Brücken bauen statt Gräben ziehen: Unter diesem Motto stand das Konzert von Sistanagila. Foto: Frommer
Kultur
Konzert der iranisch-israelischen Formation Sistanagila in der Jüdischen Gemeinde Pforzheim
  • Robin Daniel Frommer

Pforzheim. Applaus und große Begeisterung für die Formation Sistanagila: Nicht erst bei der zweiten Zugabe – einer persischen Version des wohl bekanntesten hebräischen Volkslieds „Hava Nagila“ – sangen die meisten der gut 170 Konzertbesucher im Zentrum der Jüdischen Gemeinde Pforzheims laut mit.

Schon zur Mitte des Konzerts, bei Nurit Hirschs modern und jazzig interpretierter Komposition „Osse Shalom“, schnippte das aufmerksame Publikum auf den zweiten und auf den vierten Takt mit, was dem Titel zusätzliches rhythmisches Feuer verlieh.

Treffender als Rami Suliman, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, kann man das ganz Besondere an dem Gastspiel des iranisch-jüdischen Ensembles Sistanagila kaum auf den Punkt bringen: Er sagte in seiner kurzen Anmoderation sinngemäß, dass dieses Konzert überall möglich sei, nur leider eben weder in Israel noch im Iran.

Sistanagila trat in Pforzheim anlässlich des Europäischen Tags der jüdischen Kultur auf; mit finanzieller Unterstützung des Zentralrats der Juden in Deutschland und in folgender Besetzung: Yuval Halpern (Gesang und musikalische Leitung), Hemad Darabi (Gitarre), Jawad Salkhordeh (Gesang, Tombak und Langhalslaute), Avi Albers Ben Chomo (Kontrabass) und mit dem jungen Omri Abramov (Sopransaxofon). Das Quintett zelebrierte im jüdischen Gemeindezentrum sowohl vergleichsweise junge Werke persischer Komponisten wie das getragene „Ta bahare“ von Rouhollah Kalenghi (1906-1965) oder „Khazan“ von Parviz Meskatian (1955-2009), als auch jüdische Volkslieder wie beispielsweise „Shalom aleichem“ oder das in Jüdisch Ladino (vulgo: Judenspanisch) gesungene „La Reina“. Zu den Höhepunkten zählte der rhythmische Titel „Dror Yikra“, der gleichzeitig nach Flamenco und nach dem exotisch-arabesken Jemen klang (erste Bravo-Rufe), sowie das ungemein variantenreiche Tombak-Solo des iranischen Perkussionisten Jawad Salkhordeh, der vor dem Konzert das Fell seines Instruments mit einem Heizkissen auf die richtige Temperatur brachte.

Bandleader Yuval Halpern wandte sich auf Deutsch an die Zuhörer, als er die Botschaft des Konzerts formulierte: „Lasst uns, anstelle des Kriegs zwischen Iran und Israel, Brücken zwischen den Kulturen bauen.“ Damit rief er dem einen oder anderen im Publikum auch in Erinnerung, dass diese beiden Staaten keineswegs immer aufs Blut verfeindet waren: Bis zur Islamischen Revolution 1979 waren sie befreundet und profitierten gemeinsam vom wirtschaftlichen Austausch. Höchste Zeit, dass die politischen Entscheider beider Länder dem Beispiel der Musiker folgen, entschlossen versöhnen, statt zu spalten, und so endlich dem Wohl ihrer Bevölkerung nachhaltig dienen.

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