
- Aneta Zalewska für die Deutsch-Polnische Gesellschaft
Polen. Wie kann man ein Land intensiv und ganz individuell erleben? Viele Menschen aus westeuropäischen Ländern hegen gewisse Vorurteile gegenüber Polen. Manchmal steht die gemeinsame Geschichte im Weg, manchmal reduziert man das Land auf die Bilder von Saisonarbeitskräften oder Reinigungspersonal. Andere wiederum glauben, Polen liege „weit im Osten“ und damit abseits westlicher Standards.
Gemeinsam mit der Extremsportlerin Jola Ketterer begaben sich meine Freundin Katja Rosar und ich auf ein kleines Abenteuer: Zehn Tage im Wohnmobil quer durch Polen – von der Hauptstadt Warschau bis ins südliche Zakopane, am Fuße der Hohen Tatra. Jola Ketterer selbst war auf einer beeindruckenden Mission: Vom nördlichsten Punkt Polens, Jastrzębia Góra an der Ostsee, lief sie zu Fuß bis zum höchsten Berg Polens, dem Rysy. Wir begleiteten sie und entdeckten dabei ein sonniges, offenherziges und modernes Polen.
Unser Wohnmobil brachte uns täglich rund 50 Kilometer weiter – genug, um die Landschaft in Ruhe zu genießen und mit den Menschen vor Ort in Kontakt zu kommen. Was wir sahen, war ein modernes Land: große Industrieparks, innovative Unternehmen, gut ausgebaute Infrastruktur, gepflegte Häuserfassaden und moderne Fahrzeuge auf den Straßen.
Auch digital ist Polen längst auf der Höhe der Zeit – kontaktloses Bezahlen per Handy ist selbstverständlich. Vor allem aber beeindruckte uns die polnische Gastfreundschaft, die wir überall erfahren durften. Nie wurde uns ein Platz zum Übernachten verwehrt, weder auf einem Bauernhof noch auf dem Hof eines Restaurants. Überall wurden wir herzlich empfangen: mit einer warmen Dusche, einem Kaffee, einem Schnaps oder einfach mit ehrlichem Interesse an Jolas Geschichte.
Ein Erlebnis bleibt uns besonders in Erinnerung: Auf einem Bauernhof, den wir spontan ansteuerten, ließ die Bäuerin alles stehen und liegen, als sie von Jolas Lauf erfuhr. Es war der 18. Tag der Tour, Jola hatte bereits 1000 Kilometer in den Beinen und war nur noch 50 Kilometer vom Ziel entfernt. Die Frau war so begeistert, dass sie ihre Nachbarn zusammentrommelte und wir Jola einen bewegenden Empfang bereiteten – mit Applaus, offenen Armen und leuchtenden Augen. Am Abend saßen wir noch lange zusammen, sprachen über das Leben, Gott und die Welt. Ihr Lebensgefährte beschloss kurzerhand, Jola mit dem Fahrrad bis auf den Rysy zu begleiten.
Für Katja und mich waren diese zehn Tage eine der intensivsten Reiseerfahrungen überhaupt – voller neuer Eindrücke, bewegender Begegnungen und einer tiefen Verbundenheit mit den Menschen, die uns begegneten.
Jolas Lauf ist ein Herzensprojekt mit einem besonderen Ziel: Der Erlös soll dem Aufbau einer Kantine für Waisenkinder in Thailand dienen. Nähere Informationen findet man auf www.jk-lauftraining.de.
