

Meisterhaftes Tourneetheater: „Die Streiche des Scapin“ in ausverkaufter Kulturhalle
Remchingen. Volles Haus, voller Erfolg. Temporeiche Regie und viel Bühnenwitz: Das Neue Globe Theater Potsdam hat am Mittwochabend die Komödie „Die Streiche des Scapin“ von Molière präsentiert, eingebettet in eine theatergeschichtliche Story der Schauspieltruppe aus dem 17. Jahrhundert.
Den gezwirbelten Schnurrbart angeklebt und mit zwei Degen bewaffnet. Dann wild herumfuchteln und böse und gefährlich nicht nur die Augen, sondern gleich den ganzen Kopf drehen. Mehrmals, versteht sich. Das macht die Sache lustiger. Die Leute lachen sich schlapp. Und Schauspieler Alexander Jaschik dreht nochmals auf. Er gibt den Diener Sylvestre, wie er getarnt als verkleideter Räuberschurke seinem Herrn Furcht einflößt und läuft beim Abgang vor lauter Spieleifer gegen die Wand statt durch den Vorhang. Mehrmals, versteht sich. Was für ein Spaß! Einer alten Theaterregel zufolge ist es beim dritten Mal am komischsten.
Das Neue Globe Theater Potsdam hat unter der Regie von Kai Frederic Schrickel, der auch als Darsteller mitwirkt, viele solcher Urgesetze des Komödienspiels beherzigt. Als Bühnenbild dient eine einfache Schaubude mit drei roten Samtvorhängen, so dass das Hauptaugenmerk voll und ganz auf der schauspielerischen Darstellung liegt. Klamauk-Posen und überzogene Theatralik sind unterm Strich eine Ehrerbietung an den großen Klassiker Jean-Baptiste Poquelin alias Molière. Dessen „Scapin“ ist zwar weniger bekannt als sein „Tartuffe“ oder „Der eingebildete Kranke“. Dafür wartet das Stück mit besonders viel Verwechslungsspiel auf und mit der grandiosen Hauptrolle des gewieften Dieners „Scapin“, den Kilian Löttker meisterhaft und ideenreich spielt.
Die Handlung ist simpel: Als die wohlhabenden, aber gierigen Kaufleute Argante (Andreas Erfurth) und Géronte (Kai Frederic Schrickel) auf Geschäftsreise sind, verlieben sich deren Söhne in nicht standesgemäße Frauen. Sohn Léandre (Dierk Prawdzik) will das Gauklerkind Zerbinetta (Petra Wolf) heiraten und Sohn Oktave (Laurenz Wiegand) die mittellose Giacinta (Rike Joenig). Die Väter sind gegen diese Hochzeiten. Beide Söhne stehen in der Obhut der Diener Sylvestre und Scapin. Letzterer führt jede Menge Streiche aus, um die unmöglichen Ehen trotzdem möglich zu machen. Das klappt zwar nicht. Am Ende kann dennoch geheiratet werden. Die Damen entpuppen sich als standesgemäß. Sie gingen als Kinder „verloren“ und sind zufälligerweise die Töchter der Kaufleute.
So ein Happy End braucht dramaturgisches Augenzwinkern. Die von Peter Lotschak arrangierte deutsche Fassung dieses „Scapin“ trägt dem Rechnung. Denn bevor das eigentliche Stück losgeht, zeigt das Ensemble die Theaterwelt zu Zeiten Molières. Die Truppe musste in Versailles ein Stegreifspiel aus dem Hut zaubern, um eine neue, eigene Spielstätte zu erhalten. Eine Sehnsucht Molières, der 13 Jahre seines Lebens als Wanderschauspieler, mit Auftritten mal hier, mal dort, verbracht hat. Eben das ist dem Neuen Globe Theater Potsdam bestens bekannt und vertraut. Als Tourneetheater gastiert die 2015 gegründete Truppe deutschlandweit. Nun waren sie das erste Mal in Remchingen. Was will man mehr? Na vielleicht, dass die Truppe bald mal wieder kommt?