Roy Hargrove an der Trompete beim sehr geschlossenen Auftritt seines Quintetts im „domicile“: Ameen Saleem (Kontrabass), Quincy Phillips (Schlagzeug), Justin Robinson (Altsaxofon) und Tadataka Unno (Piano). Foto: Müller
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Von Balladen bis Hardbop: Roy Hargrove Quintet umjubelt im „domicile“
  • Michael Müller

Pforzheim. Begeisterter Jubel, langer Applaus. So verabschiedet das Publikum am Montagabend im ausverkauften „domicile“ das Roy Hargrove Quintet. Das spielte gut zwei Stunden lang einen Querschnitt seines Repertoires. Hargrove war schon häufig in dem Pforzheimer Club zu Gast, zuletzt vor sieben Jahren mit dem Album „Earfood“.

Von Wynton Marsalis entdeckt, ist der Texaner an der Seite von Shirley Horn, Joe Henderson oder Stanley Turrentine schnell in den Olymp der Jazz- und Funk-Trompeter aufgestiegen. Hargrove überschreitet immer wieder die Grenzen zur populären Musik – sei es mit eigenen Projekten oder mit Erykah Badu sowie den Rappern Common und D’Angelo. Dass er dabei stets seine musikalische Integrität bewahrt hat, mag wohl der Hauptgrund dafür sein, dass der 48-Jährige auch in eingefleischten Jazzkreisen in hohem Maße anerkannt bleibt.

Läufe mit Leichtigkeit

Im „domicile“ spart das Konzert nicht mit Höhepunkten. Hargrove an der Trompete und der virtuose Justin Robinson am Altsaxofon suchen immer wieder das musikalische Zwiegespräch, folgen den Melodielinien aber auch im Einklang. Robinsons dynamische Saxofon-Soli faszinieren das Publikum sichtlich. Etwa, wenn er die Läufe mit einer Leichtigkeit, aber auch Geschwindigkeit rauf- und runterspielt, dass einem schwindlig wird. Fast schon rauschartig entlockt er dem Saxofon überblasene, quietschende Töne.

Das Konzert lebt von den Kontrasten. Es changiert zwischen improvisationsgetriebenem Hardbop und harmonischen Passagen, die von überraschenden, oft nur ein paar Sekunden dauernden Rhythmuswechseln gebrochen werden. Da spielen die Musiker in der Mitte des Stücks einen Swing oder eine Samba. Manche Stücke starten mit gemäßigtem Tempo und entzünden später ein regelrechtes Feuerwerk, die Motive sind nur noch ansatzweise erkennbar.

Hargrove peitscht seine Mannschaft weitgehend ohne Moderation fix durchs Repertoire und lässt auch den Zuschauern im ersten Set kaum eine Atempause. Dass das Mikro etwa beim Standard „You Got To My Head“ versagt – völlig egal. Die Musiker reduzieren sofort die Lautstärke.

Nach der Pause gibt’s auch einige Balladen. Hargrove tauscht den druckvollen Sound seiner Trompete in Nummern wie „Eyes So Beautiful As Yours“ von Elmo Hope gegen die wärmere Klangfarbe seines Flügelhorns, Tadataka Unno glänzt mit lyrischen Parts am Piano.

Insgesamt erzeugt das Quintett einen sehr geschlossenen Klang – „Resultat unserer ständigen Tourneen, bei denen wir uns auf und fernab der Bühne richtig kennengelernt haben“, sagte der Bandleader einst in einem Interview. Antrieb und Fundament bildet die unglaublich präzise zusammenspielende Rhythmuscombo mit ihren coolen Grooves: Ameen Saleem am Kontrabass und Quincy Phillips am Schlagzeug. Wie ein Drumcomputer schlägt Phillips stellenweise irre schnell auf seine Hi-Hat, während er die kleine Trommel nur am Rand bearbeitet. Am Ende scattet das Publikum munter mit. Als Zugabe gibt es einen veritablen Hit: Michael Jacksons „Rock With You“, zu der Hargrove und Robinson musizierend einen Abgang durch die Menge hinlegen. Bravo!

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