
- Thomas Sommer
Pforzheim. Ein Besuch beim Friseur – für viele eine Selbstverständlichkeit. Für Menschen, die obdachlos auf der Straße leben, von Altersarmut betroffen sind oder vor finanziellen Herausforderungen stehen, ist es oftmals eine wirtschaftlich unüberwindbare Hürde.
Weltweit unterwegs
Hier kommt der Verein „Barber Angels Brotherhood“ ins Spiel: Er unterstützt obdachlose und bedürftige Menschen mit professionellen Gratis-Haarschnitten. Die Angels wurden im November 2016 von Friseurmeister Claus Niedermaier in Biberach an der Riß gegründet. Seither sind sie mit mehr als 900 Mitgliedern weltweit unterwegs. Unter anderem in der Schweiz, den Niederlanden, Brasilien, Chile, Kolumbien oder Südafrika geben sie zusammen mit sozialen Einrichtungen den Menschen ein Stück Mut und Selbstwertgefühl zurück.
Am Sonntag waren sie nun in der Suppenküche an der Pforzheimer Kiehnlestraße zu Gast. Bei mildem Herbstwetter verwandelte sich der Innenhof in einen großen Outdoor-Salon. „Wenn das Wetter einigermaßen gut ist, dann bleiben wir draußen, frische Luft tut gut“, scherzt Eric Rupp, Optio bei den Angels.
Aber auch auf kälteres Wetter oder Regen ist man gut vorbereitet. Wie im Friseursalon sollen sich die Leute wohlfühlen, sich entspannen, Gespräche führen, Zuspruch und Mut erfahren, oder einfach einmal jemanden zum Zuhören haben. Manchmal gibt es auch Erfolgsgeschichten zu vermelden, wenn durch gute Kontakte die Vermittlung einer Wohnung oder einer neuen Arbeitsstelle gelingt.
Die Friseure und Friseurinnen leisten auch abseits ihrer üblichen Arbeitsstelle eine hervorragende Arbeit. Sorgsam bringen sie mit der Maschine – sowie aufwendig durch viel Handarbeit mit Schere und Kamm – die Frisur der mehr als 40 Gäste an diesem Nachmittag in Form. Mit viel eigenem Einsatz sind die Teilnehmer dabei: Neben der zur Verfügung gestellten Zeit übernehmen sie selbst die Fahrtkosten oder kommen für Übernachtungskosten auf. Persönliche Werkzeuge, wie Kamm oder Schere, stellen sie selbst, Sponsoren steuern den Rest der Ausrüstung bei.
Einfühlungsvermögen gefragt
Interessenten können sich als „Gastengel“ bewerben. Nach drei Einsätzen gehört man dann fest zum Team. „Das ist natürlich nicht für jeden etwas, man muss auch sehen, ob man mit den Leuten umgehen kann. Das erfordert Einfühlungs-, aber auch Durchsetzungsvermögen“, sagt Rupp, der beispielsweise keine lautstarken Streitereien über Politik oder Religion duldet und „zur Not auch mal Leute wegschicken“ muss. Hier sollen alle einfach nur Mensch sein. „Aber das Größte ist doch die Dankbarkeit, die Umarmung“, stellt Rupp immer wieder fest, wenn er und alle anderen Teilnehmer am Ende des Tages in lachende Gesichter unter einer frisch geschnittenen Haarpracht blicken.
Die Barber Angels sind immer auf der Suche nach Unterstützern, speziell aus dem Friseurhandwerk. Auch neue Sponsoren sind willkommen. Informationen gibt es unter www.b-a-b.club.