Elegante Arrangements: Sebastian Studnitzky (links) und Sebastian Manz.
Paul Hoffer/BlackFoirestJazz
Kultur
Festival BlackForestJazz macht Station im voll besetzten TurmQuartier
  • Eckehard Uhlig

Pforzheim. Er ist in all seinen Formen angekommen in unserer Region – der Jazz. Und berührt mit seiner Magie. Das von engagierten Organisatoren, vornehmlich von Sebastian Studnitzky, aus der Taufe gehobene BlackForestJazz-Festival präsentierte sich am Donnerstag im TurmQuartier der Sparkasse als Mix aus modernem Jazz, Klassik und weltmusikähnlicher, raumgreifender Elektronik. Passend zum Genre wirkte der qualitativ hochstehende Abend improvisiert. Weil der legendäre Jazz-Klarinettist Rolf Kühn verstorben war, musste das Programm umgestellt werden.

Mit dem Klarinettisten Sebastian Manz stellte Pianist Studnitzky den ersten Teil der gemeinsamen, 2018 abgehaltenen New Yorker Studio-Session vor, die unter dem Titel „Bernstein-Story“ erschienen ist. Nach der Pause jazzte das aus Odessa eingeflogene ukrainische Pokaz Trio mit dem Pianisten Andrew Pokaz, Vitaliy Fesenko am Bass und Yakov Taruntsov an den Drums.

Für Fans, die Leonard Bernsteins musikalische Grenzgänge zwischen traditionellem Jazz und Klassik mögen, war die (Rolf Kühn gewidmete) Zugabe der beiden Sebastians zu ihrem Programm-block, nämlich ihr Arrangement zu „Somewhere“ aus der West Side Story, das Glanzlicht des Abends. Manz spielte mit sinnlich-sanglicher Zartheit die Liedmelodie, Studnitzky umkreiste den Song mit perlendem Filigran am Flügel.

Von bewegten Farbschleiern ausgeleuchtet: das ukrainische Pokaz Trio mit Andrii Pokaz (Piano), Vitaliy Fesenko (Bass) und Yakov Taruntsov Schlagzeug).
Paul Hoffer/BlackFoirestJazz

Die eigentliche „Bernstein-Story“, eine Version von dessen viersätziger „Sonata for Clarinet and Piano“ war dagegen eher etwas für Spezialisten. Studnitzky kündigte „einen wilden Ritt“ durch die Sonate an. Und tatsächlich gab es Parts mit expressiven Pointen, in denen die eingestrahlte Energie in mitreißenden Soli ausbrechen musste oder heraussprudelnde Tonverbindungen ausformte. Die eleganten Arrangements boten aber auch melancholisch pulsierende, manchmal tänzerisch hüpfende und erfrischende Klavierläufe zum leisen, leicht spröden Ton der Klarinette, die zuweilen lautstark schrill aufjauchzte oder aufgeraut verdämmerte. Echos, Klang-Geraune, New Yorker Background-Feeling und Lärm-Cluster lieferte die per Laptop eingespielte elektronische Musik dazu. Einmal griff Studnitzky auch zur Trompete und steuerte sanft ins Mikro geblasene Flatterzungen bei. Alles war wie aus Fragmenten zusammengesetzt, dekonstruiert und collagenartig neu aufgebaut. Technisch virtuoses Können und ausgelassene Spielfreude: Pianist Studnitzky, in Pforzheim eher als exzellenter Jazztrompeter bekannt, und Manz, der international renommierte klassische Klarinetten-Solist, bildeten eine attraktive Kombination.

Das Ukrainer-Trio, das einen Kurzfilm zum furchtbaren Kriegsgeschehen in der Heimat einspielte, bot aufgemischte moderne Jazzkompositionen, unter denen ein „Slavonic Dance“ und ein Stück mit der integrierten ukrainischen Nationalhymne Höhepunkte bildeten. Charakteristisch für ihre Spielweise waren Endlos-Melodien, in denen Wiederholungen über gleichbleibenden Patterns das zentrale Gestaltungsprinzip bildeten, was ein In-Sich-Ruhen zum Ausdruck brachte. Freilich war auch leidenschaftliches Aufbegehren zu hören in Passagen, die in sensationelle Drum- und Piano-Soli einmündeten.

Im voll besetzten Sparkassen-Forum, das von mehreren älteren Konzertbesuchern vorzeitig verlassen wurde, herrschte ansonsten helle Begeisterung vor.