
Architekten aus Toronto inspizieren Pforzheimer Hochhaus
Pforzheim. Ya’el Santopinto und Graeme Stewart aus dem kanadischen Toronto sind um den halben Globus geflogen, um in Pforzheim hoch hinaus zu gelangen. Genauer: aufs Dach des Hochhauses an der Güterstraße 30.
Die Gesellschaft Pforzheimer Bau und Grund hat es vor rund zehn Jahren erworben, Architekt Jochen Freivogel war federführend bei der Aufstockung und Generalsanierung, die in vielerlei Hinsicht Pioniercharakter hat. Dies sei „ein Projekt, das inzwischen in Deutschland jeder kennt“, verdeutlicht Freivogel im PZ-Gespräch die Strahlkraft, die nun im Wortsinn grenzenlos scheint. Das Erfolgsrezept: Das mehrfach preisgekrönte Gebäude setze nicht nur technisch und energetisch, sondern auch städtebaulich sowie mit Blick auf die Nachverdichtung und das Wohnen in der Stadt Maßstäbe. „Fantastisch“, urteilt Graeme Stewart nach dem Rundgang an diesem Dienstagnachmittag, und Ya’el Santopinto betont: „Wir müssen dazulernen, und genau das können wir hier tun.“
Die Gäste aus Kanada arbeiten für das große Büro ERA Architects und sind Teil einer Denkfabrik, die nach Lösungen für eine Mammutaufgabe sucht. Allein im Großraum Toronto gebe es rund 1000 Wohntürme von jeweils deutlich mächtigerer Dimension. Auch diese Gebäude seien in den 1960er- und 1970er-Jahren entstanden, auch bei ihnen bestehe dringend Handlungsbedarf, berichtet Stewart. Allerdings: Deutschland sei Kanada bei solchen Projekten gut 20 Jahre voraus. „Dank der hier gesammelten Eindrücke können wir in unserer Heimat zeigen: Man kann solch ein Passivhaus tatsächlich umsetzen.“ Dies sei enorm wichtig, um kommunale und überregionale Regierungen, aber auch private Bauherren und -träger sowie die Industrie davon zu überzeugen, dass ein großer Wurf sinnvoller sei als kleine Reparaturen, und dass nicht immer abgerissen und neu gebaut werden muss.
„Bau und Grund“-Geschäftsführer Wilfried Wibusch erinnert an den schlechten baulichen und energetischen Zustand, in dem sich dieses Wohnhochhaus befand. Und er schildert, wie die Idee reifte, mit visionären Partnern und staatlicher Förderung ein Leuchtturmprojekt daraus zu machen (die PZ berichtete).
Den kanadischen Besuchern imponiert die Aussicht aus einer der Penthouse-Wohnungen. Von höchstem Interesse ist für sie aber das, was Matthias Rammig und Helmut Meyer von der Transsolar Energietechnik GmbH im Keller vor Augen führen. Passivhausfassade, Sonnenkollektoren und Windkraftanlage münden in ein Energiekonzept, das im Untergeschoss gesteuert wird und bei dem unter anderem auch ein Eisspeicher eine tragende Rolle spielt.
„Man braucht schon Nerven und Durchhaltevermögen“, sagt Architekt Freivogel, „aber insgesamt gab es keine großen Probleme, alle hier tätigen Firmen waren hochmotiviert.“ Eben ein solches Netzwerk von Planern und Machern gelte es, in Kanada aufzubauen, so Santopinto. „Ein guter Designer, gute Handwerker sowie ein aufgeschlossener und entschlossener Eigentümer“: Diese Parameter hat sie als entscheidend dafür ausgemacht, ob solch ein Weg auch in ihrer Heimat mittelfristig zum Erfolg führen kann.