Vesperkirche Volo Reportage
Die PZ-Volontäre Johannes Rose (links), Lucas Röhr und Elisa Hazeldine helfen bei der Vesperkriche tatkräftig mit.
Röhr
Pforzheim
Mittendrin in der „gelebten Diakonie“: Die Pforzheimer Vesperkirche bietet Platz für Gespräche

Pforzheim. Am Dienstag gehen in der Pforzheimer Vesperkirche fast 400 Portionen über den Tisch. Die zahlreichen Helfer geben alles, um den Bedürftigen eine nette Zeit zu bescheren. Das erleben auch die drei PZ-Volontäre Elisa Hazeldine, Lucas Röhr und Johannes Rose, die das 40-köpfige Helfer-Team tatkräftig unterstützen. Im Vordergrund der Vesperkirche steht jedoch nicht nur das warme Essen. Vor allem die Gesellschaft sorgt beim ein oder anderen Gast für den fast täglichen Besuch.

Noch geht es langsam zu in der Pforzheimer Vesperkirche. Um 10 Uhr trudeln nach und nach die ersten Gäste ein. Frühstück steht auf dem Programm. Diverse Backwaren mit Butter oder Marmelade. Viele Plätze sind noch frei: Sowohl im Inneren der Stadtkirche als auch im Seitenschiff, der Werktagskirche, in der die Speisen herausgegeben werden. Mit dem Mittagessen wird es immer voller, und die Gäste werden hungriger. Die Schlange wird länger und länger, und das Helfer-Team arbeitet auf Hochtouren. Sei es bei der Essensausgabe, beim Geschirrspülen oder beim Abräumen. Gegen 14 Uhr wird es ruhiger, und die Esstische leeren sich von Minute zu Minute.

Vesperkirche MiN Gespräch Azubis
Die Werktagskirche ist prall gefüllt: Rund 400 Portionen Linsen mit Spätzle und Saitenwürste werden am Dienstag ausgegeben. Das Essen kommt bei den meisten Besuchern gut an. Viele warten sogar auf Nachschub.
Meyer

Die freiwilligen Helfer der Vesperkirche geben alles, um den Bedürftigen ein paar nette Stunden zu bescheren. Das erleben am Dienstag auch die drei PZ-Volontäre Elisa Hazeldine, Lucas Röhr und Johannes Rose. Eine der fleißigen Helferinnen ist Claudia Diebold. Sie ist seit einem Jahr mit dabei und kümmert sich um die Tische, die im hinteren Teil der Stadtkirche stehen. Sie bringt die gebrauchten Tassen, Gläser und Teller weg, sammelt den Müll auf und wischt über die Tische. „Die Arbeit erfüllt einen“, sagt Diebold. Sie habe große Freude daran, die dankbaren Gesichter zu sehen. Noch länger dabei ist Karin Schmitt. Schon seit sieben Jahren „schafft“ sie mit und ist zuständig für die Einteilung der Helfer im inneren Kreis. Für Schmitt ist es eine „einfach schöne Arbeit“, weshalb sie bis zu viermal die Woche vor Ort ist.

„Ich helfe da mit, wo ich gebraucht werde“, betont Schmitt.

Vesperkirche Volo Reportage
Petra Caliskan und Peter Klingler sind seit der ersten Vesperkirche vor 25 Jahren treue Gäste und gelten als Urgesteine.
Röhr

40 Helfer im Einsatz

Sie ist eine von 40 Helferinnen und Helfern, die am Dienstag mitwirken. „Die vielen Menschen, die hier mit anpacken, sind unbezahlbar“, sagt Jürgen Droste aus dem Organisationsteam. Nicht zu vergessen seien auch die Sponsoren: Unter anderem der PZ-Hilfsverein „Menschen in Not“ bezuschusst die Vesperkirche mit 50.000 Euro.

Über die vier Wochen hinweg kommen laut Droste insgesamt rund 220 Personen zum Einsatz. Und die sind auch nötig. Fast 400 Portionen gehen laut Gaby Schulz, Sprecherin des Organisationsstabs, am Dienstag über den Tisch. Linsen mit Spätzle, dazu jeweils zwei Saitenwürste und ein kleiner Puddingbecher. „Das alles in zwei Stunden ist schon ein Wort“, hebt Schulz hervor. Für sie sei die Vesperkirche wie eine „gelebte Diakonie“. 400 Portionen bedeuten im selben Atemzug auch eine Vielzahl von Menschen, die teilweise von morgens bis mittags ihre Zeit in der Vesperkirche verbringen. Und dabei liegt der Hauptgrund ihres Besuchs nicht auf dem „Vesper“.

„Es gibt nicht nur preiswertes Essen. Die Leute kommen ins Gespräch, bilden zum Teil sogar Gruppen und spielen Karten“, erklärt Jürgen Droste.

Dazu zählen Petra Caliskan und Peter Klingler. Zwei Vesperkirchen-Urgesteine. Die 56-Jährige und der 57-Jährige sind schon seit der ersten Pforzheimer Vesperkirche mit dabei – gehören quasi zum Inventar. Und seit 25 Jahren helfen sie tatkräftig mit in unterschiedlichen Positionen. „Es macht von Jahr zu Jahr mehr Spaß“, sagt Klinke. Die Vesperkirche bedeute ihm sehr viel. Sie sei wie seine zweite Heimat. Aus diesem Grund kommt er jeden Tag seit dem 21. Januar vorbei – meistens mit einem Grinsen im Gesicht.

Volos in Vesperkirche
Drei Volontäre in der Vesperkirche: Lucas Röhr (rechts), Elisa Hazeldine und Johannes Rose packen mit an. Zum Beispiel beim Geschirr wegbringen.
Meyer

Laut Karin Schmitt kommen viele verschiedene Menschen in die Vesperkirche. Überwiegend seien es Bedürftige, die das frische Essen, das warme Innere und die Gesellschaft genießen. „Es gibt aber auch ganz wenige ‚Normale‘, die alleine daheim sind und sich über den Austausch mit anderen freuen“, fügt Schmitt hinzu. Aber auch Politiker verschlägt es an manchen Tagen für einen Besuch in die Stadtkirche. So ist zum Beispiel der Pforzheimer CDU-Bundestagsabgeordnete Gunther Krichbaum am Dienstag zu Besuch und zeigt sich vom starken Vesperkirchenteam beeindruckt.

Vesperkirche MiN Gespräch Azubis
Gaby Schulz, Rudolf Mehl und Jürgen Droste (von ganz links), vom Leitungsteam der Vesperkirche besprechen sich mit PZ-Verleger Albert Esslinger-Kiefer (Zweiter von rechts) sowie mit Thomas Satinsky (rechts) und Susanne Knöller (links), den Vorsitzenden von „Menschen in Not“.
Meyer

PZ-Hilfsverein unterstützt die Vesperkirche traditionell mit einer Großspende - 50 000 Euro in diesem Jahr

Es gibt noch kein Mittagessen, und doch sind der Kirchenraum sowie die Werktagskirche prall gefüllt mit Menschen. Waren es im vergangenen Jahr noch 280 Gäste, die an den ersten Tagen täglich die Vesperkirche in der Stadtkirche besuchten, kamen in diesem Jahr schon am ersten Tag 400 Menschen zum Essen.

„Bei entsprechendem Gericht sind wir inzwischen bei 500 am Tag“, sagt Gaby Schulz vom Leitungsteam.

Die Gäste bezahlen einen obligatorischen Euro. Das hat einen Grund. „Was nichts kostet, ist nichts wert“, sagt Jürgen Droste. Die konstant hohe Anzahl an Gästen bedeute für die Mitarbeiter eine Herausforderung. „Das Limit der Spülmaschine liegt bei 400 Gästen“, weiß Schulz. „Wer Spüldienst hat, der muss flexibel sein.“ Die Berge würden immer größer, die Spülmaschine aber nicht schneller. „Wer an der Essensausgabe hilft, der wird gesehen“, so Rudolf Mehl. „Die Helfer in der Ecke an der Spülmaschine sieht niemand.“ Das Leitungsteam sorgt sich, weil man mit dem Helferkontingent am Limit arbeite. „Wir haben ganz gut geplant“, aber Absagen durch Krankheit stelle sie jeden Tag aufs Neue vor Herausforderungen.

Wie gut, dass Gaby Schulz kurzfristig auf altbekannte Reserven zurückgreifen kann. Auch die Sponsoren halten der Vesperkirche die Treue. Bei mehr als 200 000 Euro liege inzwischen der Etat, der komplett aus Spenden finanziert wird. Der PZ-Hilfsverein „Menschen in Not“ bezuschusst die Vesperkirche mit 50 000 Euro. „Die Aktion liegt uns am Herzen und ist für die soziale Wärme in der Stadt ein wichtiger Baustein“, so Thomas Satinsky und Susanne Knöller, die Vorsitzenden von „Menschen in Not“.