760_0900_117028_DSC05825.jpg
Ergebnisreiche Arbeitsgemeinschaft: die Schwerizerin Andrea Jakob und der Birkenfelder Bernd Morlock.  Foto: Moritz 
760_0900_117027_Der_wachende_Blick_Kaninchenkauz_Athene_.jpg
Kaninchenkauz mit wachem Blick.  Foto: Privat 
760_0900_117032_hypnoseapparat_Morlock.jpg
Für die „königlich-kaiserliche Marine hat Morlock einen „Hypnoseapparat“ gebaut.  Foto: Privat 
760_0900_117031_vampire_detection_Morlock.jpg
Legendär: der Vampir-Detektor.  Foto: Privat 
760_0900_117030_Drachenschatz_Leopardgecko_Eublepharis_m.jpg
Ein Leopardgecko hütet den „Drachenschatz“.  Foto: Privat 
760_0900_117029_traumwaage_morlock.jpg
Haben Träume ein Gewicht? Diese Waage soll es ermitteln.  Foto: Privat 

Auf Gedankenflügeln: Diese beiden Künstler aus der Region schaffen ganz ungewöhnliche Objekte

Birkenfeld. An einem Sommermorgen sitzt ein Mann auf den Stufen vor seiner kleinen Souterrain-Werkstatt in Birkenfeld und erzählt Geschichten. Wundersame Dinge über einen armenischen Sammler, an dessen Nachlass mit vollmechanischen Kieselsteinen er nur schwer gelangte, über den Hypnoseapparat der königlich-kaiserlichen Marine, der ebenso irgendwie in seinen Besitz geriet, über Rabenreiche, Begegnungen des Capitäns Ezra Paisz mit apokalyptischen Walfischen in der Nordsee und über einen streng geheimen Urknall-Mechanismus, dem der Geheimdienst auf den Fersen ist. Hoppla, die Lage ist ernst: Aus dem buntfarbigen Fantasie-Knäuel den Anfangsfaden zu entwirren und über die Zweifel zu obsiegen, wo man an der Wahrheit entlang kratzt und wann die Fantasie ihre Schwingen ausbreitet, ist nicht einfach. Das Unterfangen, im Fall Bernd Morlock Fiktion und Realität genau zu trennen, lässt man lieber.

Mechanische Meisterwerke

Als bessere Wahl erweist sich das Einlassen auf die Geschichten und auf die tieferen Schichten seiner in Zusammenarbeit mit Andrea Jakob in einer Werkstattgemeinschaft entstehenden faszinierenden Objekte – kleine mechanische Meisterwerke. Und bei aller spontanen Freude über so viel aus dem Gewohnten ausbrechende träumerische Kreativität: Ein bisschen Nachdenken tut dabei gut.

17759011_1714859841862917_282479533_o
Bildergalerie

Fantastische Geschichten und unglaublichen Werke von Andrea Jakob und Bernd Morloch

Die Spur zu Bernd Morlock speist sich aus vielen Quellen. Zunächst ist da die Vorstellkraft von eigentlich Unvorstellbarem, die ihn durchs Leben trägt. Sie wirkt wie ein Gegenmittel zum alltäglichen Abschirmen gegen allzu verwegene Lebens-Variationen. Wo andere die Türe zu machen, macht er sie auf. Dabei geht es vor allem um den spielerischen Umgang mit Gedanken, Ideen, Träumen und entscheidend – ihren bildnerischen Ausdruck. Letztlich um den Sieg der Möglichkeiten über die eine, unverrückbar scheinende Realität. „Metaphysisches Denken“ nennt er es und hat mit der Schweizerin Andrea Jakob eine kongeniale Kunst- und Gedankenpartnerin gefunden. Beide eint in der Arbeit etwas Grundsätzliches: „Wir haben ein Faible für Gegenstände, deren Bedeutung, Herkunft, Sinn und Zweck nicht klar sind“. Zusammen brechen sie auf in ein „weites Grenzland“, setzen Fragezeichen hinter offenbar Reales und vermeiden dabei doch die reine Fiktion. „Wir bewegen uns,“ sagt er, „im Grunde auf sicherem Gebiet. Es gibt ja keine absolute Realität, keine absolute Zeit und absoluten Abläufe. Also erschließen wir uns neue Realitäten“. Die sind bildnerisch verschlüsselt, verzahnen eine fein ziselierte „Mechanik mit der mentalen Welt“ und fordern anmutig zur Lösung des entstandenen Rätsels auf.

Die Objekte und Miniaturen von Bernd Morlock und Andrea Jakob benötigen zwar nicht viel Raum, lassen aber viel Platz für Gedankensprünge – und schon ist man in einer anderen Dimension. „Die Geschichten, die wir mit unseren Arbeiten erzählen, sind viel tiefer gehend, als auf den ersten Blick erkennbar ist“, bestätigt Jakob. Und so blitzen hinter der sichtbaren Oberfläche der mit kenntnisreicher und liebevoller Präzision erstellten Werke immer neue Themen auf, bringen das Objekt aus dem Gleichgewicht und zum Tanzen. Es kommt nicht häufig vor, dass Gedanken und Assoziationen Starres in Bewegtes verwandeln.

Haben Träume ein Gewicht – und wenn ja, was wiegen sie? Haben sie eine materielle Form, und was geschieht, wenn sie verloren gehen? Diese Fragen mündeten in drei Traumwaagen-Objekte – mit ihren verschlüsselten Gewichten, über die sich Träume einstellen lassen, skurril, berührend, fast zerbrechlich wirkend und von einer ungewöhnlichen Ästhetik. Oder der Vampir-Detektor, Van Helsing zugeordnet mit seiner Scheiben-Mechanik aus alten englischen Kupfermünzen und einstellbarer Öffnung zum Durchsehen: „Ist der Mensch sichtbar – alles gut. Wenn nicht – Alarmstufe Rot“. Und dann der „Urknall“ im Maßstab 1: 4 Milliarden - „ef höchst g’fährliche G’schicht“: Ausgang ungewiss. Wenn das mal ping macht, führt es zum Reset des Ganzen.

Filigrane Glasunikate

Die Denkwelten und bildnerisch filigranen Träume von Morlok und Jakob, die sich 2013 „im Internet aufgefallen sind“ und bald darauf nach einer zunächst virtuellen Zusammenarbeit die Werkstattgemeinschaft „TEAMWORKK“ bildeten, sind auf einem gemeinsamen Weg und mit gemeinsamem Blick auf das Ziel unterwegs, aber sie sind auch geprägt von sehr eigenen Material-Fähigkeiten. Man hält den Atem an: Während Morlock mit hinreißendem Können an den feinen mechanischen Schrauben der Miniaturen, Mentalmaschinen und kleinen Objekte dreht, schafft Jakob filigrane gläserne Unikate. Bei 1400 Grad steigen zauberhafte kleine Glaskugeln, in denen oft grazil gestaltete Elemente aus Metallen und Steinen eingeschlossen werden, aus den Flammen. Irritierend war das zunächst, doch bald erkannten beide das Potenzial, das darin lag. So entstehen heute wundersame Dinge in dem engen Atelier in Birkenfeld, voller spielerischer Leichtigkeit und Poesie, versponnen und heiter. Man darf lachen und staunen und sich trösten lassen: Nicht auf jede Frage gibt es eine Antwort.

www.andreajakob.ch/teamworkk