Die Fassade des „Bären“ an der Eutinger Hauptstraße hat vor kurzem einen neuen Anstrich erhalten. Am Eingang wird auch auf den ursprünglichen Gasthof-Namen „Stadt Pforzheim“ verwiesen. Foto: Frei
Pforzheim
„Alteingesessener Gasthof zu kaufen“: Für den „Bären“ in Eutingen wird ein neuer Besitzer gesucht
  • Thomas Frei

Pforzheim-Eutingen. Wenn Hinzugezogene überlegen, warum die Eutinger Traditionsgaststätte „Stadt Pforzheim“ nur „Bären“ genannt wird, dann denken sie möglicherweise an die durch den Staatsgerichtshof Baden-Württemberg im Jahr 1975 erfolgte Zwangseingemeindung in die Nachbarstadt und dass man nicht deren Namen in den Mund nehmen möchte. Doch der Ursprung der Doppel-Bezeichnung geht auf das Jahr 1876 zurück. Aktuell dagegen ist: Für den „Bären“ wird ein neuer Besitzer gesucht. „Alteingesessener Gasthof in 75181 Pforzheim zu kaufen“ lautet eine Annonce in der „Allgemeinen Hotel- und Gastronomie-Zeitung“.

„Es ist zunächst mal ein Versuchsballon“, sagt „Bären“-Wirt Heinrich Schuster. Er sei inzwischen Mitte 60 und gesundheitlich sei es auch nicht mehr wie früher. Deshalb denken er und seine Ehefrau Sheryl an einen Verkauf. Ob die Kinder nach Eutingen zurückkehren, sei ungewiss. Die Tochter (24) studiert in Paris und will Trickfilmerin werden. Der 22-jährige Sohn ist zwar im Fach tätig, derzeit nach ersten Stationen in gehobenen deutschen Häusern als Koch in einem Hotel in Seattle (US-Bundesstaat Washington), und er kommt im Herbst zurück nach Deutschland, um die Hotelfachschule in Heidelberg zu besuchen.

Aber was er dann vorhat? „Eutingen und den ,Bären‘ vermutlich nicht,“ sagt der Vater, der aber die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben hat, eine Nachfolge aus der Familie zu finden.

Ein Blick zurück: 1800 war eine Wirtschaft an der Eutinger Hauptstraße erbaut worden. 1875 hatte sie August W. Steudle (er führte zuvor den „Adler“ im Ort) übernommen, zu der auch elf Hektar Landwirtschaft gehörten. Die wurden vom Hausherrn bestellt, seine Frau Karoline führte den Gasthof, den sie „Stadt Pforzheim“ nannten. Ob sie ein wenig städtisches Flair ins Dorf bringen wollten?

Markenzeichen an der Fassade

Bereits ein Jahr nach der Eröffnung wurde Steudle Witwer und verpachtete sein Gasthaus an den „Bären“-Wirt von Pforzheim, der auf die Fassade einen Bären malen ließ, „damit die Pforzheimer wussten, wo ich hingekommen bin“. Schon 1877 übernahm August W. Steudle wieder seine Wirtschaft, der Bär wurde aber bis auf den heutigen Tag nicht mehr entfernt. Er ist zum gastronomischen Markenzeichen geworden.

1905 traten Sohn Adolf Wilhelm und seine Frau Emma in den Betrieb ein, den diese 1935 nach dem Tod ihres Mannes allein weiterführte, ehe sie ihn im August 1939 an ihren Sohn Adolf und seine Frau Wilma übertrug. Den Vornamen Adolf erhielt auch deren Sohn, der als gelernter Metzger und Koch zusammen mit seiner Frau Marianne im Juli 1966 die Verantwortung für den „Bären“ in vierter Generation übernahm.

Heute hat der – neben der in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen „Krone“ und dem „Friedrichs-hof“ – dritte noch bestehende Eutinger Traditionsgasthof fünf Gasträume (darunter einen großen Saal) mit zusammen 400 Sitzplätzen im Haus und auf der Terrasse, zudem 19 Übernachtungszimmer. Neben einer treuen Stammkundschaft aus der Umgebung und darüber hinaus treffen sich im „Bären“ viele Gruppen und Vereine, es finden Versammlungen, Jubiläen, Hochzeiten und andere private Feiern statt. Dies war auch von Heinrich und Sheryl Schuster weitergeführt worden, die über all die Jahre große Unterstützung durch die Steudles fanden.

Übrigens, es war „eine der Geschichten, wie sie nur das richtige Leben schreiben kann“ (PZ im Juli 1978), die die Schusters nach Eutingen führte. Addel, wie Adolf Steudle genannt wird, befand sich mal wieder in Südtirol, kam mit einem Wanderer ins Gespräch und stellte fest, dass der vom selben Fach war. Ein paar Wochen später meldete sich ein Anrufer: „Sie haben doch einem Kollegen erzählt, dass Sie Ihre Gaststätte in jüngere Hände geben wollen.“ Man traf sich, die Chemie stimmte. Heinrich Schuster, aus Benningen (Kreis Ludwigsburg) stammend, hatte es früh in die weite Welt gezogen. In den USA lernte er schließlich seine Frau kennen.

Dieses Gastro-Kapitel soll nun zu Ende gehen? „Sheryl steht früh auf, denn die Übernachtungsgäste wollen oft um 6 Uhr frühstücken. Ich bin vormittags und übers Mittagessen und dann am Nachmittag wieder in der Küche. Bei Hochzeiten schließen wir auch schon mal erst morgens um vier ab. Und bald danach geht es wieder weiter,“ sagt Heinrich Schuster. Daher denke man an den Verkauf des „Bären“ und will mit der Anzeige testen, ob es Interessenten gibt. Wenn nicht, habe er auch einen „Plan B“. Er könnte die Küche und die Gasträume verkleinern und zusätzliche Zimmer schaffen. Eutingen wollen er und seine Frau jedenfalls nicht verlassen: „Hier fühlen wir uns wohl.“