Sie stehen sich inhaltlich nahe, doch bleiben wegen Corona vor dem Kulturhaus Osterfeld auf Distanz: Sibylle Schüssler, Gerhard Baral, Ben Salomo, Mark Pace und Peter Boch (von links).
Pforzheim
Internationaler Pforzheimer Friedenspreis: Ben Salomo setzt Zeichen für Engagement gegen Rassismus und Antisemitismus

Pforzheim. Ein dickes Fell gehöre eigentlich zur Arbeitskleidung eines Battle-Rappers, sagt Jonathan Kalmanovich, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Ben Salomo, 1977 in Israel geboren, mit vier Jahren ins damalige West-Berlin gekommen. Als jüdischer Migrant aufgewachsen mit türkischen und arabischen Migranten im Schmelztiegel. Mit 20 Jahren Rapper geworden, Tendenz: sehr erfolgreich. Doch 2018, da moderiert er seit acht Jahren „Rap am Mittwoch“, steigt er aus – aus Protest gegen zunehmend rassistische und antisemitische Tendenzen in der Rap-Szene, ob aus Provokation oder Überzeugung.

„Es gab keinen Plan B“, sagt Ben Salomo rückblickend. „Das war eine mutige, großartige Zäsur“, so Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen und frühere Bundesjustizministerin. Sie ist zugeschaltet im Livestream, über den die Verleihung des mit 5000 Euro dotierten ersten Internationalen Pforzheimer Friedenspreises aus dem Kulturhaus Osterfeld läuft – nur die Hauptakteure sind dort aus Corona-Gründen präsent – und hält die Laudatio auf den sichtlich stolzen Ben Salomo.

„Wenn mir jemand vor drei Jahren erzählt hätte, ich würde diesen Preis erhalten, hätte ich ihn für verrückt erklärt“, sagt er in seiner Ansprache. Gerade eben hat er sich in das Goldene Buch der Stadt eingetragen und aus den Händen von Oberbürgermeister Peter Boch den Preis entgegengenommen. Gestaltet wurde er von Johanna Seibert, Studierende an der Fakultät für Gestaltung der Pforzheimer Hochschule (die PZ berichtete).

Fast ausschließlich Lob

Über 120 Menschen interessieren sich an diesem späten Vormittag für der auch auf PZ-news übertragenen Livestream und sparen nicht mit Lob für den würdevollen Rahmen, die inhaltliche Stimmigkeit, die personelle Entscheidung der Jury, die Reden aller Beteiligten – insbesondere die Ben Salomos.

Wie Martin Luther King („I have a Dream“) entwirft auch der Ex-Rapper, der seit dem Bruch mit seiner Künstlerkarriere durch Schulen tourt (wie am Hilda-Gymnasium), Vorträge hält und in Workshops agiert, ein Deutschland, in dem er leben wolle und insbesondere seine beiden Kinder aufwachsen sollen: wo keine islamistischen Aufmärsche und rechtsradikalen Plakate toleriert (die Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt noch wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen die Vorsitzenden der Partei „Die Rechte“), keine Attacken auf Synagogen von Gerichten bagatellisiert, wo jüdische Einrichtungen geschützt werden und jüdische Kinder und Jugendliche sich nicht genötigt sehen, aus Angst von öffentlichen Kitas und Schulen auf jüdische Einrichtungen zu wechseln.

Ins Goldene Buch der Stadt Pforzheim – rechts Oberbürgermeister Peter Boch – hat sich Jonathan Kalmanovich alias Ben Salomo eingetragen. Er ist der erste Träger des Friedenspreises (links unten), der von einer Studentin gestaltet wurde. Hüeber

„Frieden ist kein Naturprodukt – es erwächst aus menschlichem Handeln“, zitiert Kulturbürgermeisterin Sibylle Schüssler den früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Wie auch OB Peter Boch würdigt sie in der Tradi-tion des Humanisten Johannes Reuchlin „Dialog und Toleranz als zentrale Kompassnadel für eine menschenfreundliche Gesellschaft“. Glückwünsche senden die Bundestagsabgeordneten Gunther Krichbaum (CDU) und Katja Mast (SPD) sowie die Landtagsabgeordnete Stefanie Seemann (Grüne)

Gekommen, um zu bleiben?

Musikalisch umrahmt wird die Feierstunde von der aus Berlin zugeschalteten Band Lechaim. In einem Videoclip ist auch ein nachdenklicher Ben Salomo zu sehen, der sich die Frage stellt, ob 1700 Jahre nach einem Dekret des römischen Kaisers Konstantin die Juden in Deutschland angekommen sind.