Die Industrial Design-Studentin Sophia Lindner forscht für den Tanzsport.
Pforzheim
Studentin Sophia Lindner ergattert zweiten Platz beim James Dyson Award
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Pforzheim. Besucher von Ballettvorstellungen haben nur eine winzige Vorstellung davon, welchen Schmerzen und medizinischen Gefahren sich Tänzer für ihre Kunst aussetzen. Bänder- und Muskelfaserrisse, Überdehnungen und Brüche im Fuß sind häufige Verletzungen bei ihnen. Sophia Lindner, Studentin im Industrial Design an der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim, hat einen völlig neuartigen Ballett-Spitzenschuh entwickelt, der diese Gefahren mindert. Für ihr Konzept „REACT“ wurde sie mit dem zweiten Platz des diesjährigen James Dyson Award Deutschland ausgezeichnet.

Der James Dyson Award ist ein internationaler Design-Wettbewerb für Studierende aus 20 Ländern, der von der James Dyson Foundation ausgerichtet wird. Die von James Dyson gegründete Stiftung fördert Nachwuchskräfte im Bereich Ingenieurwesen und Produktdesign.

Im professionellen Tanz wird ein Spitzenschuh in nur einem Tag „zertanzt“ – eine teure und ineffiziente Angelegenheit. Lindner, die selbst lange Ballett tanzte, weiß, dass kein Standardmodell die individuellen Bedürfnisse von Tänzern erfüllen kann. „In der Technologie rund um den Spitzentanzschuh herrscht immenser Nachholbedarf, wenn wir die Entwicklung im Bereich des normalen Sportschuhs damit vergleichen,“ sagt die 23-Jährige. Zwar würden Profitänzer ihre eigenen Leisten beim Schuhmacher hinterlegt haben, aber die gewaltigen Verletzungsrisiken für den Fuß seien damit nicht gemindert.

Mit ihrem Schuhkonzept „REACT“ nutzt die angehende Designerin ein flexibles Tape-System. Ihr Schuh fügt sich aus drei Teilen zusammen: einer Sohle, einer Socke und unterschiedlichen Tape-Bändern. Die sogenannten Kinesio-Tapes sind Elastikpflaster, deren Verwendung sich im Sport schnell verbreitet hat. Sie können einen Verband ersetzen, sind aber elastisch, so dass die Haut bei jeder Bewegung massiert und der Lymph- und Blutfluss angeregt wird. Das Pflaster stützt die Gelenke.

Der Einsatz von Tapes begünstigt den neurologische Stoffwechsel: Das Tape sorgt für eine schnellere Kanalisierung der Lymphe, so wird die Reaktionszeit des Muskels über das Nervensystem beschleunigt. Die Poren des Tapes sind mit Silikon gefüllt, um an der Haut zu haften. Drei Tapes schützen den Fuß.

Abhilfe hat die Design-Studentin ebenfalls für die hohe Belastung der Zehen geschaffen: Um den Druck zu minimieren, wird die sogenannte Zehenbox im Schuh mit einem weichen Silikon gefüllt, in dem die Zehenform des jeweiligen Tänzers abgegossen ist. So verteilen sich Druck und Gewicht auf alle Zehen gleich.

Die Sohle des Spitzenschuhs besteht aus festem Silikon und hat millimeterbreite Einschnitte. Im Gegensatz zu den konventionellen Sohlen aus hartem Leinen-Leim-Gemisch und festem Leder ist dieses Konzept flexibel. Die Einschnitte der Sohle verhindern eine Überdehnung, indem die aufeinanderdrückenden Keile die Biegung blockieren. In die andere Richtung hingegen öffnen sich die Einschnitte leicht und ermöglichen mehr Flexibilität beim normalen Gehen.

Für den orthopädischen Part hat die Preisträgerin mit dem Heilpraktiker für Osteopathie Kai Schabel zusammen gearbeitet.

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