Pforzheim. Die inzwischen 87-jährige Geschädigte leidet bis heute sehr unter dem Vorfall, der sich am 11. Januar 2021 ereignet hat. So sehr, dass sie am Tag der Verhandlung nicht vernehmungsfähig ist.
Die Betrugsmasche der falschen Polizeibeamten ist laut dem Kriminalhauptkommissar im Zueugenstand keine Seltenheit mehr. 30 Fälle pro Jahr würde er bearbeiten und einer davon wurde am Donnerstag im Amtsgericht Pforzheim verhandelt. Der 27-jährige Angeklagte muss sich konkret wegen Betrugs in Mittäterschaft verantworten.
Im Januar 2021 ruft ein unbekannter Mittäter die Geschädigte an und gibt sich als Polizeibeamter aus. Es hätte in ihrer Umgebung einige Diebstähle und darauf folgende Festnahmen gegeben. Bei einer dieser Festnahmen hätte man einen Zettel mit ihrer Adresse gefunden, und man vermute sie deshalb als das nächste Opfer der Bande. Als die ältere Dame angibt, sie hätte all ihre Wertgegenstände auf der Bank, teilt der Anrufer ihr mit, dass der Inhalt ihres Schließfachs durch einen Bankmitarbeiter gefährdet sei. Sie solle deshalb den Inhalt abholen und einem weiteren Beamten übergeben. Ausgestattet mit Festnetztelefon und Handy, macht sich die Angeklagte also auf zur Kreissparkasse Pforzheim. Insgesamt trägt sie einen geschätzten Gesamtwert von 81.400 Euro in ihrer Tasche nach Hause. Daheim schöpft das Opfer dann doch Verdacht und fragt den Täter, der dann an der Tür klingelt nach seinem Dienstausweis. Dieser gibt sich als Mitarbeiter des Geheimdienstes aus und erwidert, er hätte keinen Ausweis dabei. Der am Telefon gebliebene Mittäter instruiert die Geschädigte, den Beamten nach einem Codewort zu fragen. Das Codewort „Sonne“ überzeugt die Dame schließlich, dem Täter die Tasche mit einem Inhalt von 33000 Euro Bargeld, 100 Gramm Goldbarren und 31 Goldmünzen zu übergeben. Die Frau behält nur zwei Goldmünzen für die Taufe ihrer Enkelin.
Die Ermittlungen nimmt der Kriminalhauptkommissar auf. Er stellt einen Antrag zur Funkzellenabfrage. Dadurch lassen sich drei Telefonate zwischen dem unbekannten Anrufer und dem Handy des Angeklagten feststellen. Dessen Mobiltelefon hat sich im Tatzeitraum in der Funkzelle befunden, die den Tatort versorgt. Die Nummer des unbekannten Anrufers lässt sich zudem anderen Betrugsdelikten zuordnen. Die Kriminalpolizei entscheidet sich daher für eine Überwachung der einzigen zurückverfolgbaren Nummer, die letztlich zum Angeklagten führt.
Weder Handy noch Beute können aber später bei dem Angeklagten aufgefunden werden. Laut Einschätzung des Kriminalhauptkommissars ist dies jedoch darauf zu begründen, dass es aufgrund der Komplexität des Unterfangens nahezu unmöglich sei, dass die Täter nur zu zweit agiert haben. Vielmehr vermute er eine Bande, die aus dem Ausland agiere, hinter dem Betrug. Der Angeklagte habe wohl als Abholer fungiert und die Beute gegen Bezahlung an einen Mittelsmann weitergegeben.
Aufgrund dieser Einschätzung hält das Schöffengericht eine Verurteilung wegen Beihilfe zu gewerblichem Bandenbetrug für möglich. Alles spreche für den Angeklagten als Abholer. Ohne einen Abholer ginge es nicht, meint Richter Hauenschild. Wenn der nicht mitspiele, gäbe es auch keine Straftat. Das Gericht hält deshalb in diesem Fall einen gravierenden Tatbeitrag für gegeben.
Trotzdem kann an diesem Verhandlungstag keine Entscheidung getroffen werden. Die Verteidigung besteht auf den Versuch einer Befragung der Geschädigten und auf Zeit, um sich auf die veränderte Anklage vorzubereiten.