
Von der Verantwortung der Enkel: Vorführung von Nils Olgers Dokumentarfilm
Pforzheim. Kriegsverbrechen in Oberitalien – ausgehend vom fotografischen Nachlass des eigenen Großvaters zeichnet Nils Olgers Doku sie nach. Letzte lebende Zeitzeugen wie der heute 85-jährige Andrea Quartieri schildern im Film, wie Waffen-SS und italienische Kollaborateure angeblich gegen Partisanen vorgingen, aber tatsächlich Zivilbevölkerung und Dörfer in der Toskana 1944 systematisch auslöschten. Bei den allzu lange kollektiv verdrängten Massakern wurden vor allem Frauen und Kinder ermordet.
Olgers Eigenproduktion beleuchtet die bestialischen Verbrechen und die fragwürdigen Umstände, unter denen die Gräueltaten in den Nato-Partnerländern Italien und Deutschland verdrängt wurden – und in Österreich unter den Teppich der Vergangenheit gekehrt werden. Im Kommunalen Kino wurde deutlich, wie sehr das eindringliche Werk auch ein Film über die Enkelgeneration geworden ist.
Die gut besuchte Vorführung folgte einer Anregung von Landrat Bastian Rosenau (geboren 1980). Im August 2019 hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Rahmen einer Gedenkfeier in Fivizzano und im Beisein des italienischen Staatspräsident Sergio Mattarella um Vergebung für die von Deutschen begangenen Kriegsverbrechen gebeten. Beide betonten, die barbarischen Taten dürften nicht in Vergessenheit geraten – und der sich daraus ergebende Auftrag könne nur lauten: „Nie wieder!“ In Fivizzano kamen auch Rosenau und der aus Wien stammende Regisseur Olger (geboren 1976) miteinander ins Gespräch. Großes Interesse kam dem Dokumentarfilm „Eine eiserne Kassette“ vor allem aus Engelsbrand entgegen. Hier hatte, so formulierte es ein Zuschauer in der abschließenden Filmbesprechung, „ein Enkel seinen“ (als Unteroffizier der Waffen-SS in die Massaker verstrickten Großvater) 2016 „gut beraten, eine Ehrung für sein soziales Engagement zurückzugeben“ (die PZ berichtete).
Eine Kopie des Films „Eine eiserne Kassette“ verbleibt bis zum 23. Februar 2020 im Kommunalen Kino Pforzheim – Vorführungen für Klassen und Schulen sollen, so KoKi-Chefin Christine Müh, auf Anfrage angeboten werden.