Udo Müller demonstriert, wie er in normalen Zeiten an seinem Stuhl arbeitet. Janine Kuppe (links) und Treffleiterin Wencke Ruof präsentiert in der Werkstatt ein Bild, das mehrere Besucher gestaltet haben. Foto: Meyer
Pforzheim
Anker in schweren Zeiten: So unterstützt Caritas-Tagesstätte psychisch Kranke

Pforzheim. Zu normalen Zeiten verteilen sich 42 Menschen auf die Caritas-Tagesstätte für psychisch Kranke im ersten Stock an der Dillsteiner Straße 3. Manche trinken Kaffee und unterhalten sich, andere sind kreativ im Förderbereich. Udo Müller arbeitet normalerweise im Rahmen des Projekts Einzigware zweimal in der Woche unter anderem an wunderbaren Stuhlunikaten. Doch normal ist nichts im Moment. Und so muss er sich mit der Möglichkeit begnügen, in der Notgruppe unterzukommen.

Dafür muss er sich vorher telefonisch anmelden. Ihn bringt die Ausnahmesituation um den Schlaf und der Verzicht auf das Arbeiten in der Werkstatt. Je sechs Personen treffen sich momentan an der Dillsteiner Straße 3 werktäglich morgens und eine weitere Gruppe nachmittags für je gut zwei Stunden. Mit Abstand und unter Einhaltung der hygienischen Regeln. Wencke Ruof, die seit vergangenem Jahr die Tagesstätte mit Förderbedarf leitet, weiß, wie schwierig es momentan für Einzelne ist, ohne Absturz durch den Tag zu kommen. Sie betreut mit insgesamt acht Mitarbeitern beispielsweise Menschen mit Depressionen, Schizophrenie und auch Angststörungen. Menschen, die durch diese Anbindung an die Tagesstätte so stabil sind, dass ihnen mitunter ein Klinikaufenthalt erspart bleibt. Und gerade für jene sei die Perspektivlosigkeit schwer zu ertragen, sagt Fachbereichsleiterin Teresa Neuhaus. Die Unsicherheit, wann sie die Tagesstätte wieder ganz nach ihren Bedürfnissen betreten dürften. Das Thema Suizid trete dieser Tage in den Gesprächen stärker in den Vordergrund, sagt Neuhaus. Und dann sei eine schnelle Vermittlung zu einem Experten oftmals wichtig. Ein Beratungsteam der Landesklinik Nordbaden bietet regelmäßig eine psychiatrische Institutsambulanz an.

Finanzierung ist gesichert

Nicht immer gelingt es, mit den Betroffenen auch nur telefonischen Kontakt zu halten, sagt Ruof. Dann bleibe die Ungewissheit, was los sei. Persönliche Gespräche würden im Freien vereinbart. Bei akuten Krisen kläre der sozialpsychiatrische Dienst im Notfall eine Behandlung oder auch Einweisung in die Psychiatrie ab. Viele trauten sich aus Angst vor dem Corona-Virus nicht mehr aus dem Haus. Die Finanzierung ist seit vergangenem Jahr durch die Unterstützung von Stadt und Enzkreis gesichert.

Im Jahr 2019 kamen 322 Besucher ins Haus, 55 Prozent waren Frauen. Die Außenstelle registrierte vor Corona bei der Öffnung einmal pro Woche je 20 Besucher. Insgesamt kommen 30 Prozent der Besucher aus der Region. Wo früher in der Tagesstätte auch Schach gespielt wurde, ist heute lediglich Karten spielen möglich - wegen des Mindestabstands. Eine Frau hat ihre Strickarbeiten mitgebracht, ein anderer Besucher spielt Puzzle. Am meisten fehle das Gespräch, sagt Müller. Und manchem fehlt auch nur der Dienstagnachmittag als fester Termin für die Gesellschaftsspiele. Gemeinsames Essen oder auch Malen: All das muss warten. Die Frage ist, wie lange.

„Menschen in Not“ unterstützt Kochbereich

Die PZ-Aktion „Menschen in Not“ unterstützt die Tagesstätte mit 4330 Euro. Die Tagesstätte mit Förderbereich am Sedanplatz im Haus der seelischen Gesundheit ist eine niederschwellige Anlaufstelle für psychisch Kranke. Ein ganz wichtiger Teil des Angebots war bis vor einigen Wochen die gemeinsame Zubereitung der Mahlzeiten und das Essen in großer Runde. Dafür sind funktionierende Küchengeräte wichtig. Die Spülmaschine kommt an ihre Kapazitätsgrenzen. Der Backofen heizt nur noch einseitig, und eine Herdplatte ist defekt. Aus Caritasmitteln soll zunächst der Arbeitsplatz vergrößert werden, damit sich mehr Besucher künftig an der Essenszubereitung beteiligen können. Durch einen Ausbau der Küchenzeile wird für mehr Stauraum gesorgt. Die Kosten für Spülmaschine, den Backofen und das Kochfeld trägt „Menschen in Not“. Die Spülmaschine ist bereits installiert und wartet darauf, im Tagesstättenbetrieb zum Einsatz zu kommen. Der normalen Essensbetrieb soll nach der Corona-Krise wieder aufgenommen werden.