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Ein Herz und eine Seele: Annabelle und ihre Mutter Gabi lassen sich nicht unterkriegen, auch wenn seit dem Vorfall vor mehr als zwei Jahren nichts mehr so ist, wie es einmal war.  Foto: Roller 

Hirnblutung: Der lange Kampf einer jungen Frau zurück ins Leben

Pforzheim. Die 25-jährige Annabelle ist nach einer Hirnblutung auf Hilfe und auf Spenden angewiesen. Ihre Mutter kümmert sich nach dem tragischem Vorfall rührend um die Tochter.

Der 26. Juni 2016 ist ein Tag, an den sich Gabi immer erinnern wird. Denn an diesem Sonntag vor gut zwei Jahren veränderte sich das Leben ihrer Tochter Annabelle grundlegend.

Es war ein heißer Tag, an dem die deutsche Nationalelf bei der Europameisterschaft im Achtelfinale gegen die Slowakei antrat. „Wir waren den ganzen Tag zusammen, haben Kaffee getrunken und zu Mittag gegessen“, erzählt die 58-Jährige. Am frühen Abend verabschiedete sich die damals 23-jährige Annabelle von ihrer Mutter, um mit Freunden das Fußballspiel zu schauen. Am vereinbarten Treffpunkt an der Schwarzwaldsängerhalle verlor die junge Frau plötzlich das Bewusstsein, wurde ohnmächtig. Ihre Freunde riefen sofort den Notarzt. Annabelle wurde zuerst in ein Pforzheimer Krankenhaus gebracht, dann mit dem Hubschrauber nach Heidelberg geflogen. In ihrem Gehirn war ein Gefäß geplatzt. Es kam zu einer Hirnblutung.

Am seidenen Faden

Annabelle rang mit dem Tod. Die Ärzte konnten der Mutter kaum Hoffnung machen. „Sie haben mir gesagt, ich sollte mich auf die Entscheidung gefasst machen, die Apparate abzuschalten“, erzählt Gabi. Mehrere Stunden musste sie warten, während die Ärzte ihre Tochter operierten. Das Gefühl der Ohnmacht, das Wissen, nichts für die eigene Tochter tun zu können, kann die Mutter nicht in Worte fassen.

Annabelle überlebte knapp. Aber seit jenem Tag im Sommer 2016 ist die junge Frau ein Pflegefall und ständig auf Hilfe angewiesen. Die mittlerweile 25- Jährige ist fast komplett gelähmt und nicht mehr in der Lage zu sprechen, zu lesen oder zu schreiben. Nur ihren Kopf und den linken Arm kann die einst so lebenslustige und aktive junge Frau noch bewegen.

Ihrer Mutter fällt es schwer, über all das zu sprechen, über den mehrwöchigen Klinikaufenthalt in Heidelberg, über die monatelange Therapie in einer Früh-Reha und über die Entlassung mit der Begründung, Annabelle sei austherapiert, man könne nichts mehr für sie tun. „Am Anfang ist eine Welt für mich zusammengebrochen“, sagt Gabi: „Von einer Sekunde auf die andere ist nichts mehr, wie es war.“

Aber weder Annabelle noch ihre Mutter gaben auf. Ihrer Tochter zuliebe blieb die 58-Jährige stark. Zusammen mit weiteren Helfern tut sie alles für ihre Tochter – trotz Vollzeitjob im Friseursalon. Sie engagierte eine Pflegerin, die sich 40 Stunden in der Woche um Annabelle kümmert, kognitive und körperliche Übungen mit ihr macht. Oft geht die Mutter mit ihrer Tochter raus, fährt mit ihr im Rollstuhl spazieren. Im Sommer essen sie Eis. Vor Kurzem waren sie in Bauschlott zum Reiten auf Therapiepferden.

Fünf frühere Freunde schauen vorbei

„Bei uns geht es richtig lustig zu“, erzählt Gabi: „Wir haben Spaß und Annabelle bringt uns oft zum Lachen.“ Die 25-Jährige schaut gerne Musikvideos, liebt es, zu kuscheln, und freut sich, wenn Besuch kommt. Fünf ihrer früheren Freunde schauen regelmäßig vorbei. Der Rest hat sich abgewandt. Gabi freut sich über die Unterstützung, die sie und ihre Tochter erhalten. „Wir haben ein wunderbares Netz aus Freunden, die immer für uns da sind.“ Doch nicht nur aus dem engsten Umfeld, auch von außerhalb erfuhr die Familie Hilfe. So veranstaltete die Biker-Crew Huchenfeld kurz nach dem tragischen Vorfall im September 2016 ein Benefiz-Fest, um Geld für Annabelles Behandlungen zu sammeln. Trotzdem steht die Familie vor großen Sorgen finanzieller Art.

Denn die Krankenkasse bezahlt nur das Nötigste: Krankengymnastik, Logopädie und Ergotherapie. Für alles andere muss die Familie selbst aufkommen: für das Training mit einem Gehroboter, für die Reittherapie, für die Pflegerin, für den zum Transport notwendigen Kleinbus und vor allem für die Therapie in der Slowakei. Denn dort gibt es eine weltweit einzigartige Einrichtung, in der man mithilfe von Raumfahrttechnik die Lebensqualität der Patienten steigern kann.

Ermutigende Fortschritte

Einmal war Annabelle bereits dort. Danach sei sie viel wacher gewesen, erzählt ihre Mutter. „Sie lacht und kann wieder selbst trinken. Sie kann Worte nach Lauten zergliedern, und man hat das Gefühl, dass sie sich mitteilen möchte, aber in ihrem Körper oder in ihrem Geist gefangen ist.“

Deswegen will Gabi mit ihrer Tochter unbedingt wieder dorthin. Aber das ist nicht billig. Knapp 6000 Euro kosten allein Therapie und Unterkunft. Von den Fahrtkosten einmal ganz zu schweigen. Für Gabi spielt das keine Rolle. Sie will, dass es ihrer Tochter gut geht, dass sie eine lebenswerte Zukunft hat. Die 58-Jährige lässt sich nicht unterkriegen. Zusammen mit Annabelle kämpft sie weiter. Jeden Tag aufs Neue.

Wer Annabelle und ihrer Mutter helfen möchte, wendet sich telefonisch an (07231) 720799.

Zum Thema: Hirnblutung

Hirnblutungen, so das Internetportal gesundheitsinformation.de, treten auf, wenn Blutgefäße im Schädelinneren verletzt werden. Die Ursache kann eine schwere Kopfverletzung sein. Es kann aber auch zu einer Hirnblutung kommen, wenn die Blutgerinnung gestört ist und/oder die Blutgefäße im Gehirn geschädigt sind – etwa durch Arteriosklerose oder Bluthochdruck. Häufig ist ein gerissenes Hirnaneurysma der Grund für eine Blutung. Ein Hirnaneurysma ist eine Ausbuchtung einer Schlagader (Arterie) im oder nahe am Gehirn. Wenn ein Hirnaneurysma reißt oder eine Arterie, die sich über die Gehirnoberfläche zieht, läuft Blut in den mit Flüssigkeit gefüllten Raum, der das Gehirn umgibt. Wenn es dort hineinblutet, spricht man von einer Subarachnoidalblutung. Kommt es zu einer solchen Blutung, kann sich das Blut in diesem Raum rasch verteilen und auf das gesamte Gehirn erhöhten Druck ausüben. Dadurch werden auch Hirnregionen geschädigt, die nicht in unmittelbarer Nähe des blutenden Gefäßes liegen. Die Blutung ruft rasch starke Kopfschmerzen hervor und führt unbehandelt häufig zu Bewusstlosigkeit und anderen lebensbedrohlichen Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen und Atemstillstand. Als Folgen der Hirnschädigung kann es auch zu länger anhaltenden oder dauerhaften Einschränkungen im Alltag und Pflegebedürftigkeit kommen – zum Beispiel durch Sprachstörungen oder Lähmungen.

Blutet es aus einer Hirnarterie direkt in das Gehirngewebe hinein, spricht man von einem blutungsbedingten Schlaganfall oder einer intrazerebralen Blutung. Das ausströmende Blut drückt von innen auf das Gewebe und klemmt andere Blutgefäße in diesem Bereich ab. Dadurch stirbt das umgebende Gehirngewebe ab – wie bei einem Schlaganfall. Je nachdem, welche Aufgaben der betroffene Gehirnbereich normalerweise übernimmt, kann es zu unterschiedlichen Beschwerden wie etwa Seh-, Sprach-, Bewegungs- oder Empfindungsstörungen kommen.

Es kann auch in die feinen Spalten zwischen den Hirnhäuten oder zwischen Hirnhäuten und Schädelknochen bluten: Wenn bei einem Sturz zum Beispiel die Gehirnvenen verletzt werden, kann es zwischen die sogenannte Spinnwebenhaut (Arachnoidea) und die harte Hirnhaut (Dura) bluten. Fachleute sprechen dann von einem subduralen Hämatom.

Wenn eine Arterie verletzt wird, die die Hirnhäute mit Blut versorgt, kann es zu einem epiduralen Hämatom kommen. Dann blutet es zwischen Schädelknochen und harter Hirnhaut.