Die Jungen und die Alten - sie lesen, aber sie lesen anders. Und was vor ihrer Haustür geschieht, interessiert sie gleichermaßen.
In eigener Sache
Wie geht es mit den Zeitungen weiter? Alles eine Frage der Wertschätzung

Wie lange gibt es euch noch? Das ist die spannende Frage, die uns Zeitungsleuten immer wieder gestellt wird. Aber Print lebt und was lebt, verändert sich. So auch die „Pforzheimer Zeitung“, die auf eine 160-jährige, wechselhafte Geschichte zurückblickt. Auch wir stellen uns die Frage, wie lange wir noch Papier bedrucken? Wie lange noch zu nächtlicher Stunde fast 300 Zusteller unterwegs sind – zwischen Sternenfels und Neuhausen, zwischen Bad Wildbad und Königsbach –, um unseren Lesern die Zeitung in den Briefkasten zu stecken?

Ein Kommentar von Albert Esslinger-Kiefer, Verleger der Pforzheimer Zeitung

Aber wir wollen nicht sorgenvoll in die Zukunft blicken. Denn längst sind wir dabei, ein altes Medium neu zu erfinden. Mit dieser Erkenntnis sind wir im Pforzheimer Medienhaus mit einem engagierten Team und großer Kompetenz auch in der digitalen Welt unterwegs. Getragen von der Zuversicht, dass die Bürgergesellschaft die Kommunikation eines in weiten Bevölkerungskreisen verankerten Mediums braucht. Gerade in Pandemie-Zeiten wurde deutlich: Der Wunsch der Bürger nach verlässlichen Informationen aus vertrauenswürdigen Medien – „Lügenpresse“ hin oder her – ist so groß wie nie zuvor.

Das scheint auch für die meisten jüngeren Leute zu gelten, für die wir in Papierform heute schon verzichtbar sind. Auch sie suchen nach Information und Orientierung, denn zunehmend mehr machen sie die Erfahrung, dass in den Sozialen Medien die Fake-Meldungen unaufhörlich steigen. UUnd zunehmend realisieren sie, dass die vielen Möglichkeiten in der Internet-Welt sie bisher weder kreativer noch aktiver gemacht haben. Dass sie selbst es sind, die diesen ganzen Netz-Wirrwarr immer wieder neu sortieren müssen.

Spätestens seit mit Donald Trump ein Radau-Twitterer ins Weiße Haus eingezogen war, wissen wir, dass die Sozialen Medien nicht nur zur viel gelobten „Demokratisierung“ der politischen Debatte geführt haben, sondern auch zu deren Verrohung. Deshalb ist unsere Aufgabe im Pforzheimer Medienhaus wichtiger denn je: seriösen, gut recherchierten Journalismus zu liefern, die Meldungen aus der weiten Welt wie aus Stadt und Land glaubwürdig aufzubereiten, auch ein Stück Lebenshilfe zu leisten. Es bleibt unsere Chance, uns um die lokalen Bedürfnisse, Wünsche und Probleme der Menschen vor Ort zu kümmern. Damit wollen wir unseren Beitrag leisten für eine Bürgerschaft, in der auch durch die Pandemie kommunikativ etwas ins Rutschen geraten ist.

Flankiert von einem immensen Anstieg der digitalen Reichweiten wie bei pz-news.de darf man dies als eine klare Bestätigung der Heimatzeitung als Orientier-ungshilfe vor Ort verstehen. Denn im Pforzheimer Medienhaus wandert die Leistung, die von Print kommt, mit veränderten Vorzeichen auch ins Netz, das ohne diese Hilfe gar nicht lebensfähig wäre. Dort hilft die Stärke von Print, das digitale Nachrichtenportal im Markt zu positionieren. Ein Media-Mix, der unsere Marke stark macht. Diese Erkenntnis ist auch bei unseren Werbekunden angekommen; sie schauen nicht so sehr auf die verkaufte Auflage, sondern darauf, ob die Marke gut etabliert ist. Und die „Verlängerung“ auf die digitalen Plattformen wird gerne angenommen.

Es ist herausfordernd und spannend zugleich zu beobachten, wie in vielen Bereichen derzeit ein tiefgreifender Strukturwandel stattfindet, und dies mit großer Dynamik. Wir im Pforzheimer Medienhaus sind längst dabei – nicht als Betrachter, sondern als Gestalter. Wir wissen: Kein Unternehmen lebt erfolgreich von seiner Vergangenheit, die Innovationskraft einer Marke ist das entscheidende Kriterium.

Wir nehmen für unser Haus mit seinen rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Anspruch, dass wir getragen sind von sozialer Kompetenz, Ehrlichkeit im Handeln, Denken und Tun. Wir sind kein Anonymus, wir sind greifbar, wir sind präsent, wir sind ein vitales Element dieser Stadt und ihrer Region. Ganz nahe bei unseren Lesern zu sein, ihr Vertrauen zu finden, das treibt uns an.

Dennoch: Wenn die Zeitungslandschaft dünner wird, dann nicht nur aufgrund der Existenzängste ihrer Verleger. Tatsächlich haben die Zeitungen erhebliche Einbußen im Werbemarkt erlitten, denn in allen deutschen Städten schwächelt der Handel. Diese Werbebudgets sind nicht weg – sie sind nur woanders. Bei den großen Technologie-Plattformen aus Amerika vor allem, deren ökonomische Kraft längst die Macht ganzer Staaten übersteigt. Allein Google und Facebook haben im vergangenen Jahr etwa 230 Milliarden Dollar Werbeumsatz erwirtschaftet – das sind 46 Prozent des weltweiten Werbemarktes.

Auch in Pforzheim macht man die Erfahrung, dass die Städte sich neu erfinden müssen – die Innenstädte vor allem. Ihre Bedeutung als Treffpunkt wird steigen, weil Menschen sie nicht nur zum Shoppen aufsuchen, sondern dort Freunde treffen, Restaurants besuchen und an Events teilnehmen. Wir brauchen also Geschäfte zu unserem eigenen Wohlbefinden, sie sind unser sozialer Link.

Mit seiner erfolgreichen Werbung leistet der lokale Handel einen wichtigen Beitrag in der Finanzierung eines Medienhauses. Es sollte deshalb nicht überraschen, wenn wir mit vielfältigen Aktionen dem lokalen Handel immer wieder eine Plattform bieten, um alte Kundenkontakte zu beleben und neue zu generieren. Zumal auch in Zeiten der großen Globalisierung, wo unsere Städte mit Päckchen-Diensten geflutet werden, die alte Formel gilt „All business is local“.

Was einen Wert hat, darf auch etwas kosten. Denn Journalismus will finanziert werden. In dieser Situation des Umbruchs muss neu sortiert werden, was unseren Leserinnen und Lesern die Zeitungen wert sind. Wenn uns die Corona-Krise gezeigt hat, wie wichtig Journalismus für unser Zusammenleben, für eine demokratische Gesellschaft ist und wie stark auch ein Einzelner von unseren Angeboten profitieren kann, so sind wir als Medienmacher darauf angewiesen, dies auch finanzieren zu können. Denn auch uns „Papierbedrucker“ treffen in diesen Zeiten Preiserhöhungen auf breiter Front und in einer bislang nicht gekannten Größenordnung. Beispielhaft: Das Zeitungspapier hat seit Oktober 2021 eine Preiserhöhung von über 60 Prozent erfahren. Dass der Mindestlohn für unsere Mitarbeiter an der „Vertriebsfront“ einen gewaltigen Kostendruck verursacht, akzeptieren wir gerne, sind unsere Zusteller es doch, die das letzte Bindeglied zu unseren Lesern sind. Gleichwohl darf man an dieser Stelle darauf hinweisen, dass für die große Mehrzahl unserer Zusteller der Trägerlohn nicht die eigentliche Einkommensquelle ist, weil sie tagsüber in einem Beruf fest verankert sind.

Trotz aller Verunsicherung ist unser Ziel klar: Wir sind dabei, ein zukunftsfähiges digitales Unternehmen aufzubauen, bevor der Tag kommt, an dem Print nicht mehr tragbar ist. Es ist gut zu wissen, dass wir Sie - liebe Leserin, lieber Leser – an unserer Seite haben.

Für diese Wertschätzung sagen wir herzlichen Dank!