Baustellenbesichtigung vom Pumpspeicherkraftwerk Forbach
Das Projekt ist derzeit in Deutschland einmalig.
Uli Deck/dpa
Baden-Württemberg
Was den neuen Pumpspeicher in Forbach so besonders macht

Grelle Leuchten erhellen die meterhohen Schächte, Metallstreben ragen aus dem Boden, Menschen mit Warnwesten und Schutzhelmen sind unterwegs - sie wirken wie Zwerge in dem Tunnelsystem. 

Hier bei Forbach im Landkreis Rastatt wird gebaut, um die Kraftwerke mit teils 100 Jahre alten Maschinen für die Energiewende umzurüsten. Ein Kernelement des neuen Pumpspeicherkraftwerks ist dabei das Tunnelsystem im Berg - ein sogenannter unterirdischer Kavernenwasserspeicher. Er sei in dieser Form in Deutschland derzeit einmalig, teilte eine Sprecherin des Betreibers EnBW mit.

Wie funktionieren Pumpspeicherkraftwerke?

Bei solchen Anlagen wird Wasser aus einem Oberbecken durch Rohre zu einem Unterbecken geleitet - vorbei an einer Turbine. Diese treibt einen Generator an, der Strom erzeugt. Ist zu viel Energie im Netz, etwa bei einer Starkwindphase oder durch hohe Einspeisungen aus Photovoltaik-Anlagen, wird das Wasser wieder in das obere Speicherbecken gepumpt. 

Nach Angaben des Umweltbundesamts ist der Energiegewinn aus Wasserkraft umso höher, je mehr Wasser aus möglichst großer Fallhöhe auf die Schaufeln einer Turbine trifft. Laut dem Umweltverband BUND Baden-Württemberg haben Pumpspeicher im Technologievergleich mit einem Verlust von etwa 20 Prozent der ursprünglich eingesetzten Energie bislang den besten Wirkungsgrad. 

Warum sind sie wichtig?

Stromspeicher ergänzen erneuerbare Energien und spielen für die Stabilität des Stromsystems und des Stromnetzes eine wichtige Rolle. Dabei können Pumpspeicherkraftwerke laut Bundeswirtschaftsministerium wie größere stationäre Batterien kurzfristige Schwankungen im Stromsystem ausgleichen. «Dadurch senkt die Wasserkraft nicht nur die CO2-Emissionen, sondern reduziert auch die volkswirtschaftlichen Kosten der Stromerzeugung», heißt es beim BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. 

Baustellenbesichtigung vom Pumpspeicherkraftwerk Forbach
Interessierte können sich die Baustelle am 11. Oktober anschauen.
Uli Deck/dpa

Pumpspeicherkraftwerke sind der EnBW zufolge gut erprobte Stromspeicher. «Sie können innerhalb von Sekunden angefahren und exakt gesteuert werden.»

Was ist das Besondere in Forbach?

Die Technik wird samt XXL-Wasserspeicher in den Berg gebaut. Am Ende werde nur ein oberirdisch unsichtbarer Verbindungsstollen zwischen Berg und Unterbecken auf den Wasserspeicher hindeuten, erklärte die EnBW. Durch die Position des Kraftwerks im Berginneren werde das Wasser künftig - anders als bisher - fast senkrecht auf die Schwarzenbach-Pumpturbine strömen. 

Wie groß ist die Anlage?

Das gesamte Tunnelsystem erstreckt sich den Angaben nach auf etwa sechs Kilometer. In einem 123 Meter langen, 20 Meter breiten und 40 Meter hohen Hohlraum - der Kaverne - werde die Kraftwerkstechnik für die Anlage errichtet. Die Schwarzenbachtalsperre soll künftig als Oberbecken dienen. 

Was bringt der Ausbau?

Der Kavernenwasserspeicher im angrenzenden Berg soll das bestehende Ausgleichsbecken den Angaben nach erweitern. Mit ihm werde das Speichervolumen auf rund 400.000 Kubikmeter nahezu verdoppelt. 

Baustellenbesichtigung vom Pumpspeicherkraftwerk Forbach
Rund 98 Prozent sind schon ausgeschachtet.
Uli Deck/dpa

Das ermögliche einen Turbinenbetrieb von bis zu acht Stunden. Das Unternehmen vergleicht die Speicherkapazität von rund 456 Megawattstunden (MWh) pro Zyklus mit jener von 50.000 haushaltsüblichen Batteriespeichern. Durch den Aus- und Umbau erhöhe sich die Erzeugungsleistung des Kraftwerks aus erneuerbarer Wasserkraft um rund zehn Prozent.

Wie sieht es mit der Umwelt aus?

Durch die unterirdische Konstruktion stünden 200.000 Kubikmeter Wasser zur Verfügung, ohne dass das Unterbecken oberflächlich erweitert werden müsse. «Somit wird ein Einfluss auf Mensch und Umwelt fast komplett vermieden.»

Baustellenbesichtigung vom Pumpspeicherkraftwerk Forbach
Ein Kernelement des Bauprojekts ist ein Tunnelsystem im Berg, ein sogenannter Kavernenwasserspeicher.
Uli Deck/dpa

Auch der BUND Baden-Württemberg erklärt, die Kaverne sei ökologisch deutlich verträglicher als ein freies Oberbecken - wenngleich deutlich teurer. Zudem schone die Granitnutzung aus der Kaverne Ressourcen und damit die Natur im benachbarten Steinbruch. Der BUND lobt darüber hinaus das Verfahren und die Transparenz: Der Verein selbst sei etwa seit 2014 beteiligt, es habe eine vollständige Artenerhebung gegeben, erläuterte eine Sprecherin.

Wie weit sind die Arbeiten?

Aktuell sind den Angaben zufolge rund 98 Prozent des Tunnelsystems ausgeschachtet. «Die Sprengarbeiten für die unterirdischen Anlagen haben rund 18 Monate gedauert», teilte die EnBW-Sprecherin mit.

Wie geht es weiter?

«Bis Weihnachten werden die unterirdischen Hohlräume fertiggestellt sein», kündigte die Sprecherin an. Danach werde das ebenfalls im Berg gelegene Kraftwerksgebäude gebaut. Ab November sollen zudem erste Teile des Maschinenbaus, die sogenannten Saugschläuche, in der Kraftwerkskaverne eingebaut werden. Die neue Anlage soll im Herbst 2027 in Betrieb gehen. 

Was kostet das Projekt?

Aus- und Umbau des Kraftwerks kosten laut EnBW etwa 280 Millionen Euro.

© dpa-infocom, dpa:251007-930-133159/2

VG WORT Zählmarke