die Sache allerdings ein wenig anders aus. Es könnte nämlich durchaus vorkommen, dass eine Bank in Deutschland einem Spieler nicht erlaubt, seine Gewinne ausbezahlen zu lassen. Genau dies passierte auch in den USA, wo Spieler insgesamt Hunderte Millionen Dollar verloren, als die Pokerräume geschlossen wurden.