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Eine unscheinbare eingeschleppte Süßwassermuschel macht sich im Bodensee breit. Mit einer Studie wollen Forscher ab Mittwoch drei Jahre lang untersuchen, ob bestimmte Fische die Invasion der Quagga-Muschel stoppen können. Denn das harmlos klingende Tierchen entwickelt sich zu einem ökologischen und wirtschaftlichen Problem.
Trinkwasser
Der Bodensee ist eine wichtige Trinkwasserquelle für Millionen Menschen. Die Muscheln verstopfen Leitungen und Filter, indem sie sich massenhaft an den Innenwänden festsetzen. Die Larven der Quagga-Muscheln schwimmen laut der Bodensee-Wasserversorgung in die Leitungen und setzen sich als Muscheln auf und in den Entnahmeleitungen und Förderanlagen fest. Einfluss auf die Qualität des Wassers haben die Eindringlinge demnach nicht.
Die Folge: teure Reinigungsarbeiten und steigende Kosten für die Wasserversorger – die am Ende bei den Verbrauchern landen könnten. Die Versorger wollen in den kommenden Jahrzehnten mehr als vier Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren, auch um die Anlagen Quagga-sicher zu machen.

Ökosystem und Fischerei
Die Muscheln verändern die Nahrungskette im See, indem sie enorme Mengen Plankton aus dem Wasser filtern und Nährstoffe am Seegrund binden. Damit entziehen sie Fischen wie Felchen ihre wichtigste Nahrungsquelle. Für Berufsfischer bedeutet das sinkende Fangmengen.
Zwar wird das Wasser durch die Muscheln klarer, doch dieser scheinbare Vorteil täuscht: Mit den fehlenden Nährstoffen kann das ökologische Gleichgewicht ins Wanken kommen – und damit auch die Stabilität des Sees, sagte der Leiter der Fischereiforschungsstelle in Langenargen, Alexander Brinker.
Tourismus
Der Tourismus, von dem die Bodenseeregion auch lebt, spürt die Muschelplage ebenfalls. Am Ufer sammeln sich massenhaft scharfkantige Schalen, die Badegästen die Füße aufschneiden können.
Auch Kapitäne haben zu kämpfen: Anker und Schiffsrümpfe sind befallen und müssen immer wieder gereinigt werden. Viele Schweizer Kantone haben eine Bootreinigungspflicht eingeführt, so soll der Ein- und Austrag gebietsfremder Arten verhindert werden.
Rund um den Bodensee gibt es diese noch nicht. So eine Maßnahme wird wissenschaftlich schon lange gefordert und im Rahmen der Internationalen Bodensee-Konferenz diskutiert, bei der sich die Länder und Kantone rund um den See regelmäßig abstimmen.
Geothermie
In Anlagen, die Seewasser nutzen, setzen sich die Muscheln in Leitungen fest und gefährden den Betrieb. Das kann zu höheren Wartungskosten und technischen Risiken führen.
Wie könnte eine Lösung aussehen
Eingeschleppt wurden die etwa vier Zentimeter langen Muscheln vor rund zehn Jahren wahrscheinlich mit Booten, an denen sie sich festgesetzt hatten. Seitdem breiten sie sich rasant aus: 2022 zählte die Fischereiforschungsstelle im Bodensee durchschnittlich rund 4.000 Quagga-Muscheln pro Quadratmeter – an manchen Stellen waren es deutlich mehr.
Die Muschel verdankt ihren Namen dem ausgestorbenen Zebra-Quagga aus Südafrika, weil ihre gestreiften Schalen an das Fell des Tieres erinnern.

Die Hoffnung im Kampf gegen die Quagga-Muschel liegt jetzt bei karpfenartigen Fischen - und hier besonders bei den Rotaugen. Diese können laut Fischereiforschungsstelle die Muscheln mit ihren Zähnen knacken, die Schalen ausspucken und das Innere fressen.
Aktuell sind den Forschern nach zu wenige Muschel-fressende Fische im See für eine natürliche Regulierung. Wieso die benötigte Fischdichte trotz Muschel-Angebots fehlt und wie man sie fördern kann, soll nun unter anderem wissenschaftlich untersucht werden.
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