Pforzheim
Die Pflege ist ein Pflegefall

Alt werden ist nichts für Feiglinge. Wenn nichts mehr so geht wie früher, muss man sich wieder doppelt anstrengen oder gleich alles neu lernen. Die Tücken des Alltags werden tückischer. Der Kampf gegen Einsamkeit und Langeweile wird zum Ritt gegen Windmühlen. Lebensfreude? Wo noch ein Wille ist, muss im Alter noch lange kein Weg sein.

Aber es kommt noch schlimmer: Alt werden ist nichts für Arme. Wer im Musterländle ein Pflegeheim in Anspruch nimmt, zahlt den vierthöchsten Eigenanteil im Ländervergleich. Bei den hohen Beträgen, die Senioren für die Pflege bezahlen müssen, fragt man sich doch, wozu es eine Pflegeversicherung gibt. Die übliche Rente plus das Pflegegeld reichen bei vielen Hilfsbedürftigen hinten und vorne nicht für einen Platz im Pflegeheim.

Wo kommt dann das Geld her, wenn man lange auf einen Platz gewartet und das Sparbüchle schon geplündert hat? Pforzheim gab 2024 zehn Millionen Euro für Heimhilfen aus und verzeichnete im Vorjahr 9,4 Prozent, also 629 mehr Fälle. Dabei fehlt ein Drittel des städtischen Personals, das die langwierigen Prüfungsverfahren für die Bewilligung der dringend benötigten Sozialgelder abarbeitet. Das bringt Betreiber der Pflegeheime in Not, die die Pflegebedürftigen versorgen und dafür Kosten vorschießen müssen.

Ein Erfolgsmodell ist die Pflege sicherlich nicht. Erst recht nicht, wenn man in die Zukunft schaut. Uns drohen mehr Pflegebedürftige bei weniger Pflegefachkräften und das alles mit einer Pflegeversicherung in der Krise. Für Peer-Michael Dick, Alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats der AOK Baden-Württemberg auf Arbeitgeberseite, klingeln schon die Alarmglocken: „Trotz mehrerer Beitragserhöhungen, zuletzt im Januar 2025, musste eine erste Pflegekasse bereits Finanzhilfe aus dem Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung beantragen, um zahlungsfähig zu bleiben.“ Woanders führt Zahlungsunfähigkeit zur Insolvenz.

Einmal mehr sind hier Politiker mit Herz und Hirn gefordert. Und nicht populistische Schreihälse, die gleich wieder den Sozialstaat blindwütig streichen wollen. Vor allem nicht, wenn andere auf Karibikinseln Briefkastenfirmen eingerichtet haben, um ungestört Steuern hinterziehen zu können.