Pforzheim. Er ist der Mann mit den Klöppeln. Jeder Besucher des Pforzheimer Theaters kennt Roland Härdtner, hinten im Orchestergraben an den Pauken. Seit 1993 ist er dort bei der Badischen Philharmonie angestellt. Ein Jahr später begann er mit seinen Mallets-Instrumenten, Rundfunk- und eigene CD-Produktionen sowie Konzerte zu organisieren.
Härdtner ist einer mit Durchsetzungskraft, eine „Rampensau“. Seine Karriere als klassischer Orchestermusiker startete 1985 mit dem Schlagwerk-Studium in Düsseldorf. So weit, so bekannt.
Wirklich erst 1985? Da war Härdtner schon Anfang 20. Die PZ hat nachgeforscht. Und herausgefunden: Er hat bereits vorher Musik gemacht – aber ganz andere. Als langhaariger Schlagzeuger hat er sich Proberäume mit Musikern geteilt, aus denen regionale Rockbands wie Nightfly, Cover Up und Cezanne hervorgingen. „Ich gehöre zu einer hoch motivierten Generation in der Musikerszene, die sich damals in der Stadt etabliert hat und oft bis heute noch aktiv ist“, bestätigt der 54-Jährige beim Gespräch in der PZ-Redaktion. Härdtner kramt seine alten Fotoalben heraus – und erzählt, was nur wenige wissen. Bis jetzt.
Als Spross eines musisch geprägten Akademikerhaushalts wird er mit fünf Jahren gefragt, ob er, wie seine drei Geschwister, Geige, Flöte oder Klavier spielen wolle. Er wählt die Geige. „Eine absolute Fehlentscheidung, es war das völlige Grauen.“ Eigentlich träumt er von einer Karriere am Schlagzeug. „Ich dachte, da bist du oft im Mittelpunkt“, blickt Härdtner zurück. Auf dem Schulweg läuft er damals oft an einem Haus vorbei, in dem ein Schlagzeuger lautstark probt. „Der Klang hat mich fasziniert.“
Härdtner jobbt in einem Supermarkt, um 1978 mit 14 Jahren dem Freund seiner Schwester genau dieses Schlagzeug abzukaufen. Die Begeisterung der Eltern hält sich in Grenzen, er muss es zunächst im Heizungskeller seiner damaligen Schule aufstellen. „Dort habe ich erst mal alleine vor mich hingetrommelt.“
Im Juni 1978 ergreift Härdtner die Chance zu ersten Auftritten am Büchenbronner Boxberg-Gymnasium: mit der Skiffle-Gruppe der Schule und Band Time Fuses, weil deren Drummer kurzfristig aufs Kelterner Wiesenfest musste.
Immer noch notorisch klamm, erweitert er ständig sein Schlagzeug „um alles, was der Sperrmüll hergab. Ich wollte auch ohne Geld mehr zum Draufhauen haben“. Parallel nimmt er Unterricht beim Schlagzeuger des Stadttheaters, Wolfgang Luhm – eingefädelt von seinen Eltern, die inzwischen hinter dem wilden Hobby stehen.
Ab 1979 fährt Härdtner mehrgleisig: Das mit einer Tanz-Band verdiente Geld steckt er in sein erstes Profi-Schlagzeug und spielt in Projekten wie Hironymus (1980) und Unterrock (1982). Um sich Auftritte zu verschaffen, habe er gemeinsam mit seiner einst bekanntesten Band Out Of Tune am 3. Dezember 1982 den Adventsrock am Reuchlin-Gymnasium gegründet. „Für den Christmas Rock in Niefern waren wir zu poppig – und zudem absolute Newcomer“, erinnert er sich. Sein Schlagzeug ist inzwischen eine zweireihige Schießbude. „Manche meinten, es war damals das größte Pforzheims. Es sollte halt cool aussehen.“ 1983 produzieren Out Of Tune eine eigene Single (Auflage: 1000 Stück). Die Auftritte häufen sich: auf Schulfesten, in Diskotheken und auf dem Marktplatzfest.
Von Rolf Schweizer viel gelernt
Im selben Jahr tritt Härdtner mit der Jazzformation Three Generations im „Domicile“ auf. „Mit dem Vibrafon eines Kollegen konnte ich aber noch wenig anfangen. Mehr als ,Alle meine Entchen‘ war nicht drin“, gibt er zu. Das soll sich bald ändern: 1984 startet die Zeit des Übergangs zur Klassik mit ersten Gehversuchen im Theater-Orchestergraben. Seinen Proberaum stattet er mit Vibrafon, Xylofon und Pauken aus. Parallel hat Härdtner Auftritte in der Stadtkirche. „Kirchenmusikdirektor Rolf Schweizer hat mir gezeigt, wie man auf die Pauke haut“, erinnert sich der Musiker. Er studiert am Badischen Konservatorium Karlsruhe im Fach Pauke/Schlagwerk.
Im gleichen Jahr rockt Härdtner noch in Bands wie Hard and Friends und No Limit, die Produzenten Vilko und Edo Zanki engagieren ihn für Studio-Sessions. Doch dann stirbt sein Vater. „Ich stand vor der Entscheidung: Werde ich professioneller Schlagzeuger? Weiter freiberuflich in der Rockszene zu trommeln, erschien mir zu riskant.“ Er wählt das Studium des klassischen Orchester-Schlagwerks in Düsseldorf. Der Rest ist Geschichte.

