
- Simon Walter

Alte Sparkassen-Kundenhalle wird Kunstwerk - 2
Am Anfang stand ein Zitat von Baske ToBeTrue: „Das Projekt“, hatte der Künstler vor dem Start der Street-Art-Ausstellung „Playground“ gesagt, „bedeutet eine goldene Zeit für eine Graffiti-freie Stadt.“
An den vergangenen zwei Tagen, an denen die Graffiti und Installationen in der einstigen Sparkassen-Kundenhalle zu sehen war, wurde diese Feststellung verstärkt von Besuchern diskutiert. Und mit ihr eine Frage: Warum ist diese Kunstform nicht häufiger auf Pforzheims Straßen zu sehen?
Der Realitäts-Check zeigt: Die Zahl der „Sachbeschädigungen durch Graffiti“ – so die Polizeibezeichnung – ist alles andere als rückläufig. Zählten die Beamten in Pforzheim 2013 noch 27 Fälle, waren es in den vergangenen Jahren sechs- bis siebenmal so viele. Doch zum einen verschwinden diese in Pforzheim schnell wieder: Durch das Anti-Graffiti-Mobil wurden seit 2003 weit über 13 000 dieser Werke entfernt. Und zum anderen sind die Mehrheit der Graffiti, die auf Pforzheims Bauwerken zu sehen sind, eher Kritzeleien als Kunst, sagt Hannelore Schimpf. Dennoch plädiert die ehemalige Vorsitzende des Fördervereins des Kulturhauses Osterfeld für mehr Street-Art – neben Graffiti gehören dazu unter anderem auch Installationen, Sticker, Plakate und Video-Projektionen – im öffentlichen Raum.

Alte Sparkassen-Kundenhalle wird Kunstwerk - 1
„Wichtig ist: Es muss Qualität haben, denn es gibt in dem Bereich viele Pfuscher.“ Sie hofft, dass das Sparkassen-Projekt für Pforzheim eine Initialzündung ist: „Man könnte in diesem Bereich einiges machen, aber man braucht jemand, der den Mumm dazu hat.“ Doch ist dies in der Stadt denkbar? „Ob eine groß angelegte Initiative an öffentlichen Gebäuden, Plätzen und Hauswänden jemals möglich wäre, wage ich zu bezweifeln“, sagt Schimpf.
An einer wichtigen Stelle scheint die 73-Jährige jedoch auf offene Ohren zu stoßen: bei Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler. „Wir haben zu wenig Jugendkunst in Pforzheim“, bedauert die Grünen-Politikerin. Zwar seien die gesprühten Werke „in der Kunstszene umstritten. Aber sie sind ein Teil der Jugendkultur und wir tun gut daran, die Impulse der Ausstellung auch aufzunehmen“. Denkbar seien etwa temporäre Stellwände, an denen sich junge Künstler austoben können.
Hannelore Schimpf hatte schon vor der Ausstellung daran gedacht, mit Schüssler und Baugenossenschaften einen Rundgang durch Pforzheim zu machen, um Flächen zu suchen, auf denen man Künstlern Raum geben könnte. „Und nicht nur, um großformatige Bilder von Schmuckringen“ zu zeigen, sagt sie. Schüssler gefällt diese Idee: „Da könnte dann auch der Jugendgemeinderat dazukommen.“ Mit diesem, aber auch innerhalb der Verwaltung und mit dem Gemeinderat wolle sie das Thema diskutieren.
Sparkasse zählt 4300 Besucher
Dass sich viele Pforzheimer für die Straßenkunst interessieren, kann Stephan Scholl, Vorsitzender der Sparkasse Pforzheim Calw, mit Zahlen belegen: Etwa 4300 Besucher haben die seit Donnerstag wieder geschlossene „Playground“-Ausstellung demnach an zwei Tagen besucht. „Die beweglichen Kunstwerke wurden fast alle verkauft, die Nachfrage war ausgesprochen rege“, sagt Scholl. „Wenn auch Anregungen für den Kunstunterricht oder eigenes kreatives Tun mitgenommen wurden, wäre das toll.“
Wenn es hierfür künftig Flächgen gibt, auf denen ganz legal gesprayt werden darf, wäre dies für die Street-Art-Szene der Region ein Schritt gen Zukunft und Vergangenheit zugleich. So erinnern Schüssler und Schimpf in den Gesprächen mit der PZ unabhängig voneinander an Siegbert Frank, der von 1977 bis 1998 Bürgermeister in Pforzheim war. „Er versuchte, der Jugend Freiraum zu geben“, erinnert sich Schüssler. Damals habe es etwa im Brötzinger Tal und beim Emma Flächen gegeben, auf denen gesprayt werden durfte. Inzwischen ist dies überall in Pforzheim illegal – möglicherweise wegen der Befürchtung, dass legale Fläche mehr illegale Graffiti mit sich brächten, mutmaßt Schüssler. „Aber diese Gefahr sehe ich nicht.“ Dass umgekehrt illegale Schmiereien durch legale Spraymöglichkeiten ganz verschwinden, ist aber ebenfalls unwahrscheinlich: „Idioten rennen überall rum“, sagt Schimpf.


Sparkassen Kundenhalle wird zum begehbaren Kunstwerk
Dieses Kunstwerk sprengt gewöhnliche Dimensionen. Ein multi-mediales Kunstprojekt im Urban Art Stil ...