Pforzheim
Mario Ludwig im PZ-Forum: Tiere sind auch nur Menschen
  • Thomas Kurtz

Der Mensch als Krone der Schöpfung? Nach einem höchst vergnüglichen Abend mit Mario Ludwig und Martin Seidler im PZ-Forum kommen Zweifel auf, denn Mensch und Tier unterscheiden sich nur minimal. Und komisch sind nicht nur die Vierbeiner.

Tieren ist nichts Menschliches fremd. Sie benehmen sich kein bisschen unflätiger oder anständiger, sie haben die gleichen Gelüste, Sorgen, Leidenschaften und Perversionen. Mit dem Unterschied, dass es Tiere vorziehen, über die nur rudimentär behaarten und mit allenfalls mittelmäßigen Sinnen ausgestatteten Zweibeiner in der Öffentlichkeit nicht lauthals zu lachen. Anders herum lief es im PZ-Forum. Das Publikum war tierisch gut drauf, weil die Tiergeschichten und -gedichte, die Mario Ludwig und Martin Seidler erzählten und rezitierten, ansteckend komisch waren. Selbst das tödliche Schicksal einer Maus in der Falle oder die motorischen Ausfälle von betrunkenen Igeln und kiffenden Delfinen hielten kaum jemanden vom Schmunzeln ab. Ganz schön respektlos und albern, diese Zweibeiner.

PZ-Kolumnist, Biologe, TV-Talkgast und Katzenfütterer Mario Ludwig sowie Gassigeher Martin Seidler, das bekannte SWR-Fernsehgesicht mit der sonoren Stimme, Moderator von „Kaffee oder Tee“ und „Landesschau“, hatten sich auch alle Mühe gegeben, die Tierwelt unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten zu beleuchten und Skurriles herauszufiltern.

Seidler hatte sich dabei in der Welt der Poesie umgesehen, folgte genüsslich wie augenzwinkernd den Spuren von Minimallyriker und Maximalkomiker Heinz Erhardt, und bediente sich für die eher besinnlichen Momente bei Erich Kästner, dessen April-Gedicht er zu Musik rezitierte, und am zwischen Gitterstäben darbenden „Panther“ von Rainer Maria Rilke.

Wenn die Schneckenfalle zum Bierzelt wird

Ludwig, das wandelnde Biologie-Lexikon mit dem Hang zum Kuriosen, nahm jeweils den Faden auf und spielte mit seinen komischen Tiergeschichten den Ball zurück. Ein ums andere Mal bewies er damit, dass nichts verrückter ist als die Realität. Und die wiederum unterscheidet sich bei Mensch und Tier nicht prinzipiell, nur in der Wahl der Mittel. So lassen Delfine keinen Joint, sondern einen giftigen Kugelfisch kreisen, während Igel durchaus einen Platz am Zweibeiner-Stammtisch verdient hätten, trinken sie doch gerne Bier – am liebsten aus den Schneckenfallen. Das Duo auf der Forumsbühne hatte selbst sichtlich Spaß an diesem tierisch guten Abend. Der eine im Leuchtturmformat, der andere im Normalmaß, der eine Hundebesitzer mit souveräner Sitz-Platz-Attitüde, der andere ein schelmischer Bediensteter seiner Katze – Seidler und Ludwig bieten reichlich Gegensätze und Reibungspunkte, gehen dabei das Risiko ein, nur auf ein knapp skizziertes Minimalkonzept zu bauen und ansonsten ihrer Spontaneität zu vertrauen. Es hat im PZ-Forum bestens funktioniert, wie die heftigen Lacher bewiesen haben. Klar, dass beide nicht ohne Zugabe gehen durften.

Erotische Höhepunkte aus 164 Folgen „Ludwigs Tierleben“

Im Januar 2013 war es, als die erste Folge von „Ludwigs Tierleben“ in der PZ erschien – und bei PZ-Lesern auf großes Interesse stieß. Bis heute hat der Biologe in 164 Folgen über Kuriositäten aus der Tierwelt berichtet. Eine Auswahl:
-Heiße Bilder: Männliche Rhesusaffen sind auch nur Männer. Sie sehen sich besonders gerne Fotos mit den Hinterteilen von Artgenossinnen an – und sie sind sogar bereit, sich dieses Vergnügen etwas kosten zu lassen. (Folge 46)
-Schnapsdrosseln: Amsel, Drossel, Fink und Star sind trinkfester als Menschen. Forscher haben berechnet, dass sie alle acht Minuten eine Flasche Wein trinken können, ohne betrunken zu werden. Denn das Enzym Alkoholdehydrogenase, das im Körper für den Alkoholabbau verantwortlich ist, liegt in ihrem Körper in einer 14-fach höheren Konzentration als beim Menschen vor (Folge 3).

-Käfer liebt Bierflasche: In den 1980er-Jahren verliebten sich Millionen von Käfern in leere Bierflaschen. Der Grund: Die Herren der Käferart Julodimorpha bakewelli haben an die Damen drei Ansprüche: Sie müssen gold-orange sein, gekörnte Flügeldecken besitzen und möglichst groß sein. All diese Punkte erfüllten die Flaschen einer bekannten australischen Biermarke. Nach den Bitten besorgter Tierschützer ändere die Brauerei ihre Flaschen – sie wurden grün und glatt. (Folge 57)
-Schmusende Schnecken: Weinbergschnecken zelebrieren das längste Vorspiel der Welt. Vor dem Sex richten sich die zwittrigen Tiere mit aneinandergelegten Fußsohlen auf und wiegen sich in sanftem Takt hin und her. Das heißt: Schnecken schmusen richtig – und zwar bis zu 20 Stunden lang. (Folge 70)
-Wenn der Papa zur Mama wird:  Bei männlichen Clownfischen herrscht eine, nach ihrer Größe gestaffelte, Rangordnung. So darf nur das größte Männchen mit dem Weibchen Sex haben. Doch stirbt das Weibchen, kommt es zu einem interessanten Phänomen: Das ranghöchste Männchen verwandelt sich in ein Weibchen – und das Männchen an zweiter Stelle steigt zum Liebhaber auf. (Folge 105)

-Leuchtende Sexfallen:  Bei Glühwürmchen leuchten die Weibchen, um Männchen anzulocken. Damit ein Leuchtkäfer nicht etwa bei der falschen Dame landet, unterscheiden sich die verschiedenen Leuchtkäferarten in der Länge und im Rhythmus der Leuchtsignale. Allerdings haben sich die Weibchen der nordamerikanischen Leuchtkäfergattung Photuris einen ganz üblen Tricks ausgedacht, um Beute anzulocken und zu verspeisen. Sie imitieren perfekt die Blinksignale der Weibchen der Leuchtkäfergattung Photinus. Nähern sich Photinus-Männchen arglos der vermeintlichen Geschlechtspartnerin, erleben sie eine böse Überraschung– meist ihre letzte. Denn die Weibchen können die frisch gelandeten Männchen leicht überwältigen. (Folge 130) ml/sw

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