


Pforzheim. Eintauchen in die Bildwelten der aus Pforzheim stammenden Künstlerin Sylvia Witzenmann, in ihre spielerische Vorgehensweise, ihre Freude am Experiment: Nachdem es bereits im Jahr 2000 eine Ausstellung der großformatigen Gemälde in Öl auf Leinwand gab und derzeit parallel in der Pforzheim Galerie die Arbeiten auf Papier, Zeichnungen und Aquarelle, im Mittelpunkt stehen, sind in den Räumen der Baugenossenschaft Arlinger nun Linolschnitte und die neueste Werkserie der „Lego Brick Prints“ im Fokus.
„Dieses druckgrafische Schaffen ist ein dritter, besonders wichtiger Aspekt im Gesamtwerk Sylvia Witzenmanns“, sagt die Kunsthistorikerin Regina M. Fischer bei der Eröffnung am Freitagabend. Weswegen die Arlinger-Schau unter dem Titel „Druckwelten“ bewusst parallel zur Ausstellung „Bald hierhin, bald dorthin“ in der Pforzheim Galerie konzipiert wurde. Die Beschäftigung Witzenmanns mit grafischen Techniken, mit Radierung und Linolschnitt, geht bis auf ihre Studienzeit an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim zurück, in der Werner Weißbrodt sie 1972 bis 1974 unterrichtete. Eine Phase, die Sylvia Witzenmann sehr angeregt hat, wie sie sagt. „Ein Schlaraffenland.“

Sylvia Witzenmann gibt Überblick über ihr druckgrafisches Schaffen
Im Arlinger zeigt Witzenmann nun sieben großformatige Linolschnitte auf (Transparent-)Papier: die Serien „Ring“ und „Universe“, in denen sie durch stetes Verziehen und Bewegung eine spannende Dynamik schafft. Eingearbeitet hat sie Begriffe rund um die Themen Weltall und Universum, die sich beim genaueren Hinsehen erschließen. Ihre Farbexperimente scheinen immer wilder zu werden. Bei Linolschnitten werden Motive eingegraben und Druckfarbe aufgewalzt. Der Einsatz von Bohrer und Fräser verleiht Witzenmanns Arbeiten eine ganz eigene Handschrift. Hier zeigt sich der Bezug zu ihrer zweiten Profession als Goldschmiedin.
„Mit einfachen Mitteln ein großes, schönes Ergebnis bekommen“, so formuliert Sylvia Witzenmann selbst ihre Herangehensweise. Bestes Beispiel: die neue, das Malerische ihres Werks zurückdrängende Serie der „Brick Prints“, ausgelöst durch ihr Stolpern über die verstreuten Lego-Steine ihrer Kinder. Daraus hat Witzenmann ein künstlerisches Konzept entwickelt, das sie weiter fasziniert: aktuell inspiriert durch Hurrikan Dorian. Auf dem Flug nach Pforzheim habe sie den Sturm aus dem Flieger von oben gesehen. Seine Wirbelstrukturen wolle sie mit ihrer Mischtechnik auf die Leinwand bringen.
Die im Arlinger gezeigten Werke sind voller Dynamik – durch das Reihen, Drehen, Verschieben und Variieren dieser Stempel- und Druckmotive, welche die Rahmen, Noppen, Seiten und Kanten der Lego-Steinchen vorgeben. Die Arbeiten erscheinen wie ein dichtes Gewebe mit universellem Charakter, sagt Fischer. Auch Arlinger-Chef Carsten von Zepelin ist angetan von den informellen Grafiken, die sich durch die „faszinierende Technik“ ergeben. Seit 15 Jahren stellt das Unternehmen aus. „Wo man lebt und arbeitet, sollte man etwas für Kunst und Kultur tun“, sagt er.
Die Schau „Druckwelten“ in der Baugenossenschaft Arlinger, Hohlohstraße 6, in Pforzheim, ist montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr, montags bis mittwochs von 14 bis 16 Uhr (donnerstags bis 18 Uhr) zu sehen. Die Ausstellung „Bald hierhin, bald dorthin“ in der Pforzheim Galerie, Bleichstraße 81, ist mittwochs und samstags von 14 bis 17 Uhr, sonntags von 10 bis 17 Uhr zu sehen. Beide Schauen enden am Sonntag, 29. September.
Neues Buch gibt Einblicke ins Gesamtwerk
Aus Anlass der Ausstellung „Bald hierhin, bald dorthin“ von Sylvia Witzenmann in der Pforzheim Galerie und der Ausstellung in der Arlinger Baugenossenschaft entstand die Idee, eine Publikation zu erstellen. Der Schwerpunkt des gleichnamigen Buchs liegt, wie bei den derzeitigen Ausstellungen, auf ihren Papier-Arbeiten. Es soll eine Ergänzung zu Witzenmanns Katalog aus dem Jahr 2001 darstellen, das vor allem die großformatigen Zyklen und Gemälde in Öl auf Leinwand zum Inhalt hatte. Das aktuelle Buch ist mit Unterstützung der Firma Witzenmann und der Baugenossenschaft Arlinger im J. S. Klotz Verlagshaus erschienen. Auf 84 Seiten gibt es mit zahlreichen Abbildungen einen Überblick über das künstlerische Schaffen Sylvia Witzenmanns von den 1960er-Jahren bis heute. Namhafte Autoren und Freunde der Künstlerin haben ihre Sicht auf ihr Werk beigesteuert. Zu erwerben ist das Buch, das gestern offiziell vorgestellt wurde, für knapp 20 Euro in der Pforzheim Galerie, bei der Baugenossenschaft Arlinger sowie in ausgewählten Buchhandlungen Baden-Württembergs.