
Merkel oder Steinbrück: Wer überzeugt beim TV-Duell?
dpa
Merkel oder Steinbrück: Wer überzeugt beim TV-Duell?
dpaBerlin. Kein Mal hat Angela Merkel in diesem Wahlkampf bisher den Namen des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück in den Mund genommen. Die Bundeskanzlerin tut so, als hätte sie gar keinen Herausforderer.
{element}Und ein direktes Aufeinandertreffen mit ihrem einstigen Finanzminister ist selten. Etwa im Bundestag, wenn der Sozialdemokrat eine Rede der CDU-Vorsitzenden kontert oder bei Verbandsveranstaltungen, wenn sie nacheinander sprechen. Aber nun kommt das einzige Fernsehduell - 90 Minuten lang und live.
Für die gern präsidial auftretende Merkel vielleicht die größere Anstrengung als für den streitbaren Steinbrück. Unter Anspannung stehen aber beide. Zwar ist die zeitgleiche Sendung von ARD, ZDF, RTL, Sat.1 und Phoenix an diesem Sonntag um 20.30 Uhr nicht wahlentscheidend. Aber sie ist das einzige Ereignis für ein Millionen-Publikum, den 66-Jährigen und die 59-Jährige im direkten Vergleich nah und verwundbar zu erleben. Auf jedes Wort kommt es an. Gesagt ist gesagt. Und die Kameras halten gnadenlos drauf - auf Stirnrunzeln, zitternde Hände, Schweißperlen.
Vor vier Jahren schauten sich 14,2 Millionen Menschen das Duell zwischen Merkel und dem damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier an. 2005 als Merkel als Herausforderin auf den damaligen «Medien»-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) traf, waren es 21 Millionen. Merkel reitet nicht gerne Attacken. Sie glaubt, die Menschen stößt es ab, wenn sich Politiker anfeinden. Western-Fan Steinbrück hingegen liebt die Kavallerie. Er hätte gern mindestens zwei TV-Duelle gehabt. Beim jüngsten direkten Aufeinandertreffen vor der Sommerpause im Bundestag ließ er eine müde wirkende Merkel schlecht aussehen. Selbst die halbe Regierungsbank sei vom Schlaf überwältigt, sagte er angesichts Merkels zuvor gehaltener Rede zur Euro-Krise mit bereits vielen von ihr bekannten Äußerungen. Ein Satz habe ihm noch gefehlt, meinte Steinbrück und veräppelte Merkels Stil: «Eine gute Grundlage ist die beste Voraussetzung für eine solide Basis in Europa».
Doch der SPD-Wahlkampf verläuft bisher «suboptimal». Erst kam Steinbrück nicht in Tritt, dann sorgten wiederholt Querschüsse von Parteichef Sigmar Gabriel intern für Kopfschütteln. Er unterstützte die Grünen-Forderung nach einem Tempolimit auf Autobahnen, Steinbrück musste von ihm Loyalität einfordern und zuletzt gab es Verwirrung um die öffentlich geäußerte vage Aussicht auf Steuersenkungen, wenn denn die Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerdumping Mehreinnahmen bringt. Für Klartext-Mann Steinbrück ist das Duell fast die letzte Chance - auch um die Basis für den Schlussspurt zu motivieren.
So ein TV-Duell sei immer die Chance des Kandidaten, heißt es bei der CDU. Und es sei kein Geheimnis, dass Steinbrück rhetorisch begabter als Merkel sei. Steinbrück will betonen, dass die SPD mit ihrem Rentenkonzept (850 Euro Solidarrente) und der Forderung nach einem gesetzlichem Mindestlohn (8,50 Euro) und einer Mietpreisbremse viel weiter als die Union geht. Bei der Euro-Politik wirft er Merkel Kaputtsparen in Schuldenländern vor. Aber die SPD hat im Bundestag die Rettungspakete mitgetragen und Merkel genießt gerade wegen ihrer Europolitik und ihres harten Sparkurses Vertrauen bei den Bürgern.
Sie wird wieder erklären wollen, dass ihre schwarz-gelbe Regierung die erfolgreichste seit der Wiedervereinigung sei - und das mit Wirtschaftsdaten zu belegen versuchen. Für Steinbrück ist diese Einschätzung «Kabarett», Merkel habe keine Reformen angepackt. Sie stelle leere Schachteln mit schönen Schleifen ins Schaufenster.
Spektakuläres, Neuigkeiten oder Nachrichten werden an diesem Sonntag eher nicht erwartet. Für die beiden Politiker kommt es darauf an, wer sich besser schlägt. Die Frage wird sein: Wer hat das Duell in welchen Kategorien gewonnen? Wer wirkt glaubwürdiger? Wer sympathischer? Und spannend wird, wie sich TV-Spaßvogel Stefan Raab (ProSieben) in die Reihe der Polit-Moderatoren Anne Will (ARD), Maybrit Illner (ZDF) und Peter Kloeppel (RTL) einbringen wird.
Auf die Frage wie sich Steinbrück auf das Fernsehduell mit der «Teflon-Kanzlerin», an der Kritik und Ungemach einfach abzuperlen scheint, vorbereitet habe, sagt er: «Gut. Da gehe ich ganz entspannt rein.» Ein langjähriger Weggefährte ist sich aber nicht so sicher, dass Steinbrück das Duell gewinnen wird - die Gefahr bestehe darin, dass er überreize. Ehefrau Gertrud gibt ihm mit auf den Weg: «Das Einzige, was ich möchte, ist, dass er sich nie provozieren lässt. Man verliert, wenn man sich provozieren lässt.» Steinbrück verspricht, trotz des großen Umfragerückstands nicht als Randalierer aufzutreten.