Pommes in der Fritteuse
Altes Frittierfett wird von Dieben zurzeit öfter gestohlen. (Symbolbild)
Ina Fassbender/dpa/dpa-tmn
Baden-Württemberg
Diebe haben es auf altes Frittierfett abgesehen

Die mutmaßlichen Diebe sind wohl in der Nacht gekommen und haben die Garage des Restaurants in Giengen an der Brenz (Kreis Heidenheim) aufgehebelt. Die Beute scheint auf den ersten Blick nicht wertvoll zu sein. Es wurde eine mit 300 Liter altem Speisefett befüllte Mülltonne mitgenommen, wie die Polizei in Ulm mitteilte. 

Die Diebstähle von altem Frittierfett oder altem Speiseöl in Baden-Württemberg häufen sich. Es wird in manchen Fällen bei Schnellrestaurants entwendet oder bei normalen Gasstätten, wie die Polizei mitteilte. Manchmal kommen nur mehrere Hundert Liter Speisefett abhanden. In Heidenheim seien sogar mehrere Tonnen entwendet worden. Jüngst gab es auch Fälle in Sindelfingen oder in Ludwigsburg. In Hockenheim (Rhein-Neckar-Kreis) wurden in einem Fall zwölf Fässer voller Altfett mutmaßlich von Dieben sichergestellt.

Ein landesweites Phänomen sei es nicht, teilte das Innenministerium in Stuttgart mit. Sowohl die Polizei in Ludwigsburg als auch in Ulm stehen bei ihren Ermittlungen am Anfang und äußerten sich nicht zum Motiv der mutmaßlichen Täter. 

Entsorgungswirtschaft: Altes Fett wird in die Niederlande verkauft

Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) hegt einen Verdacht, was dahinterstecken könnte. Bei dem Diebesgut handelt es sich um einen wertvollen Sekundärrohstoff, aus dem unter anderem Biodiesel gewonnen wird. Spezielle Betriebe recyceln und bereiten es auf. 

Für legale Abnehmer von Altspeisefetten gelten strenge Zertifizierungspflichten, wie ein Sprecher des BDE in Berlin mitteilte. Gestohlenes Fett erfülle diese Anforderungen nicht und werde daher über inoffizielle Kanäle, häufig in Richtung Niederlande, gegen Barzahlung abgesetzt. «Dieser offensichtlich als solcher zu bezeichnende Schwarzmarkt ist einer der zentralen Gründe für die Diebstähle.»

BDE: 7.000 Diebstähle bundesweit seit 2023

In Deutschland sind nach Verbandsangaben etwa 80 bis 100 spezialisierte Entsorgungsfachbetriebe in Sammlung, Transport und Aufbereitung aktiv. «Seit 2022 verzeichnen unsere Mitgliedsunternehmen einen massiven Anstieg von Diebstählen bei Altspeisefetten und -ölen, zuletzt mit einem deutlichen Schwerpunkt in den Jahren 2023 bis 2025.» 

Allein 2023 seien über 7.000 Fälle bundesweit zur Anzeige gebracht worden. Nahezu alle Verfahren würden von den Staatsanwaltschaften eingestellt, berichtete der Verband unter Berufung auf seine Mitgliedsunternehmen. Der Grund: Die Taten werden häufig als vermeintliche Bagatell- oder Gelegenheitsdelikte eingestuft.

Den Schaden hätten sowohl die Gastronomen als auch deren Entsorgungsunternehmer, berichtete der Saarländische Rundfunk. Denn die Restaurant-Besitzer verkaufen das Fett an Recyclingunternehmen und diese verkaufen es weiter an Raffinerien oder Aufbereitungsanlagen.

So wird aus altem Fett Kraftstoff

Beim klassischen Biodiesel erfolgt eine sogenannte Umesterung: Das gereinigte Fett wird chemisch mit Methanol umgesetzt, sodass ein dieselähnlicher Kraftstoff entsteht, wie der ADAC Württemberg in Stuttgart mitteilte. Für HVO - die Abkürzung für die englische Bezeichnung «Hydrogenated Vegetable Oil» -wird das Fett hydriert, das heißt mit Wasserstoff behandelt. Das Ergebnis sei ein hochwertiger Dieselkraftstoff, der fossilem Diesel chemisch sehr ähnlich sei. 

Normgerechter Biodiesel (B100) ist nur für dafür freigegebene Dieselmotoren geeignet – viele moderne Autos sind nicht freigegeben. HVO100-Diesel kann dagegen von vielen aktuellen Pkw, Lkw und Bussen genutzt werden. Der Marktanteil dieser Kraftstoffe sei aktuell vergleichsweise klein, da die verfügbare Menge stark begrenzt sei.

BDE

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