760_0900_157404_.jpg
Diskutieren über Prostitution: Paul Taube, Leiter des Kulturhauses Osterfeld, Gleichstellungsbeauftragte Susanne Brückner, Ursula Mayr von der Bürgerinitiative Durlach gegen Prostitution, Karen Ehlers von Sisters und Sabine Zeitler von Terre des Femmes (von links).  Foto: P. Löffler 

Es mangelt an Hilfsangeboten für Prostituierte

Pforzheim. Zum Abschluss der Reihe zur Ausstellung „gesichtslos“ im Kulturhaus Osterfeld diskutierten die Pforzheimer Gleichstellungsbeauftragte Susanne Brückner, Karen Ehlers von Sisters aus Stuttgart, einer Hilfsorganisation, die Prostituierte beim Ausstieg unterstützt, und Ursula Mayr aus Karlsruhe von der Initiative „Durlach gegen Prostitution“. Thema im Kulturhaus-Foyer inmitten der Fotografien war die Situation der Prostitution in der Region.

Abgesagt hatte die örtliche Beratungsstelle Aspasia wegen „Einseitigkeit der Veranstaltungen“. Moderatorin Sabine Zeitler hatte Aspasia daraufhin aufgefordert, eine Bürgerinitiative pro Prostitution zu nennen, die auch eingeladen würde, aber keine Antwort erhalten. Aspasia erklärte, dass zwischen Zwangsprostitution und Sexarbeit unterschieden werden müsse – letztere sei „freiwillig“ und „bunt wie das Leben“ und könne auch „als sexuelle Selbstbestimmung ein Werkzeug sein gegen die patriarchale Unterdrückung“. Dem widersprach Ehlers: „Nur ein Bruchteil der Prostituierten tut dies aus freien Stücken – meist Dominas oder sehr wenige Privilegierte“. Zu 95 Prozent seien die Frauen – meistens Migrantinnen – in einer Zwangslage und Prostitution sei für sie deshalb „bezahlte Vergewaltigung“.

Deutschland als Hotspot

Die Psychotherapeutin Ursula Mayr konkretisierte, dass viele Frauen in der Prostitution vortraumatisiert seien und der Verkauf ihres Körpers zu weiteren Posttraumatischen Belastungsstörungen führen würde: „Sie dissoziieren – sie trennen sich mental von ihrem Körper, um dies ertragen zu können.“ Karen Ehlers kritisierte die zu geringen Hilfsangebote: „Leider müssen wir oft finanziell einspringen, weil für die Frauen in der jeweiligen speziellen Situation kein offizielles Netz da ist, das sie auffängt, dabei sind wir ein ehrenamtlich tätiger Verein und finanzieren uns über Spenden“.

„Deutschland ist eines der sehr wenigen Länder, in denen Prostitution legal ist – seit 2002 –und somit eine Dienstleistung, dies hat zu einem eklatanten Anstieg des Angebots und der Nachfrage geführt“, so Sabine Zeitler. Deutschland sei zu einem „Hotspot der käuflichen Sexualität und zum Zielland von Menschenhandel“ geworden und stehe deshalb international in der Kritik durch Organe der EU, UNO und zuletzt auch der OSZE. Daran habe auch das seit 2017 gültige Prostituiertenschutzgesetz nichts geändert mit Regeln wie Anmelde- und Kondompflicht, die klar nicht durchzusetzen seien. Aktuell gibt es laut Amt für Öffentliche Ordnung in Pforzheim zwölf Prostitutionsstätten (vor Corona waren es mehr). Hinzu kommen Terminwohnungen. Seit Verabschiedung des Prostituiertenschutzgesetzes haben sich 498 Personen in Pforzheim angemeldet (hiervon 480 weiblich, 14 männlich, vier divers – 107 mit deutschem Pass) – allerdings in der Regel mit Gültigkeit für das gesamte Bundesgebiet. Diese Personen reisten aus ganz Deutschland an und blieben meist nur wenige Tage bis Wochen. Es sei deshalb nicht nachzuvollziehen, wo und wie lange die Prostituierten dann tatsächlich die Prostitution ausübten und wie viele Prostituierte hier tätig seien. Es gebe keine nur in Pforzheim angemeldeten Menschen in der Prostitution.