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"Im Augenblick sind unsere Fachämter dabei, entsprechende Schilder vorzubereiten", erklärt Oberbürgermeister Peter Boch.
Moritz
Baden-Württemberg
"Einschränkung unserer aller Freiheit und Grundrechte": OB Peter Boch appelliert an Bürger in Pforzheim
  • stp/dpa

Stuttgart. Zur Eindämmung der Corona-Pandemie gelten in ganz Baden-Württemberg und damit auch in Pforzheim von Montag an nochmals strengere Regeln. Dazu gehören eine erweiterte Maskenpflicht sowie verschärfte Kontaktbeschränkungen - und zwar unabhängig davon, ob die jeweilige Stadt oder der Landkreis die Schwelle von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche überschreitet oder nicht.

Maskenpflicht in öffentlichen Bereichen

So muss nun überall in öffentlichen Bereichen, etwa Fußgängerzonen, eine Maske vor Mund und Nase getragen werden, sofern nicht sicher ist, dass der Mindestabstand von 1,50 Meter zu anderen Menschen eingehalten werden kann. 

Unter den Begriff der öffentlichen Einrichtungen fallen auch die Wochenmärkte. Betroffen sind damit in Pforzheim die Fußgängerzonen in der Innenstadt und die Fußgängerzone in Brötzingen. "Im Augenblick sind unsere Fachämter dabei, entsprechende Schilder vorzubereiten", erklärte Oberbürgermeister Peter Boch in einer am Montag veröffentlichten Videobotschaft. Damit sollen die Bürgerinnen und Bürger vor Ort ergänzend auf die Maskenpflicht aufmerksam gemacht werden.

In Schulen gilt die Maskenpflicht ab Klasse 5 nun auch im Unterricht. Zudem dürfen sich im privaten Rahmen nur noch maximal zehn Menschen treffen - es sei denn, sie leben in höchstens zwei verschiedenen Haushalten. Zu Veranstaltungen sind nur noch maximal 100 Teilnehmer zugelassen.

Außerdem sollen Kliniken ihre Kapazitäten für Corona-Patienten stufenweise anpassen und nicht zwingend notwendige Behandlungen schrittweise reduzieren. Die Fieber-Ambulanzen und Corona-Teststellen in den besonders betroffenen Regionen werden wieder hochgefahren. Auch telemedizinische Behandlungsmöglichkeiten werden ausgeweitet.

Boch mit Appell an Bürger in Pforzheim

"Die jetzigen Tage und Wochen sind entscheidend, um zu verhindern, dass sich das Virus weiter ausbereitet und wir in eine Situation kommen, die nur noch schwer zu kontrollieren ist", führt der Rathauschef in seiner Videobotschaft weiter aus. Es müsse sichergestellt sein, dass "das Gesundheitsamt jederzeit in der Lage ist, Kontakte nachzuverfolgen und damit mögliche Infektionsketten zu unterbrechen".

Deswegen bitte er alle Pforzheimer "eindringlich, die neuen Regeln zu befolgen". Er wisse, dass dies nicht immer allen leicht falle. "Die neuen Regeln bedeuten eine Einschränkung unserer aller Freiheit und Grundrechte". Dies müsse jetzt von allen akzeptiert werden, damit möglicherweise noch tiefergehende Einschränkungen zu einem späteren Zeitpunkt vermieden werden können. "Einen zweiten Lockdown darf es unter keinen Umständen geben."

Gleichzeitig berichtet der Oberbürgermeister vom Corona-Bürgertelefon, das wieder aktiv ist – und seither "bei uns nicht still" steht. "Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort, geben sich große Mühe, die Fragen der Bürgerinnen und Bürger zu beantworten", führt der Rathauschef aus. Es gebe ein riesiges Informationsbedürfnis, das sich auch in den Zugriffen auf die Corona-Internetseiten der Stadt widerspiegele. Auch die FAQs zur aktuellen Corona-Verordnung würden sukzessive erweitert werden.

Kritische Phase seit Samstag

Als Reaktion auf die stark steigenden Infektionszahlen hatte die Landesregierung am Samstag die höchste Pandemiestufe und damit die «kritische Phase» ausgerufen. Es müsse nun alles getan werden, um den Trend zu stoppen und das Ruder herumzureißen, betonte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Innenminister Thomas Strobl (CDU) musste am Wochenende in die Quarantäne, nachdem ein Personenschützer positiv getestet worden war. Strobls eigener Test fiel negativ aus.

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Städte und Landkreise, deren Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche über 50 liegt, können auch noch schärfere lokale Maßnahmen ergreifen - wie zum Beispiel nächtliche Ausgangssperren verhängen. Landesweit lag die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz am Sonntag bei 46,3. 674 neue Infektionen wurden registriert. Damit stieg die Zahl der bestätigten Corona-Fälle in Baden-Württemberg auf mehr als 60.000.

Kretschmann warnte die Bevölkerung vor einem erneuten herunterfahren des gesellschaftlichen Lebens. Wenn die Einschränkungen der dritten Alarmstufe über sieben bis zehn Tage nicht wirkten, werde man die Maßnahmen verschärfen und etwa die Treffen im öffentlichen Raum drastisch einschränken, sagte der Grünen-Politiker. «Das muss jedem klar sein: Wenn das nicht geht, dann werden wir zum Schluss sehr viel härtere Maßnahmen ergreifen müssen, die dann auch tiefer ins Arbeitsleben eingreifen.»