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Kuratorin Bettina Schönfelder hat auch das Werk „Dream Records“ ausgesucht. Die Künstlerin Ah Hee Lee hat dafür zehn Monate lange ihre Träume in Bildern ausgedrückt. Ketterl 

Kunstverein Pforzheim widmet sich der Wiederholung in der Kunst

Warum ist uns Zeit so kostbar? Weil sie immer weniger wird im Leben und nicht aufzuhalten ist? Oder weil sie aus belanglosen Kleinigkeiten das Große formt? Dieser Gedanke scheint sich aufzudrängen, wenn man die neue Ausstellung des Pforzheimer Kunstvereins betrachtet, die ab heute im Reuchlinhaus zu sehen ist.

Denn unter dem Titel „Immer. Wieder“ zeigt sie Werke, die sich mit dem Phänomen der Wiederholung in der Kunst beschäftigen. „Die Werke erzählen keine Geschichte oder zeigen eine Komposition“, sagt die Kuratorin Bettina Schönfelder, „sondern sie illustrieren einen Handlungsprozess“. Was für Kunst entsteht aus der Wiederholung kleinster Handlungen? Diese Frage beleuchtet die Schau auf interessante Weise. Denn durch die Wiederholung wird das Alltägliche so intensiviert, dass Werke von bestechender Ästhetik entstehen. Der Inbegriff des Alltags ist wohl für viele das Büroleben, das in grauen Farben immer dem gleichen Muster zu folgen scheint.

Was passiert, wenn man es übertreibt mit der Wiederholung, zeigen die Werke von Ignacio Uriarte. Unter dem Titel „3+1“ hat sich der Künstler eines ganz gewöhnlichen Gegenstandes angenommen: des so brüchigen aber stets dokumentenechten BIC-Kugelschreibers, der in blau, schwarz oder rot schon so manchen Schmierzettel bekritzelt hat. Auch Uriartes Werk ist ein Schmierzettel – nur ein ganz besonderer. Unzählige Stunden muss er investiert haben in die dichte Farbigkeit des je blau, schwarz und rot bemalten Papiers. In einem größeren Format hat er alle drei Farben so gleichmäßig aufgeteilt, dass sich eine irisierende Wucht aus Lila ergibt. Steht man nah vor ihr, kann man die gekrakelten Linien verfolgen, aus der Distanz bleiben nur seltsam bewegte Farbflächen.

Der Kontrast aus Nah und Fern prägt auch ein anderes Werk der Ausstellung. Die südkoreanische Künstlerin Ah Hee Lee hat sich in „Dream Records“ mit ihren Träumen befasst – und mit ihnen eine besondere Art von Tagebuch erstellt. Zehn schwarze Platten hängen da an der Wand. Jede Einzelne steht für einen Monat, ist noch mal unterteilt in kleine Quadrate: Das sind die Tage. An jedem Morgen hat Lee ihre Träume in Bilder überführt, von nahem sieht man kleine Figuren, die mit weißer Farbe auf die schwarze Leinwand getüpfelt sind – doch von weitem verschwimmen die Punkte zu einer komplexen Wimmellandschaft. Auch die anderen Werke der Schau – von Mark Formanek, Martin Bruno Schmid, Nathalia und Alexander Suvorov-Franz und Isabel Zuber – sind aus der Wiederholung geboren – und zeigen, wie viel Zeit in ihnen steckt.