
Pforzheim.Ein fünffacher Vater stirbt in seinem Nissan unverschuldet und chancenlos bei einem Raser-Unfall auf der B 294 im Pforzheimer Norden (die PZ berichtete). Der am Unfalltag noch 20-jährige Verursacher hinterm Steuer eines extrem hochmotorisierten BMW kommt mit zwei Jahren Bewährungsstrafe davon. Trotz eines Schuldspruchs wegen verbotenen Autorennens in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung.
Kann das sein? Antwort: Ja. Die Umstände dieses Falles waren nach Einschätzung des Jugendschöffengerichts in Pforzheim unter Vorsitz von Richterin Stephanie Gauß am Donnerstag so, dass der junge Mann noch nach Jugendstrafrecht zu verurteilen war. Sie folgte in ihrer Urteilsbegründung der Argumentation des Verteidigers Nicolas Schwab und Hinweisen der Jugendgerichtshilfe: Der junge Mann wohne noch zu Hause bei der Mutter, die ihn morgens wecke. Er absolviere eine Ausbildung. Es gebe Hinweise auf Entwicklungsverzögerungen.

Anders als das Erwachsenenstrafrecht kenne es das Jugendrecht nicht, dass ein Urteil eine erzieherische Wirkung auf die Allgemeinheit haben solle, erklärte Gauß. Das Jugendrecht bezieht sich nur auf den Täter selbst, und wenn für diesen eine Haftstrafe aus erzieherischen Gründen kontraproduktiv erscheint, wird sie zur Bewährung ausgesetzt.

Durch Unfall tief geprägt
Der 21-jährige Angeklagte hat sich, soweit bekannt, vor jenem fatalen Tag im Januar 2024 noch nie etwas zuschulden kommen lassen. Sein Umfeld ist gut, er absolviert eine Ausbildung, die er nun zu Ende bringen kann – auch dies ein Argument seines Verteidigers. Vor allem ist er, was Staatsanwältin Anja Zinßer in ihrem Plädoyer ebenfalls erwähnte, tief geprägt durch jenen Unfall. Er ist in sich gekehrt, schläft und träumt schlecht, hat sich therapeutische Hilfe gesucht, seinen Freundeskreis verändert – und sein Berufsziel auch: Nach der Ausbildung zum Karosseriebauer möchte er sich von der Kfz-Branche verabschieden; Autos machen ihm keine Freude mehr. Er darf laut Urteil auch mindestens zwei Jahre lang keine fahren: So lange gilt die Sperre, innerhalb derer er den Führerschein nicht wieder erlangen darf. Die gesamte Bewährungszeit läuft drei Jahre lang.


Tödlicher Verkehrsunfall auf Pforzheimer Hohenäckerallee
Staatsanwältin Anja Zinßer hatte eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht gefordert, 24 Monate Haft ohne Bewährung. Wer zwei Jahre den Führerschein habe, sei kein Jugendlicher. Illegale Autorennen seien weniger typisch für Jugendliche als eher für junge Erwachsene. Der Unfall sei zwar das Ergebnis von Fahrlässigkeit gewesen. Das Autorennen – ein so genanntes Alleinrennen mit dem Ziel möglichst hohen Tempos – sei aber vorsätzlich begonnen worden, mit besonders sportlichen Einstellungen an dem von einem Begleiter gemieteten und dem Fahrer kurz überlassenen BMW.


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Im Beisein der Kinder
Nebenklage-Vertreter Simon Seidel hatte als Anwalt der Hinterbliebenen im Beisein der Witwe und aller fünf minderjährigen Kinder mit ähnlicher Argumentation drei Jahre Haft gefordert. Ob er Rechtsmittel einlegt, ließ er sich nach der Urteilsverkündung offen, wie auch Verteidiger Nicolas Schwab, der 22 Monate Jugendstrafe gefordert hatte.


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