
- Marek Klimanski
Pforzheim. Die Einwohnerzahl von Pforzheim wächst gewaltig, die Zahl der Mehrfamilienhaushalte nimmt zu, Mieten und Immobilienpreise steigen – gebaut werden aber im Wesentlichen Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen. Rund 500 Wohneinheiten sind es, die derzeit an den großen Standorten Wolfsberg, Tunnelstraße, Sedan-Carré, Milchhof, Felsenkeller und an der Carl-Hölzle-Straße projektiert sind, wie Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler im Gespräch mit der PZ überschlägt. Und nur ganz wenige Vier- oder Fünfzimmerwohnungen in manchen Projekten gar keine, seien – fast etwas alibihaft – eingestreut.
Bezahlbare Angebote für Familien mit kleinerem Geldbeutel? Fehlanzeige. „Familien brauchen mindestens eine Vier-Zimmer-Wohnung“, sagt Schüssler. Die Mutter von vier Töchtern weiß, wovon sie spricht. Und hat als Baubürgermeisterin vor einem Jahr das Initiativprogramm Wohnen ins Leben gerufen – um den Bedarf zu erfassen, nach Kräften zu befriedigen und für die Stadt Nutzen daraus zu ziehen. Nämlich Pforzheim als Wohnstadt für und zwischen den kaum noch bezahlbaren Zentren Stuttgart und Karlsruhe zu positionieren, wo die Eltern arbeiten, während die Kinder und in der Freizeit die gesamte Familie am Wohnort die Angebote einer größeren Stadt vorfindet: Gymnasien, Theater, Kinos, Kaufhäuser, Kliniken. Auf mehreren Feldern will Schüssler das Thema vorantreiben.
Das Initiativprogramm Wohnen:
Es besteht aus drei Teilen. Erstens geht es darum, alle Zahlen rings ums Wohnen in Pforzheim zu erheben, das aktuelle und künftige Angebot, die aktuelle und künftige Nachfrage. Zweitens planerisch Weichen zu stellen und Ausrufezeichen zu setzen, auch durch so genannte Leuchtturmprojekte, die etwa beim Kohlebunker in der Oststadt einen ganz neuen, auch optisch anderen Stadteingang gerade in ein sozial wie ästhetisch eher als problematisch wahrgenommenes Quartier schaffen könnten. Und drittens darum, Pforzheim als Wohnstadt auch in größerem Umkreis zu vermarkten und in anderem Licht dastehen zu lassen. Im Frühjahr hat der Gemeinderat mit allen drei Teilaufgaben darauf spezialisierte Büros beauftragt. Ergebnisse sollen im September vorliegen.
Das städteräumliche Leitbild:
Es deckt sich in Teilen mit dem planerischen Ansatz des Initiativprogramms Wohnen und befasst sich mit innerstädtischen Entwicklungsmöglichkeiten. Besonders ins Auge gerückt sind neben dem Kohlebunker der Schlachthof und das frühere Thales-Areal. Letzteres kommt zwar wie berichtet als Interimslösung für das neue Polizeipräsidium Pforzheim in Frage, aber danach durchaus auch für Ideen etwa genossenschaftlichen, gemeinschaftlichen Wohnens in kleineren individuell-privaten Bereichen mit beispielsweise gemeinsamen Gästewohnungen und Waschsalons. Laut Schüssler ist das in schweizerischen und manchen deutschen Großstädten zum Trend geworden.
Auch in Nachverdichtung, dem Bebauen noch immer brach- liegender, teils als Parkplatz genutzter Innenstadtlagen sowie im Aufstocken von Gebäuden um weitere Geschosse in die Höhe sieht sie die Möglichkeit, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen.
Ein neuer Stadtteil:
Als ein „Jahrzehnt-Thema“, also eines, das die städtischen Planer bis zur Realisierung noch längere Zeit beschäftigen wird, bezeichnet die Baubürgermeisterin ein erstmals in dieser Deutlichkeit ausgesprochenes Wohnbau-Vorhaben: „Wir wollen den Pforzheimer Norden entwickeln, wo es bisher Streusiedlung gibt.“ Das gehe etwa beim Tannhoferweg los und ziehe sich über die Autobahn in Richtung Hohberg, wo sich dann das künftige Gewerbegebiet „Viertes Kleeblatt“ anschließen würde. Dazwischen gibt es immer wieder Grünzüge, die von einer Bebauung ausgespart bleiben – den Hauptfriedhof etwa oder auch Landschaftsschutzgebiete, aber alles in allem ist es ein großes Areal für alle Arten von Wohnbebauung, das Schüssler dort im Sinn hat – Ein- und Zweifamilienhäuser, kleineren und auch größeren Mehrgeschoss-Wohnungsbau.
Einfamilienhäuser:
Sind für Sibylle Schüssler wichtig, auch weil die Nachfrage danach hoch ist, die Pforzheim derzeit knapp befriedigen könnte – beispielsweise im Gebiet „Langes Gewann“ – und weil das Wohngebiet „Tiergarten“ ein Erfolg sei, der eine Neuauflage nahelege. Einfamilienhäuser würden allerdings relativ wenige Menschen mit Wohnraum versorgen und deckten auch in Pforzheim eher eine Binnennachfrage derer, die es in der Stadt in die teureren Wohngegenden schaffen, als neue Bürger in die Stadt zu holen.
