Oberbürgermeister Peter Boch (Mitte) mit den Preisträgern Peter Wagner sowie Reiner Lichtenberger (von links).
Röhr
Pforzheim
Die weibliche Nebenrolle bei der Portus-Medaille: Außen vor statt ausgezeichnet

Dass es zwei Geschlechter gibt (nämlich Frauen und Männer) und diese im Prinzip bei der Geburt festgelegt werden, gilt als konservative Sichtweise. Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz teilte sie in einem TV-Kandidatenduell, was dem CDU-Mann einige Kritik einbrachte. Und Großbritanniens höchstes Gericht teilte sie diese Woche ebenfalls. In Pforzheim ist das anders: Hier gibt es im Wesentlichen... ein Geschlecht. Nämlich Männer.

Eine Kolumne von PZ-Redakteur Marek Klimanski

Das ist nicht nur auf der Bürgermeisterbank im Rathaus so, wo der Frauenanteil von 50 Prozent im Jahr 2017 auf 25 und dann auf null Prozent sank. Auch der Blick auf die Portus-Medaille, mit der die Stadt außergewöhnliche Leistungen würdigt, zeigt fast ausnahmslos Männer. Auch die zwei jetzt verliehenen gehen an Männer. Unter den 36 Geehrten seit 1998 befinden sich exakt vier Nichtmänner. Also Frauen. Darunter zwei Französinnen und eine Deutsche, die sich um die Partnerschaft mit St.-Maur-des-Fosses verdient gemacht haben, dazu Pforzheims bislang einzige Oberbürgermeisterin Christel Augenstein. Sie wurde 2001 die erste Frau überhaupt auf unserer Bürgermeisterbank – mit Sozialbürgermeisterin Monika Müller und Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler kamen nur noch zwei hinzu.

Weiblichen Geschlechts sind in Pforzheim nicht die Angehörigen der Rathaus-Chefetage oder die Portusmedaillentragenden, sondern – die Enz, die Nagold, die Würm. Namenspatroninnen von Gebäuden in mehr oder weniger gutem Zustand wie Bertha-Benz-Halle oder Emma-Jaeger-Bad. Die Mehrzahl des Erziehungs-, Pflege- und Reinigungspersonals und vermutlich die Mehrzahl derer, die in den heimischen Wänden diese Aufgaben der Care- und Kehrarbeit verrichten. Mit der strukturellen Ungleichheit ein bisschen aufzuräumen, könnte ein lohnendes Betätigungsfeld sein für die Gleichstellungsbeauftragte. Die aktuelle hat sich aber in der Probezeit und nach frauenbewegenden Debatten um ihr eigenes Rollen- und Aufgabenverständnis wieder verabschiedet. Dafür gibt’s vielleicht eine Nachfolgerin, aber sicher keine Portus-Medaille.

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