
Gehören Sie auch zu den Menschen, die sich von Männern in den 30ern mit vermeintlich teuren Uhren an den Handgelenken sagen lassen müssen, wie sehr Sie im Hamsterrad gefangen sind? Die Männer in den 30ern stehen in Werbespots vor Lamborghinis und ermutigen den arglosen Zuschauer, endlich was aus sich zu machen. Eine Kolumne von PZ-Redakteur Constantin Hegel
Nicht mit Fleiß und Lohnarbeit. Das ist was für die Normalos, für die Schlafschafe. Nein, mit cleverem Investment. Das Geld für sich arbeiten lassen und dann im Lamborghini an der Cote D‘Azur, und so weiter... Das Glück ist zum Greifen nah, durch sogenanntes Manifestieren, also der Methode, allein durch Gedanken Wünsche zur Realität werden zu lassen. Und natürlich mit einer Beratung. Die kostet zwar, zahlt sich später aber tausendfach aus. Ganz bestimmt.
Und jetzt auch in Pforzheim. So zumindest suggerierte es ein Profil auf der Plattform Instagram, das dem des Oberbürgermeisters fast 1:1 ähnelte. Die Fotos: einfach vom Profil von Peter Boch geklaut. Der falsche OB schrieb Pforzheimer an und unterbreitete ihnen fragwürdige Angebote mit Finanztipps. Ein cleverer Schachzug, um Opfer in die Falle zu locken. Schließlich kommen die Tipps vermeintlich von einem Mann, der beim anstehenden Doppelhaushalt mit zweistelligen Millionensummen jongliert. Der sich ein Parteibuch mit dem Black-Rock-Giganten Friedrich Merz teilt. Der es trotz eines erwarteten Haushaltsdefizits von rund 70 Millionen Euro im Jahr 2030 zusammen mit dem Gemeinderat geschafft hat, als einzige Stadt in Baden-Württemberg die Grundsteuer zu senken und den Pforzheimer Grundstücksbesitzern sozusagen 7,5 Millionen Euro in die Geldbörsen zu manifestieren. Wer in diesen Zeiten eine Kommune führt, muss ein fast magisches Händchen für Finanzen haben. Aus keinem Geld wird am Ende trotzdem immer irgendwie zumindest ein bisschen Geld.
Weil Peter Boch aber „niemals unaufgefordert unseriöse Werbung oder Angebote“ verschicken würde, sei der falsche OB leicht zu erkennen, schreibt die städtische Pressestelle. Boch selbst meldete das Profil umgehend, es sei nicht das erste dieser Art gewesen, schreibt er – und spricht von „Identitätsdiebstahl“.
Vielleicht lässt sich aus der Not aber auch eine neue Imagekampagne machen. Forderten doch Stadträte, dass Pforzheim mehr aus seinem Goldstadt-Titel herausholen sollte. Also her mit den Uhren und dem Bling Bling. Und einen Lamborghini fährt doch auch jemand in der Stadt, oder?