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Früher wurde die Mietpreisbremse gepriesen als Instrument, um den überhitzten Wohnungsmarkt abzukühlen. Kritiker halten sie aber für ungeeignet und die Bremse für gescheitert. Dennoch hält die Politik an daran fest.
Nach zähem Ringen in der Koalition will auch Baden-Württemberg der Bundesregierung folgen und die Mietpreisbremse für Neuvermietungen in begehrten Wohngebieten bis Ende 2029 verlängern. Das heißt: Bei Neuvermietung einer Wohnung darf die Miete dort zu Beginn höchstens um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. In Kommunen außerhalb der sogenannten Gebietskulisse sind es 20 Prozent.
Was ist geplant?
Die Mietpreisbremse soll wie in anderen Bundesländern auch länger gelten und im Südwesten auf deutlich mehr Städte und Gemeinden ausgeweitet werden. Unterm Strich werden dennoch weniger Menschen in Baden-Württemberg von der Auflage betroffen sein, weil sie laut einem Gesetzentwurf in Mannheim und Konstanz nicht mehr gelten soll. Die sogenannte Gebietskulisse hatte in den vergangenen Tagen für Streit in der schwarz-grünen Koalition gesorgt.
Warum fallen etwa Mannheim und Konstanz raus?
Beide Großstädte erfüllen nicht mehr die Kriterien für den Schutzmechanismus. Nach dem Entwurf des Landesbauministeriums sollen statt der bisherigen 89 Kommunen künftig 130 Städte und Gemeinden unter die Mietpreisbremse für Neuvermietungen in angespannten Wohngebieten fallen. Demnach scheiden 43 Kommunen raus, 46 bleiben und 84 sollen neu dazukommen. Deshalb «bremsen» künftig zwar mehr Städte und Gemeinden bei der Miete, laut Entwurf sind dennoch nur 33 und nicht wie bisher 36 Prozent Baden-Württemberger von der Mietpreisbremse abgedeckt.
Wie funktioniert die Mietpreisbremse überhaupt?
Die Mietpreisbremse sorgt in angespannten Wohnungsmärkten dafür, dass die Miete bei Abschluss eines neuen Mietvertrags im Grundsatz nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Sie gilt seit 2015, läuft aktuell bis Ende 2025 und wird verlängert. Darüber, ob die Mietpreisbremse in bestimmten Gebieten Anwendung findet, entscheidet die jeweilige Landesregierung. Sie muss eine Anwendung zudem begründen.
Wie wurde entschieden, wo es eine Mietpreisbremse gibt?
Grundlage ist neben rechtlichen Vorgaben des Bundes das Gutachten eines Hamburger Büros, das Daten für alle 1.101 Städte und Gemeinden im Land ausgewertet hat. Dabei geht es auch um einen Kriterienkatalog. Dieser umfasst unter anderem die Zahl der verfügbaren Wohnungen und die Nachfrage sowie die Höhe der Mieten im Vergleich zum Einkommen.
«Wir legen den Geltungsbereich der Mietpreisbremse nicht willkürlich fest», sagte Wohnungsbau-Ministerin Nicole Razavi (CDU). Sie betonte aber auch. «Mir wäre es am liebsten, wenn wir dieses Instrument nicht bräuchten.» Ziel müsse es sein, den Wohnungsbau so anzukurbeln, dass die Mietpreisbremse Ende 2029 endgültig auslaufen könne.
Ist das damit alles fix?
Nein, zumindest nicht offiziell, auch wenn sich die Koalition geeinigt hat. Es handelt sich bislang nur um den Entwurf einer Verordnung. Dieser geht nun in die Anhörung. Denn die Grünen haben dem Entwurf nur mit der Faust in der Tasche zugestimmt. Sie hatten erfolglos weichere Kriterien gefordert damit etwa Konstanz und Mannheim geschützt werden.
Das Bauministerium hatte aber auf die bundesgesetzlichen Vorgaben verwiesen, auf denen die Kriterien basieren. Nun soll es nach einer Einigung mit dem Koalitionspartner und dem Ministerium noch eine Anhörung der Gutachter und der betroffenen Rathauschefs geben.
Denn dort sind bei weitem nicht alle zufrieden: Obwohl viele neue Wohnungen in Singen und der Region entstanden seien, habe sich der Mietmarkt nicht entspannt, sagte Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler (CDU) dem «Staatsanzeiger». Der OB von Konstanz, Uli Burchardt (CDU), ist ebenfalls gegen eine Streichung aus der Liste. Und auch der Überlinger OB Jan Zeitler (SPD) appelliert ans Land, auf Alleingänge zu verzichten.
Kann die Mietpreisbremse auch umgangen werden?
Ja, das sehen Gegner auch als Problem, der Eigentümerverband Haus&Grund hält die Mietpreisbremse unter anderem deshalb für wirkungslos. Denn ausgenommen sind unter anderem neu gebaute Wohnungen, die nach Oktober 2014 erstmals vermietet wurden, und Wohnungen, die nach einer umfassenden Modernisierung zum ersten Mal wieder vermietet werden.
Die Mietpreisbremse kann aber auch umgangen werden beispielsweise über die Möblierung. Ein Weg ist es, die möblierte Wohnung nur für den vorübergehenden Gebrauch anzubieten. Für solche befristeten Mietverhältnisse gelten sämtliche Mieterschutzrechte nicht - wie etwa Kündigungsfristen oder eben die Mietpreisbremse. Mieterschützer beobachten, dass solche befristeten Mietverträge dann häufig als sogenannte Kettenmietverträge laufen. Das bedeutet, die Befristung wird immer wieder verlängert.
Ministerium zu Mietpreisbremse
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