Die Auszubildenden Niclas Arres, Selina Loss, Tobias Bez und Janek Schlittenhardt stellen ihre Berufe vor.
PZ-Collage
Pforzheim
Mit Herz und Hand: Diese Azubis zeigen, wie toll ihre Handwerksberufe sind
  • Constantin Hegel, Maximo Gonzalez, Yvonne Dast-Kunadt, Claudia Keller

Pforzheim/Enzkreis/Kreis Calw. Das regionale Handwerk feiert: Rund 360 frisch ausgelernte Gesellen werden am Freitag kommender Woche ab 18 Uhr im CCP bei der Veranstaltung „Gesell 2019“ feierlich von der Kreishandwerkerschaft Pforzheim-Enzkreis freigesprochen. Gerade in Zeiten, in denen es viele junge Menschen an Universitäten zieht, erzählen vier erfolgreiche Preisträger aus Pforzheim, dem Enzkreis und dem Nordschwarzwald, was Handwerk für sie bedeutet – und zeigen: Konditoren, Sattler, Zimmerer oder Mechaniker sind Berufe, die keineswegs aus der Mode gekommen sind. Ob im elterlichen Betrieb oder beim Wechsel zum neuen Arbeitgeber: Jeder findet einen anderen Start ins Berufsleben.

Ehrgeiziger Handwerker sattelt immer noch eins drauf

Niclas Arres setzt nicht nur mit einem BMW-Autositz Maßstäbe

Mit Nähmaschinen, Nadeln, Leder und ähnlichen Materialien weiß Niclas Arres geschickt umzugehen. Der 20-Jährige hat nicht nur seine Gesellenprüfung als Sattler der Fachrichtung Autohandwerk erfolgreich abgeschlossen, er ist trotz verkürzter Lehrzeit sogar Kammersieger geworden.

Das Sattlerhandwerk hat in der Familie Arres Tradition. Die Autosattlerei Arres gibt es seit 90 Jahren. Niclas Arres hat den Beruf bereits in fünfter Generation ergriffen. Sein Vater Oliver Arres führt das Familienunternehmen in vierter Generation, und auch dessen Vater Hans Arres trifft man im Unternehmen an. Dass Niclas Arres ebenfalls zum Autosattler wird, war nicht selbstverständlich, denn er hat lange überlegt, bevor er sich für die Ausbildung entschieden hat. Nach dem Abitur am Schiller-Gymnasium wollte er sich dann aber die Chance nicht entgehen lassen und hat bereits die Zeit zwischen Abitur und Ausbildung im Familienbetrieb verbracht. „So wusste ich, was auf mich zukommt“, erklärt Niclas Arres. „Ich habe mir gedacht, wenn ich die Ausbildung nicht mache, dann ärgert mich das bestimmt einmal. Außerdem kann handwerkliche Erfahrung nicht schaden und ist eine gute Grundlage.“ Als Abiturient konnte er seine Lehrzeit um ein Jahr verkürzen und ist somit gleich in das zweite Lehrjahr eingestiegen. Allerdings bedeutete dies, bereits nach einem halben Jahr Lehrzeit zur Zwischenprüfung antreten zu müssen. „Ich hatte schon etwas Bammel davor, mir fehlte ja noch die Praxis“, berichtet der junge Handwerker. „Es hat aber alles super geklappt.“ Sicher half ihm, dass er schon als Kind so manches im Familienbetrieb aufgeschnappt hat. Parallel zur Berufsschule hat Arres den Managementassistent im Handwerk mitgemacht. Ob er tatsächlich irgendwann das Ruder von seinem Vater übernehmen und den Meister machen will, weiß er noch nicht. Auch ein Studium würde ihn reizen. Die besten Voraussetzungen hat er mit der Gesellenprüfung jedenfalls geschaffen. Sein Gesellenstück, ein BMW-Autositz, hat ihm den Kammersieg eingebracht. Außerdem gewann er den Landesleistungswettbewerb und wird zum Bundeswettbewerb weitergereicht. Damit tritt er in die Fußstapfen des Vaters, der 1987 gar zweiter Bundessieger wurde.

Niclas Arres von der Autosattlerei Arres hat seine Gesellenprüfung zum Sattler der Fachrichtung Autohandwerk als Kammersieger abgeschlossen.
Tilo Keller

Kreative Perfektionistin beim Backen

Konditorin Selina Loss lebt ihr süßes Handwerk im Schömberger Café Talblick

Selina Loss ist Perfektionistin. Das sagt die hoch gewachsene, schlanke junge Frau mit den langen blonden Haaren und den strahlend blauen Augen zumindest von sich selbst. Deshalb verwundert es auch nicht weiter, dass die 25-jährige Konditorin ihre Ausbildung im Schömberger Wellness-Hotel Konditorei Café Talblick als Klassenbeste abgeschlossen hat – nach nur zwei Jahren.

„Als Kind habe ich viel von meiner Oma und Mama in Sachen Backen gelernt“, erinnert sie sich und fügt an: „Ich habe eigentlich schon immer von meinem eigenen Café geträumt.“ Und obwohl sie bis zur Verwirklichung ihres Traums noch ein Stück Weg vor sich hat, weiß Selina Loss ganz genau, was sie will. „Mit einem guten Abitur studiert man eigentlich“, denkt sie laut nach und erzählt dann, dass auch sie nach der Schule zunächst ein Duales Studium begonnen hatte.

Glücklich sei sie dort jedoch nicht geworden. „Schließlich habe ich das gemacht, was mein Herz mir gesagt hat“, so Loss weiter. Und, dass Backen für andere ihre größte Freude sei. Gerade erst hat sie im „Mint“ im ZKM in Karlsruhe einen Vertrag unterschrieben. „Mein neues Aufgabenspektrum dort ist groß“, berichtet sie. Torten, Kuchen, Pralinen oder Desserts stehen künftig auf ihrer Aufgabenliste. Doch egal was, kreativ muss es sein. Und vielfältig. „In Schömberg habe ich das klassische Handwerk gelernt“, erzählt Loss weiter und denkt gerne an ihre Ausbildung zurück.

Sie habe sich in dem familiären Betrieb mit schön praktiziertem Handwerk immer wohlgefühlt. Und auch Schömberg habe ihr gefallen. „Ich bin ein Dorfmensch, liebe die Natur“, sagt sie und erinnert sich an manch abenteuerliche Autofahrt im Winter.

Jetzt sei es an der Zeit für etwas Neues. Die junge Frau, die es nach der Arbeit am Ende des Tages eher deftig mag, liebt es immer wieder Neues auszuprobieren. Insbesondere dann, wenn sie das tut, was sie am liebsten macht: eine Torte dekorieren. „Ich bin manchmal etwas langsamer“, sagt sie selbstkritisch, ist aber überzeugt davon, dass sich das noch geben wird.

Liebt es, kreativ zu arbeiten: Selina Loss in ihrer Arbeitsstätte, der Konditorei Café Talblick in Schömberg.
Dast-Kunadt

Höhenangst war nie ein Problem

Tobias Bez aus Wiernsheim erklimmt als Zimmerer schwindelerregende Gebäude

„Höhenangst? Die legt man schnell ab. Muss man ja auch“, so Tobias Bez aus Wiernsheim, der bei der Firma Holzbau Zimmerei Schäfer seine Ausbildung zum Zimmerer macht. Dem 20-Jährigen wurde das handwerkliche Geschick in die Wiege gelegt – einer seiner Großväter war bereits Schreiner. Nach einem kurzen Praktikum während der Schulzeit hatte er sich schnell für den Beruf des Zimmerers und für die Firma Schäfer aus Wiernsheim entschieden. Und das nicht ohne Erfolg: Der Hobby-Feuerwehrmann wurde von der Kreishandwerkschaft Pforzheim-Enzkreis ausgezeichnet. „Zu einem Preis sagt man ja nie nein“, sagt der glückliche Auszubildende. In seiner Ausbildung schreckt er vor keiner Aufgabe zurück. Dazu gehören eben auch Arbeiten auf Dächern in schwindelerregender Höhe.

Was seine Zukunft angeht, so möchte er gerne in seinem Ausbildungsbetrieb bleiben. Was eine mögliche Weiterbildung angeht, könne er sich auch vorstellen die Meisterprüfung abzulegen. Das sei jedoch zunächst Zukunftsmusik.

Seinen Wunschberuf hat der Wiernsheimer Tobias Bez gefunden: Die Ausbildung zum Zimmerer absolvierte der 20-Jährige mit Bravour.
Gonzalez

Vom Eventmanagement zum Heizungsprüfer

Janek Schlittenhardt sorgt im Betrieb der Eltern in Dietlingen für sicheres Heizen

In den elterlichen Betrieb ist der Anlagenmechaniker Janek Schlittenhardt erst über Umwege gekommen. Für seine guten Leistungen wurde der 23-Jährige jetzt von der Kreishandwerkerschaft Pforzheim-Enzkreis ausgezeichnet. Ursprünglich wollte er ins Eventmanagement – jetzt ist er sich sicher: Irgendwann möchte er den Betrieb für ökologische Heizsysteme in Dietlingen übernehmen.

Als Schülersprecher am Gymnasium Neuenbürg hat Janek früh gelernt, sich einzusetzen. Organisieren, Konzerte vorbereiten, das machte dem Schüler Spaß. So sehr, dass er sich nach dem Abitur beruflich in diese Richtung entwickeln wollte. Er absolvierte ein einjähriges Praktikum in der Event-Branche – und kam ernüchtert zurück. „Dort muss man Samstag und Sonntag arbeiten und hat kaum Zeit für Freunde und Hobbys“, stellte er fest.

Den Weg in den familiären Handwerksbetrieb wollte er aber daraufhin nicht direkt einschlagen. „Jeder hat gesagt, der übernimmt sowieso den Betrieb.“ Stattdessen begann Schlittenhardt die Ausbildung zum Anlagenmechaniker bei einem Unternehmen in Ulm. Während der Zeit zog es ihn aber doch wieder zurück in die Heimat, wo er bei seinen Eltern die Ausbildung beendete. Druck von Vater Ties und Mutter Simone, die den Betrieb in zweiter Generation leiten, gab es zu keiner Zeit. „Die haben mir das völlig offen gelassen. Wir haben immer alles ehrlich kommuniziert.“ Im letzten Jahr feierte das Unternehmen 50-jähriges Bestehen.

An der Alfons-Kern-Schule in Pforzheim schloss Schlittenhardt, der in Neuenbürg wohnt, mit einem Notenschnitt von 1,1 ab. „An der Arbeit gefällt mir, dass man abends sieht, was man geschafft hat und stolz darauf sein kann.“

Morgens um 7 Uhr startet er. „90 Prozent der Arbeit besteht aus demontieren und neu einbauen von Heizungen.“ Der Umgang mit Öl und Gas erfordere hohes Verantwortungsbewusstsein. Abschalten vom Alltag kann Schlittenhardt im Engagement für seine christliche Gemeinde in Ellmendingen oder beim Fahrrad- und Skifahren.

Vorsicht bei Öl und Gas: Janek Schlittenhardt prüft im Familienbetrieb als Anlagentechniker Heizungen bei den Kunden vor Ort.
Moritz