Alison Bussey und Pedro Treig Garcia nehmen schon mal auf dem Boden der künftigen Küche Platz.
Röhr
Pforzheim
Jugendtreff in neuen Räumen: „Menschen in Not“ unterstützt die Anlaufstelle in Pforzheim

Pforzheim. Die Fenster sind verklebt. Die Räume im Erdgeschoss an der Ecke Güterstraße und Christophallee lassen erahnen, dass drinnen Bauarbeiten stattfinden. Tatsächlich: Die Stadtjugendring Betriebs gGmbH richtet dort einen neuen Jugendtreff ein. Auf einer Fläche von mehr als 200 Quadratmetern entsteht Großartiges. „Ein Gruppenraum, Büro, ein Jugendbereich sowie eine Küche mit Thekenbereich sind geplant“, verrät Pedro Treig Garcia. Willkommen sind dann Mädchen und Jungen, die eine weiterführende Schule besuchen. Das heißt, wer mindestens zehn Jahre alt ist, kann sich auf die neue Anlaufstelle freuen. Im Jugendtreff Nord, der bislang an der Brettener Straße 20 verortet ist, finden maximal 15 bis 20 Jugendliche Platz. Hier wird es künftig Beratungsräume geben. „Das war für die Jugend der Nordstadt schon lange zu wenig Raum“, weiß Garcia. Seit vielen Jahren habe man nach geeigneten Räumen gesucht.

Nun ist man eben an der Güterstraße fündig geworden. In den Räumen sollen, analog zum Haus der Jugend, 80 bis 100 Mädchen und Jungen pro Öffnungstag Raum für sich finden. Drei Hauptamtliche plus Auszubildender werden sich um die Gäste kümmern. Und es sind keine Fremden: Ein Mitarbeiter, der hier eingesetzt werden soll, hat den Bundesfreiwilligendienst im Haus der Jugend absolviert und beendet derzeit seine Ausbildung als Jugend- und Heimerzieher. Auch die anderen sind aus dem Haus.

Nordstadt Jugendtreff Menschen in Not
Susanne Knöller (links), Vorsitzende von „Menschen in Not“, mit den StadtjugendringVerantwortlichen Garcia und Bussey vor den neuen Räumlichkeiten an der Güterstraße.
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Die Türen werden aller Voraussicht nach immer um 15 Uhr geöffnet. „So machen wir es im Haus der Jugend auch“, sagt Garcia. Noch sind die Öffnungszeiten aber nicht fix. „Das kommt auf die Hausgemeinschaft an.“ Wenn abends früher Schluss gemacht werden müsse, könnten die Jugendräume von 14 bis 20 Uhr öffnen. „Wir werden sehen“, meint Alison Bussey, Geschäftsführerin der Stadtjugendring Betriebs gGmbH, und verweist auf den derzeitigen Standort in der Nordstadt. „Die Räume an der Brettener Straße sind in einem Wohnhaus, und deshalb müssen wir um 20 Uhr schließen.“ Die beiden wissen, dass das keine so perfekte Zeit für Jugendliche ist. Deshalb: „Noch ist nichts entschieden.“ Das Programm werde wie ein bunter Strauß sein und sich an der Altersstruktur der Besucher orientieren. „Es kommt immer auf deren Interesse an“, verrät Garcia. Kurse, Turniere, Tischtennis, Billard, Darts, Musik und Kochen wollen die Verantwortlichen anbieten. „Kochen vor allem, um mit den Jugendlichen eine Beziehung zu schaffen“, plaudert er aus dem Nähkästchen. „Dann öffnen sich die Mädchen und Jungen und kommen bei Problemen auf die Mitarbeiter zu.“ Nur so könne das Stadtjugendring-Team in solchen Fällen unterstützen. „Beim Kochen passiert alles auf engem Raum, man ist nahe beieinander.“ Gerade Jungs, die aus traditionell geprägten Familien kommen, wo Kochen Frauensache ist, wollen die Sozialarbeiter so knacken. „Deren Denkweise soll offener werden“, erklärt Garcia weiter. „Zum Kochen gehören nämlich auch Pflichten wie das gemeinsame Abwaschen“, und gerade in diesem Kontext fänden gute Gespräche statt. „Beim gemeinsamen Schnippeln, Anbraten oder dem Kontrollieren des Gargrads können wir vermeintlich beiläufig über schwere Themen sprechen“, verrät Alison Bussey. „Wenn jeder auf seine Finger achtet, beginnt ein unverfänglicher Austausch, bei dem man sich nicht anschauen muss.“

Nordstadt Jugendtreff Brettener Straße
Die Küche im Jugendtreff an der Brettener Straße bleibt erhalten – in den Büroräumen werden dann Beratungen stattfinden.
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„Mädchen und Jungen dürfen einfach hier sein, ohne Anforderungen, denn es gibt keine Erwachsenen, die sagen: ,Du musst dein Zimmer aufräumen oder du musst für die Schule lernen‘.“ Hier könnten sie einfach nur da sein, sie könnten sich also entspannen. Vertrauen entstehe. Und dann kommen auch gravierende Themen zur Sprache. Jugendliche seien voller Überraschungen. Erst vor ein paar Tagen ging bei Bussey am frühen Abend ein Anruf von einem Mitarbeiter vom Haus der Jugend ein: Einer der Besucher wollte nicht nach Hause. „Er hatte Angst, weil er vom Vater geschlagen wird“, erzählt die Geschäftsführerin. Dann habe die Hilfe schnell eingesetzt: Zu später Stunde sei die Bereitschaft des Jugendamts nicht mehr zu erreichen gewesen. „Also haben wir die Polizei gerufen.“ Dann sei der junge Mensch in Obhut genommen worden. Konkret heißt das, dass eine Pflegefamilie spontan zusagt oder ein Platz in einer Einrichtung gefunden wird.

Wenn die Räume an der Brettener Straße gut besucht sind, bleibt zumBillardspielen mit den langen Queues, also den Stöcken, kaum Platz.
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Die Zahl derer, die Angst vor ihrem Zuhause haben, nimmt zu, beobachtet das Team um Pedro Treig Garcia vom Haus der Jugend. „Es gibt immer mehr schwierige Konstellationen mit komplexen Problemlagen.“ Da gelte es, gut zu reagieren und eine geeignete Stelle zu finden, wo die Jugendlichen die Hilfe erhalten, die sie benötigen. Garcia ist seit 20 Jahren in seinem Beruf tätig. „Diese Häufung gab es noch nie“, bilanziert er.

„Menschen in Not“ übernimmt die Kosten für eine Küche im neuen Jugendtreff Nord. Rund 15.000 Euro sind dafür veranschlagt. „Mein Anspruch ist, den Jugendlichen etwas Schönes hinzustellen“, sagt Bussey. „Sie wissen es zu schätzen, das sieht man am Haus der Jugend.“ Dort sei nichts verratzt, sondern in einem Top-Zustand. Die Jugendlichen werden sich im neuen Jugendtreff sicher ähnlich für die gute Arbeit bedanken.

Das sind die großen Projekte

Im Rahmen der Weihnachtsaktion 2024 stehen vier große Projekte im Vordergrund. Erstes großes Thema ist die Ernährung. In Pforzheim bieten das Lukas-Zentrum und der Diakoniepunkt KF abwechselnd Mahlzeiten für die Jüngsten der Gesellschaft – Lernbegleitung inklusive. Das Stadtteilzentrum an der KF und das Familienzentrum Au leisten ein für alle Altersklassen offenes Angebot, das das mit großem Erfolg angenommen wird. Mit insgesamt rund 100.000 Euro unterstützt „Menschen in Not“ die Essensangebote.

Im Bernhardushaus an der Barfüßergasse, dem Zentrum für Familien, findet für Mädchen und Jungen Betreuung nach der Schule statt. Zuerst gibt es ein Mittagessen, dann Hausaufgabenhilfe. Zum Toben nach einem vollgepackten Tag wird ein Kellerraum ausgebaut. „Menschen in Not“ fördert die Maßnahme mit 10.000 Euro.

In der Pforzheimer Nordstadt entsteht ein neues Jugendzentrum. Beim Kochen findet individuelle und wichtige Arbeit zwischen Gästen und Betreuern statt. Dabei werden brandheiße Themen besprochen.

Der Hilfsverein unterstützt den Stadtjugendring mit 15.000 Euro beim Kauf einer Küche.

Beim Projekt „Kinder stärken im Quartier“ gibt es Praktisches für Mädchen und Jungen aus der Oststadt. Sie sollen Selbstsicherheit und gewaltfreien Umgang lernen. Es gilt, die Jugendlichen fit für die Zukunft zu machen. Zum Ankommen der Mädchen und Jungen gibt es dann auch immer ein Frühstück. 5000 Euro benötigt der Träger Pro Familia als Startguthaben.

Weiter gefördert werden die Tafeln in Pforzheim, Remchingen, Mühlacker und Bad Wildbad im kommenden Jahr. Jede Einrichtung erhält eine Unterstützung in Höhe von 2000 Euro pro Monat, um haltbare Grundnahrungsmittel zu erwerben, die sonst nicht dort zu kaufen sind, weil sie von Supermärkten nicht abgegeben werden.

Und natürlich werden auch die Vesperkirchen weiterhin finanziell von „Menschen in Not" gefördert: Die Pforzheimer Vesperkirche erhält 50.000 Euro, die Vesperkirche in Remchingen 7000 Euro.