Stefan Bircheneder setzt Arbeiterspinden ein künstlerisches Denkmal. Foto: Baumgärtel
Gern hinter Gittern: der kunterbunte „Schwarzmaler“ und Alternative-Künstler Jim Avignon. Foto: Baumgärtel
Ihre Wolkenkunst fällt aus dem Rahmen: Ramona Czygan. Foto: Baumgärtel
Kultur
art Karlsruhe lässt Augen von Künstlern und Besuchern leuchten
  • Claudius Erb

Rheinstetten. Enorme Magnetwirkung hat die diesjährige Auflage der 2004 gegründeten art Karlsruhe entwickelt – insbesondere am Abschlusswochenende, an dem Besucher im großen Gewusel zeitweise nur im Gänsemarsch vorankamen. „Schön, dass die art immer mehr angenommen wird“, sagt der Pforzheimer René Dantes, dessen Skulpturen gleich an mehreren Standorten die Blicke bannten, in seinem Resümee.

Diese Messe habe sich nicht nur etabliert, sondern ziehe inzwischen bis ins Ausland Kreise. „Es wird viel gekauft“, betont Dantes, verweist aber zugleich auf langfristige Effekte. Besonders freut Dantes, immer mehr junge Gesichter im Publikum auszumachen: „Die Jugend ist da!“ Gerade in Zeiten, da „kulturelle Erziehung zu Hause kaum noch stattfindet“, sei dies wichtig und lasse Berührungsängste schwinden. „Die Distanz und der museale Flüsterton sind weg“, so Dantes, das sei „wohltuend“.

Klar, auch bei dieser art gab es wieder etliche große Namen zu stattlichen Preisen. Mindestens ebenso spannend waren aber die außergewöhnlichen Entdeckungen, die das Lustwandeln durch die vier Hallen ermöglichte. So wie das kreisrund gerahmte Gewölk, das Ramona Czygan am Stand der Greifswalder Galerie STP präsentierte: himmlisch Flüchtiges als Cyanotypie auf Büttenpapier, also im Spannungsfeld zwischen Fotografie und Malerei, im Bild gebannt. Als „sehr breit gefächert“ hat Czygan das Publikum erlebt – von den nüchtern urteilenden Kunstsammlern am ersten Messetag bis zu den Hobby-Fotografen und Enthusiasten am Wochenende und den dann „sehr herzlichen Gesprächen“. Die Geschäfte auf der art liefen stets gut – „nie mega, aber auch nie schlecht“.

Viel Arbeit steckt Stefan Birchen-eder in die mannshohen Werke, die er bei der Brouwer-Edition präsentierte: mit Holz und Leinwand gebaute und fotorealistisch mit dem Pinsel „bestückte“ Spinde, wie sie in natura in Fabrikhallen zu finden sind. „Ich will mich dem Arbeiter nähern, ohne ihn selbst zu zeigen“, so Bircheneder. Der Spind biete das einzige Eckchen Privatsphäre in einem sonst anonymen Arbeitsumfeld. Von der art ist er „begeistert“, weil er hier mit Kuratoren, Galeristen und anderen Künstlern netzwerken könne und es „kein Konkurrenzdenken“ gebe. „Die Entwicklung passt mir“, sagt der österreichische Künstler Peter Kohl, dessen irrwitzige und meist tierwitzige Malerei Jahr um Jahr auf der art mehr Beachtung findet, was seine stetig steigenden Preise belegen: „Gerade die jungen Leute sind sehr interessiert.“

Eben überwiegend Jüngere haben auch täglich den „Black Market“ der Stuttgarter Galerie Schacher regelrecht belagert, wo der international angesagte Pop-Art- und Alternative-Künstler Jim Avignon die sprichwörtliche Katze im Sack anbot. Besucher mussten sich darauf einlassen, Avignons vor Ort in Windeseile gemalte Werke zu erwerben, obwohl sie davon zunächst nur die schwarze Rückansicht und den – stets überaus moderaten – Preis kannten. Mit fünf Verkäufen pro Messetag habe er gerechnet, bei 20 musste er dann jeweils die Reißleine ziehen, sagt Avignon im PZ-Gespräch. Hinter symbolischen Gitterstäben in einer Art Künstlerkäfig hatte er vor aller Augen quasi rund um die Uhr zusätzlich Farbe auf die art gebracht. Zu Hause male er auch im Wohnzimmer, wo seine Tochter tobe, berichtet Avignon verschmitzt. „Sehr freundlich“ und „überraschend locker“ sei hier das Publikum: Viele der Kunden seines „Schwarzmarkts“ hätten „zum ersten Mal in ihrem Leben ein Bild gekauft“.

Jeder finde hier seine Nische, die art stehe für Vielfalt, fasst der Pforzheimer Dantes am Schluss den Reiz zusammen und spricht mit seinem Fazit ganz sicher dem Gros der Besucher aus dem Herzen: „Was für ein Vergnügen!“

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