
- Julia Giertz
Mannheim. Da tun sich Abgründe von Gewalt, Gefühlskälte und Rohheit auf. Der am Freitag beendete Mannheimer Prozess gegen einen Mann, der auf den Philippinen seine pädosexuellen Neigungen auslebte, macht deutlich, was sexueller Missbrauch von Kindern konkret bedeutet. Da ist die Rede von einem Video mit dem Titel „Daisy’s Destruction“ (Zerstörung von Daisy), das der zu vier Jahren Haft verurteilte Angeklagte mitfinanziert hatte. Dieses zeigt die Folterung eines Kleinkindes und ist Grundlage für die Verurteilung des Mannheimers wegen Beihilfe zu Verbreitung kinderpornografischen Materials.
Da wird beschrieben, wie der vom Landgericht überdies wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilte Mann Mädchen mit Valium gefügig machen wollte. Außerdem wollte der Mannheimer mit seinem Geld den Bau eines Kellers unterstützen, in dem Mädchen gefangengehalten und Männern zugeführt werden sollten.
Zum Auftakt der weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Verhandlung hatte der Mittvierziger gesagt, dass er die langjährige Beziehung zu einer Frau beendet hatte. „Ich wollte was Jüngeres“, gab er an. Um an 11- bis 13-Jährige heranzukommen, hatte er im Darknet ein australisch-philippinisches Paar kontaktiert und diesem seine Wünsche unterbreitet. Mit der Aussicht auf Kontakt zu Mädchen hatte er die beiden finanziell unterstützt – laut Anklage mit 7000 Dollar.
Zum Konflikt zwischen ihm und dem Paar kam es nicht etwa über den sadistischen Streifen. Distanziert habe der Verurteilte sich erst, als die Frau in einem Video eine Katze schlachtete, sagte der Vorsitzende Richter Michael Pfau kopfschüttelnd. Eines der beiden von dem Mannheimer missbrauchten philippinischen Mädchen wurde mittlerweile tot im Küchenboden des Hauses einbetoniert gefunden, in dem das Paar lebte.
Die Staatsanwaltschaft hatte für eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten plädiert. Staatsanwältin Tina Haltrich kündigte an zu prüfen, ob sie gegen das aus ihrer Sicht sehr milde Urteil Revision einlegt. Auch dass das Gericht in seinem Urteil von schwerem sexuellen Missbrauch im minder schweren Fall ausgeht, könne sie nicht nachvollziehen. Theoretisch hätte der Mann zu maximal 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt werden können.
Das Gericht unter Vorsitz von Michael Pfau begründete sein Vorgehen mit dem umfassenden Geständnis des Mannes. Es habe in drei Fällen zu Ermittlungen geführt oder diese unterstützt, unter anderem gegen einen Mann mit dem Decknamen „Babyhunter“. Pfau: „Er hat reinen Tisch gemacht“. Strafmildernd wirke sich auch eine Prozessverzögerung aus. Ohne diese Faktoren wäre das Urteil wohl doppelt so hoch ausgefallen.
Die Deutsche Kinderhilfe spricht sich generell für härtere Strafen für sexualisierte Gewalt gegen Kinder aus. Der Vorsitzende des Vereins, Rainer Becker, nannte als Beispiel das Strafmaß von drei Jahren für Besitz von kinderpornografischem Material. „Man muss sich immer vergegenwärtigen, dass hinter jedem Bild, hinter jedem Video eine Vergewaltigung steht.“Die Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung ECPAT stuft den Fall als einen der härtesten ein. Zur Zahl der Fälle von Sexualstraftaten an Kindern Deutscher im Ausland gebe es keine gesonderten Daten, sagte ECPAT-Geschäftsführerin Mechtild Maurer. In der Kriminalstatistik werde sexueller Missbrauch ohne Kennung des Tatortes aufgenommen. Maurer forderte eine andere Erfassung, um einen besseren Blick auf die Opfer im globalen Süden zu haben. „In den Ländern Südostasiens sitzen aber mehr deutsche und europäische Täter wegen solcher Delikte in Haft als wir annehmen.“ Polizei und Zivilgesellschaft seien sensibilisiert und betreuten die Opfer gut. Richter Pfau warnte den Verurteilten zum Prozessende vor Wiederholung: „Solch widerwärtige Straftaten werden weltweit verfolgt.“