760_0900_108223_Ausstellung_Eisabeth_Nuechtern_17.jpg
Weniger ist mehr: Elisabeth Nüchtern stellt im Hohenwart Forum aus.  Foto: Moritz 

Das Bunte muss ins Eckige: Elisabeth Nüchtern malt abstrakte Bilder mit streng geometrischer Gestaltung

Pforzheim. Eine Irritation: Ungewohnt bunt und leuchtend erscheinen die Wände der Kapelle im Hohenwart Forum. Wie Wellenlinien breitet sich das Licht der 20 monochromen Farbtafeln von Jürgen Goertz berühmter Christus-Skulptur nach beiden Seiten aus.

Aber auch wer den runden Raum von außen betritt, wird geführt, „immer auf der Leuchtspur zu dir“ – so der Titel der Ausstellung von Elisabeth Nüchtern. Er ist angeregt von einem Gedicht von Nelly Sachs. Vier Zeilen davon hat die Karlsruher Autodidaktin chiffriert und verfremdet, indem sie Wortumrisse in farbigen Rechtecken nachformt. Auch das ist zu bewundern in der Kapelle. Nüchtern wollte an diesem Ort des Innehaltens einen inneren Bezug erzeugen, wie sie sagt, und das Leiden Christi, aber auch das Herabsteigen vom Kreuz abstrakt darstellen. Es entsteht ein Dialog zwischen Kunst- und Kirchenraum.

Ausstellung Eisabeth Nüchtern 01
Bildergalerie

Das Bunte muss ins Eckige: Elisabeth Nüchtern malt abstrakte Bilder

Insgesamt zeigt Nüchtern in der Bildungsstätte 54 Arbeiten, die zum Großteil in den vergangenen Jahren entstanden sind (Öl auf Leinwand). Die 70-Jährige ist fasziniert von Vieldeutigkeit, Aufbau und Konstruktion, der Reinheit von Geometrie. „Am Computer schiebe ich die Formen so lange hin und her, bis eine Aussage, eine produktive Spannung entsteht und ein Eindruck von Tiefe“, beschreibt sie ihre Arbeitsweise. Die Malerei steht mit expressiven, monochromen Farbfeldern und wenigen Gestaltungsmitteln wie Quadrat, Rechteck und Kreis in der Tradition des Konstruktivismus und der konkreten Kunst. „Ihre Vorliebe gilt einem nahezu unbegrenzten Variationsreichtum für geometrische Strenge, für einfach überschaubare Formen und einen klar organisierten, präzise definierten Bildaufbau“, sagt Kuratorin Krisztina Jütten.

760_0900_108224_Ausstellung_Eisabeth_Nuechtern_07.jpg
Flächiges wird räumlich: Ein Besucher betrachtet die ironisch betitelten Arbeiten „Mehr Rot“ (links) und „Punto nero“ (beide 2019). Foto: Moritz

Ein tiefblauer Grund prägt die meisten Arbeiten. Eine davon zeigt ein stilisiertes Gesicht und lässt die Verwandtschaft zum Bauhaus erkennen. Andere Bilder ergründen den Übergang vom Dreieck zur Linie. Ansonsten abstrahiert Elisabeth Nüchtern klassische Motive wie Brücken, Wege, Gesichter, Gräser, Türen und Frauenbilder – reduziert nach dem Motto: weniger ist mehr. Zur Inspiration dienen häufig die Natur, Architektur, Fotografien oder Kunstwerke. Durch mehrere übereinandergelegte Schichten bringt sie die Farben zum Leuchten.

Die Ausstellung wird am Sonntag, 24. November, im Hohenwart Forum, Schönbornstraße 25, in Pforzheim-Hohenwart um 11 Uhr mit einem Art-Gottesdienst eröffnet. Sie ist bis 15. Januar zu sehen: montags bis samstags von 8 bis 19 Uhr, sonntags von 8 bis 16 Uhr.

Michael Müller

Michael Müller

Zur Autorenseite