Musikerin mit Herz: Miss Allie. Foto: Eisermann
Kultur
„Chauvinisten sind absolut überflüssig“: Sängerin Miss Allie probiert neues Konzertformat im Osterfeld aus
  • Das Gespräch führte Robin Daniel Frommer

Pforzheim. Mit der Singer-Songwriterin Miss Allie zieht frischer Wind ins Kulturhaus Osterfeld. In vieler Hinsicht. Die 29-jährige Power-Frau aus Lüneburg gastiert das erste Mal in der Goldstadt – und probiert hier ein neues Format aus: Coronabedingt ist der Große Saal des Osterfelds am Samstag um 20.30 Uhr für nur 74 Gäste präpariert (es gibt noch Restkarten), die bis zum Einnehmen ihrer Sitzplätze Mundschutz tragen müssen. Parallel gibt es Streaming-Tickets, die das Zuschauen zu Hause für 9,50 Euro erlauben. Jüngst hat Miss Allie ein Album veröffentlicht: Bei einigen ihrer neueren Songs wie „Gelernt ham wir nicht viel“ zeigt sie eine nachdenkliche Facette, in reizvollem Kontrast zu humorvollen Titeln wie „Du kleine Süße“. Die Musikerin mit dem Motto „Ich kann das alleine! Ich bin eine Frau!“ verspricht ein abwechslungsreiches, vergnügliches Konzert. Die PZ hat mit ihr gesprochen.

PZ: Miss Allie, lange vor den meisten Auszeichnungen im Inland, erhielten Sie zwei Preise in Latrobe, Tasmanien (2013). Wie kam das denn?

Miss Allie: Ich habe ein paar Jahre lang in Australien gelebt. Die meiste Zeit in Tasmanien. Dort spielte ich meine allerersten Konzerte in einem Pub. Als ich den Dreh raus hatte, schaute ich mich um, wo ich sonst noch spielen könnte. Der Award, der mir bisher am meisten bedeutet, ist die Auszeichnung, die ich bei „Lieder auf Banz“ bekommen habe. Da wurde ich zur Nachwuchs-Liedermacherin des Jahres 2018 ernannt. Das hat mir mega viel bedeutet.

PZ: Ihr erstes Album (2016) trägt den Titel „This Is Why!“ und enthält zwölf englische Songs. Wann fiel die Entscheidung zugunsten deutscher Texte und humorvoller Publikumsnähe?

Miss Allie: Die Entscheidung, auch deutsche Songs zu schreiben, kam, als ich über meinen damaligen australischen Freund einen Song schreiben wollte. Er sollte diesen aber nicht verstehen. So entstand der erste deutsche Song. Ich fand’s aber schwierig, meinen englischen Stil mit der deutschen Sprache beizubehalten. Im Englischen hatte ich immer das Gefühl, dass die Sprache meine Gefühle versteckt. So kam es, dass die meisten meiner anfänglichen deutschen Songs eine ordentliche Portion Humor abbekamen, hinter dem ich mich und meine Gefühle verstecken konnte.

PZ: In Ihrem Song „Du kleine Süße“ bekommen die Möchtegern-Freibeuter unter den Machos gehörig Fett ab. Wie viele Anläufe braucht es, bis plumpe Anmache in witzige Liedform passt?

Miss Allie: Der Song ist einem Guss entstanden. Ich war so wütend über diesen Typen. Der war einfach so chauvinistisch und dreist. Zwei Tage lang habe ich zu Hause gewettert, und dann ploppte der Song aus mir raus.

PZ: Wie sehen Sie Kfz-Mechaniker heute?

Miss Allie: Es gab nach Veröffentlichung tatsächlich ’ne böse Mail, in der gesagt wurde, dass es nicht okay sei, dass ich die Berufsgruppen der Schlossermeister so in den Dreck ziehe. Ich meine aber gar nicht die Berufsgruppe. Der Typ, um den es geht, ist eigentlich Kfz-Mechaniker. Der hätte aber auch was ganz anderes machen können: Chauvinistische Vollidioten empfinde ich heute wie damals als absolut anstrengend und überflüssig.

PZ: Ist das jüngste Album „Aus Scheiße wird Gold“ etwa durch Corona verspätet?

Miss Allie: Meine Alben gibt’s nur direkt bei mir auf meiner eigenen Internetseite zu kaufen. Ich möchte meine Fans ganz nah bei mir behalten und ihnen von vornherein klarmachen, dass sie alles, was mich betrifft, auch bei mir bekommen und nicht bei teilweise sehr unfairen Händlern wie Amazon. Meine neue Platte ist seit November 2019 draußen. Und da gibt’s keine Zwischenmoderationen mehr wie zuvor beim Album „Mein Herz und die Toilette“. Das war ein Live-Album, und das neue ist ’ne Studio-Produktion. Da spiele ich auch weitere Instrumente. Ich bin so happy mit dem Ergebnis und auch mega dankbar, dass meine Fans das wieder mit mir zusammen finanziert haben. Die sind so klasse!