
„Designers in Residence“: Stipendiaten hinterfragen Funktion von Schmuck und Chancen des 3D-Drucks
Pforzheim. Sie sind erst vor ein paar Tagen in Pforzheim angekommen, loben die freundliche Atmosphäre, und legen sofort los: Drei internationale Nachwuchsdesigner arbeiten jetzt drei Monate lang im EMMA – Kreativzentrum Pforzheim an ihren Projekten. Eine Jury hatte sie unter 250 Bewerbern aus 50 Ländern ausgewählt.
Für Almut Benkert, Fachbereichsleiterin Kreativwirtschaft beim Eigenbetrieb Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP), ist die steigende Zahl ein Beleg der wachsenden Beliebtheit und des Erfolgs des Stipendiatenprogramms „Designers in Residence“. „Damit wollen wir auch zeigen, welche Themen internationalen Nachwuchsdesignern aktuell wichtig sind, und welche Ansätze sie verfolge.“
Zwei Stipendiaten beschäftigen sich mit dem 3D-Druck. Die israelische Modedesignerin Ganit Goldstein vereint diese Spitzentechnologie mit traditionellem Handwerk. „Ich glaube, dass der Einsatz des 3D-Drucks ein neues Verständnis für die Gestaltung von Kleidung und Accessoires schaffen kann, insbesondere in Bezug auf den verantwortungsbewussten Umgang mit unserer Umwelt“, sagt sie. Sie wolle die Spannung ausloten zwischen dem, was wir mit unseren Händen erschaffen können (etwa mit der Technik des Webens) und dem, was Maschinen für uns produzieren. Während der Zeit im EMMA möchte sie an einer maßgefertigten Kollektion aus Kleidung und Schuhen arbeiten, die auf dem 3D-Scan eines Menschen basieren.
Beobachten, wie die Leute in seiner Umgebung ticken, auf ihre Bedürfnisse eingehen, daraus Objekte entwerfen und sie dreidimensional drucken – das ist das Ziel des taiwanesischen Industriedesigners und Elektrotechnikers Sheng-Hung („Gary“) Lee. Ihn interessieren „kleine Dinge mit großem Herzen“. Er wolle die Menschen ernst nehmen, mit einem anderen Blickwinkel auf Design. „Ziel meines Projekts ist es, zu beobachten, was sie bewegt und sinnvolle Produkte zu entwerfen, die sie dann selbst mithilfe eines 3D-Druckers herstellen können“, erklärt Sheng-Hung Lee. Daher möchte er die Pläne aller während seines Stipendiums entwickelten Produkte im Internet zur Verfügung stellen, auch mit einem wöchentlichen Video-Update.
Gerade von ihrer Einzelausstellung bei der Munich Jewellery Week zurückgekehrt, möchte die südkoreanische, in Belgien lebende Schmuckdesignerin Dabin Lee im EMMA an ausdrucksstarkem Schmuck arbeiten, der politische Botschaften transportiert. Mit fellartiger Struktur, die sie durch das Knüpfen dünner Metalldrähte erreicht, und grellen Farben prangert zum Beispiel ihre Kollektion „Hello Murder“ Tierversuche in der Kosmetikindustrie an. „Schmuck ist für mich mehr als nur tragbarer Luxus, er stellt eine Projektionsfläche dar, um gesellschaftliche Probleme darzustellen und zu hinterfragen“, erzählt Lee. Sie möchte den verschwenderischen Umgang mit Plastik thematisieren und auch mit der Größe der Schmuckstücke experimentieren – etwa mit einer Brosche, die man in Händen halten kann.
Die Designer freuen sich sehr über den Freiraum, ihre Ideen in Pforzheim weiterzuentwickeln und sich ausprobieren zu können. An 27. Juni präsentieren sie ihre Ergebnisse auf einer Ausstellung.