
- dpa/lsw/pm
Stuttgart. Vier Bundesländer haben sich nach Angaben des baden-württembergischen Gesundheitsministeriums darauf verständigt, die Isolationspflicht für Corona-Infizierte aufzuheben.
Es handelt sich um Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein, wie das Ministerium am Freitag mitteilte. In diesen Ländern sollten "zeitnah" neue Regelungen in Kraft treten, die Details würden derzeit ausgearbeitet. In Baden-Württemberg soll dies voraussichtlich Mitte der kommenden Woche der Fall sein, wie ein Sprecher am Freitag sagte.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kritisierte die Pläne umgehend.
"Das kommt jetzt zur Unzeit und findet nicht die Billigung der Bundesregierung",
sagte der SPD-Politiker Lauterbach am Freitag in Berlin.
Aus dem Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen hieß es am Freitag etwa, man wolle an der Isolationspflicht festhalten.
Es bedarf aus Sicht der Länder einer neuen Phase im Umgang mit der Pandemie. Man befinde sich am Übergang zu einer Endemie. Die Bundesländer berufen sich bei ihrem gemeinsamen Vorgehen unter anderem auf Erfahrungen aus Nachbarländern wie Österreich, wo es seit Sommer 2022 absonderungsersetzende Schutzmaßnahmen gibt. Aus diesen Ländern seien keine negativen Erkenntnisse bekannt.
Zurückgehende Infektionszahlen, eine wirksame Schutzimpfung, eine Basisimmunität innerhalb der Bevölkerung von mehr als 90 Prozent, in der Regel keine schweren Krankheitsverläufe sowie wirksame antivirale Medikamente rechtfertigen aus Sicht der Länder, diesen Schritt zeitnah zu gehen.
Die Länder haben sich darauf geeinigt, die generelle Isolationspflicht für positiv getestete Personen aufzuheben. An deren Stelle werden die Länder angepasst verpflichtende Schutzmaßnahmen wie eine begrenzte Maskenpflicht positiv getesteter Personen sowie dringende Empfehlungen einführen.
Manne Lucha, Gesundheitsminister Baden-Württemberg:
"Wir läuten eine neue Phase im Umgang mit der Pandemie ein. Es ist Zeit, den Menschen wieder mehr Eigenverantwortung zu übertragen. Nach wie vor gilt: Wer krank ist, bleibt zu Hause. Der Schutz vulnerabler Gruppen wird selbstverständlich weiterhin aufrechterhalten."
Klaus Holetschek, Gesundheitsminister Bayern:
"Leider hat sich die Bundesregierung bislang einer gemeinsamen Lösung verweigert. Deshalb gehen wir jetzt mit Blick auf die veränderte Pandemie-Lage diesen wichtigen Schritt für einen eigenverantwortlichen Umgang mit Corona voran. Wir können uns hierbei auf die Meinung der Landesämter und vieler Experten stützen. Klar ist dabei: Vulnerable Gruppen werden weiter geschützt."
Kai Klose, Gesundheitsminister Hessen:
"So lange das derzeit herrschende Omikron-Virus nicht von einer pathogeneren Variante verdrängt wird, die unser Gesundheitssystem überlasten könnte, ist der Schritt verantwortbar und geboten. Der bestehende Schutz durch Impfungen oder durchgemachte Infektionen in Deutschland macht ihn möglich. An die Stelle der Isolationspflicht treten dann verpflichtende Schutzmaßnahmen für Infizierte, um besonders vulnerable Personen z. B. in Krankenhäusern oder Alten- und Pflegeheimen zu schützen."
Kerstin von der Decken, Gesundheitsministerin Schleswig-Holstein:
"Maßnahmen des Staates müssen immer verhältnismäßig sein. Freiheitseinschränkende Maßnahmen wie die Absonderungspflicht sind in dieser Phase weder verhältnismäßig noch erfüllen sie Ihren Zweck. Entscheidend ist, schwere Krankheitsverläufe zu erkennen und gut zu therapieren. Mit der Impfung, Medikamenten und dem Wissen um das Coronavirus haben wir die Instrumente, um mit diesem Erreger – wie mit vielen anderen auch – ohne drastische Freiheitseinschränkungen umzugehen".
Erst Ende September hatten die vier Bundesländer, die nun gemeinsam die Aufhebung der Isolationspflicht angekündigt haben, Lauterbach in einem Schreiben aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das Robert Koch-Institut (RKI) seine Isolationsempfehlungen für Corona-Infizierte ändert. Lauterbach hatte dies damals umgehend zurückgewiesen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte aber bereits darauf hingewiesen, dass die Länder sich über die RKI-Empfehlung hinwegsetzen können.
Das RKI empfiehlt den Ländern, für Infizierte fünf Tage Isolation anzuordnen. Angeraten wird eine dringende Empfehlung, die Selbstisolation danach erst dann zu beenden, wenn ein (Selbst-)Test negativ ausfällt. Beschäftigte des Gesundheits- und Pflegewesens sollen zudem 48 Stunden vor der Testabnahme symptomfrei gewesen sein.

