Dr. Mario Ludwig ist Bestseller-Autor, Biologe und PZ-Kolumnist. Er hat nicht nur rund drei Dutzend Bücher geschrieben, Mario Ludwig ist auch Dauergast in Fernsehshows und Radiosendungen. Kein Wunder, dass ihm der Ruf vorauseilt, Deutschlands amüsantester Erzähler von Tiergeschichten zu sein.
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Kultur
Mario Ludwig im PZ-Forum: „Im Tierreich herrscht Damenwahl“

Im Tierreich gibt es mehr Alphamänner als Alphafrauen. Das wirkt sehr menschlich, wenn man Führungsgremien von Politik und Wirtschaft zum Vergleich wählt. Aber: In der Fauna haben Weibchen beim Sex die Entscheidungsgewalt. Warum das so ist erklärt Biologe und Autor Mario Ludwig in einem Interview mit PZ-news und besonders ausführlich und eloquent in seinem Vortrag „Frauenpower im Tierreich – von Diven, Helikoptermuttis und Schwarzen Witwen“. Am Mittwoch, 25. September, 19 Uhr erfährt man im PZ-Forum allerlei Kurioses und Denkwürdiges von Rabenmüttern, Hyänenrudel-Chefinnen und der Nacktmull-Diva.

Tickets fürs PZ-Forum

Tickets (11 Euro, 7 Euro mit PZ-AboCard) für den Vortrag am Mittwoch, 25. September, 19 Uhr im PZ-Forum gibt es online und telefonisch. Online kann man sich Tickets unter www.pz-forum.de reservieren und selbst ausdrucken. Telefonisch erreichen kann man das PZ-Kartentelefon werktags von 8 Uhr bis 16 Uhr unter der Nummer (07231) 933-125.

PZ-news: Sie sind männlich, halbwegs durchtrainiert, beruflich erfolgreich und genießen überdies eine ordentliche Portion Popularität. Darf man Sie als Alphamann bezeichnen?

Mario Ludwig: Das wäre zu viel der Ehre. Zu einem Alphamann fehlen mir die Ellbogen und die „gesunde Härte“, die einen solchen auszeichnen. Alphamann zu sein, ist für mich auch gar nicht so erstrebenswert, so eine Pole-Position muss ja auch rund um die Uhr verteidigt werden. Und das ist ausgesprochen stressig.

Was wäre denn für Sie ein Alphaweibchen bei den Menschen und gibt es Vergleichbares im Tierreich?

Mario Ludwig: Klassiker wären da zum Beispiel unsere frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU- Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen oder Pop-Superstar Taylor Swift. Im Tierreich finden wir Alphaweibchen zum Beispiel bei Tüpfelhyänen. Über ein Tüpfelhyänenrudel herrscht immer ein Weibchen. Und diese Chefinnenrolle wird nicht, wie üblich, mit Zähnen und Klauen ausgefochten, sondern wird immer an die erstgeborene Tochter weitervererbt. Sie sehen also, bei Hyänen geht es auch nicht anders zu, als in einem europäischen Königshaus.

Alles hört auf ihr Kommando: Bei den Tüpfelhyänen führt ein Weibchen das Rudel. Nachfolgerin wird immer eine Tochter. Andreas Beckermultilens - stock.adobe.com
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Wo tummeln sich denn die Diven in der Fauna?

Mario Ludwig: Da hätte ich die Nacktmull-Königin im Angebot. Eine zugebenermaßen optisch nicht übermäßig ansprechende Dame. Aber diese Königin hält sich einen männlichen Harem von bis zu vier Männchen, die ihr rund um die Uhr zu Willen sein müssen. Mehr Diva geht nicht.

Wo liegen denn die großen Stärken der Weibchen?

Mario Ludwig: Im Tierreich herrscht Damenwahl – zu 90 Prozent. Das heißt die Weibchen suchen sich ihre Partner aus. Schließlich wollen die Weibchen ja den Partner mit den besten Genen erwischen. Die soll er ja später mal an den gemeinsamen Nachwuchs weitergeben. Also müssen sich die männlichen Bewerber gewaltig ins Zeug legen, damit sie bei den Damen zum Zuge kommen und nicht etwa ein schnöder Konkurrent.

Das Balzen der Männchen ist also nur eine Show der Machtlosen, wenn am Ende das Weibchen allein über Paarung und Anzahl der Partner entscheidet?

Mario Ludwig: Genau. Egal wie sich die Männchen ins Zeug legen, zum Beispiel wenn die Pfauenmänner unermüdlich ihr berühmtes Rad schlagen, um die Weibchen zu beeindrucken, die Entscheidungsgewalt bleibt bei den Weibchen. Auf der anderen Seite tendieren die Chancen der Männchen ohne üppiges Balzverhalten oder prächtige Geschenke gegen Null.

Der männliche Pfau sieht super aus. Doch wenn dem Weibchen sein gefiedertes Rad nicht gefällt, hat er keine Chancen bei ihr. MICHEL - stock.adobe.com
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Stichwort männliche Ohnmacht: Wie oft bleibt nach dem Liebesakt nur noch eine Schwarze Witwe übrig?

Mario Ludwig: Bei einigen Gottesanbeterinnen-Arten kann es durchaus vorkommen, dass sich das Weibchen nach oder schon während des Aktes ihr Männchen munden lässt. Ein echter Doppelwumms: Da gibt es neben dem fleischlichen Vergnügen obendrein noch einen üppigen Nährstoffcocktail.

Sie sind schon seit 34 Jahren mit ihrer Frau Katharina verheiratet. Ist so eine lange Ehe auch im Tierreich ein typisches Modell?

Mario Ludwig: Im Tierreich ist das eher selten. Mit der Treue haben es Tiere nicht so. Zum Beispiel sind nur vier Prozent aller Vogelarten treu, bei den Säugetieren sind es noch weniger, nämlich gerade mal ein Prozent. Die große Ausnahme stellen Präriemäuse dar. Die sind sogar über den Tod hinaus treu. Wenn da ein Partner stirbt, dann verbandelt sich der Witwer oder die Witwe nicht neu.

Helikoptermütter bei Tieren? Bei Orang-Utans ist die Mutter-Kind-Beziehung besonders eng und lang. Davidson/stock.adobe.com
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Die Kindererziehung ist hierzulande immer noch größtenteils Frauensache. Zufall oder biologisches Erfolgsmodell?

Mario Ludwig: Eigentlich ein biologisches Erfolgsmodell. Im Tierreich sind da nämlich die Rollen meistens ganz klar verteilt. Die Männchen müssen ein Weibchen erobern und dann ein Revier besetzen und verteidigen. Die Kindererziehung bleibt dann meistens an den Weibchen hängen. Und Papa hat dann schon oft das Weite gesucht. Was man ihm nicht verdenken kann. Oft müsste er nämlich – mangels ehelicher Treue – Kinder aufziehen, die nicht seine eigenen sind. Aber es gibt im Tierreich doch auch einige vorzügliche Väter.

Helikoptermütter sind aber wohl eher ein aktuelles rein menschliches Problem.

Mario Ludwig: Nein, Helikoptermütter gibt es auch im Tierreich. Orang-Utan-Mütter zum Beispiel behalten ihre Kinder bis zu acht Jahre lang bei sich. Bei anderen Säugetieren sind das gerade einmal ein bis zwei Jahre. Und auch später, wenn die Orang-Utan-Kinder ein selbstständiges Leben führen, ist die Mutter-Kind-Beziehung bei diesen Menschenaffen eine enge. Bis sie ein Alter von 15 Jahren erreicht haben, besuchen junge Orang-Utans ihre Mutter regelmäßig.

Geballte Frauenpower: Die Gottesanbeterin verspeist ihren Liebhaber zuweilen schon während des Liebesaktes.RMX IMG - stock.adobe.com
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Was ist mit dem Gegenteil, der Rabenmutter?

Mario Ludwig: Nein, Rabenweibchen sind keine schlechten Mütter. Die Redensart von der Rabenmutter geht auf eine falsche Naturbeobachtung zurück. Junge Raben verlassen nämlich noch bevor sie fliegen können das Nest und hocken dann scheinbar völlig einsam und hilflos auf dem Boden herum. Man hat früher fälschlicherweise gedacht, sie seien von der Mutter aus dem Nest geworfen worden. Rabenmütter sind jedoch gute Mütter und füttern die am Boden bettelnden Jungvögel noch einige Wochen lang und warnen und schützen sie vor Feinden, bis sie fliegen können.

Welche Tierweibchen sind Ihnen denn von ihrer Art her besonders sympathisch?

Mario Ludwig: Weibliche Seepferdchen. Die sind unglaublich clever. Die jubeln ihrem Männchen ihre Eier unter und überlassen ihm die Schwangerschaft und die Geburt mit all ihren Mühen und ziehen sich rechtzeitig in einen vorgezogenen Mutterschaftsurlaub zurück.

Zur Person

Dr. Mario Ludwig ist Bestseller-Autor, Biologe und PZ-Kolumnist . Er hat nicht nur rund drei Dutzend Bücher geschrieben, Mario Ludwig ist auch Dauergast in Fernsehshows und Radiosendungen. Dort diskutiert er vor laufender Kamera mit Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, über Gruppensex bei Affen, oder erzählt Entertainer Stefan Raab etwas über kiffende Rentiere. Der Karlsruher hat Kolumnen in Tageszeitungen und Magazinen und hält Vorträge nicht nur im deutschsprachigen Raum. Kein Wunder, eilt ihm doch der Ruf voraus, Deutschlands amüsantester Erzähler von Tiergeschichten zu sein.

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Tickets (11 Euro, 7 Euro mit PZ-AboCard) für den Vortrag am Mittwoch, 25. September, 19 Uhr im PZ-Forum gibt es online und telefonisch. Online kann man sich Tickets unter www.pz-forum.de reservieren und selbst ausdrucken. Telefonisch erreichen kann man das PZ-Kartentelefon werktags von 8 Uhr bis 16 Uhr unter der Nummer (07231) 933-125.