Masken und leere Straßen – das ist ein prägendes Bild der Corona-Pandemie.
michaelheim - stock.adobe.com
Pforzheim
Vor fünf Jahren stand Deutschland still: Fünf PZ-Mitarbeiter erinnern sich an den ersten Corona-Lockdown

Schulen und Kitas zu, Restaurants und Geschäfte dicht, Theater, Friseure und Sportplätze auch: Vor fünf Jahren wurde das Alltagsleben in ganz Deutschland im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus in beispielloser Weise heruntergefahren. Mit Beschlüssen am 16. und 22. März 2020 verhängten Bund und Länder einen ersten "Lockdown", um Ansteckungen auf breiter Front und entscheidend zu unterbinden. Später in der Pandemie folgten noch weitere solcher Phasen für mehrere Wochen. Fünf PZ-Mitarbeiter erinnern sich zurück: 

PZ-Reporter Leon Malik Koß: "Die beste Zeit meines Lebens" 

Ich hatte Glück. Unfassbares Glück. Der April 2020 fühlte sich nach Sommer an. Frustriert saß ich damals auf warmem Gras im Stadtgarten. Eigentlich sollte ich in Albanien sein, eine Reportage über ausrangierte Züge schreiben. Aber: Weltlockdown. Flug gestrichen; Pläne futsch. Das hätte mein großer Wurf sein sollen! Dann, an diesem sonnigen Tag im Park, lief mir eine Frau über den Weg. Große Augen: „Hi!“ Corona ... Alle waren irgendwie verrückt. Ich auch. Also lud ich sie zum Essen ein. Sie kam. Wir saßen in meiner Küche. Ich hatte schlecht gekocht – egal. Später lud sie mich ein. Wir lernten uns kennen. Rosarote Brille und so. Wir hatten Zeit. Wenn ich nach Feierabend zu ihr fuhr, war die Ausgangssperre egal. Ich hatte Glück, die Polizei erwischte mich nie. Ich hatte unfassbares Glück, das bis heute gehalten hat.

PZ-Redakteurin Lisa Scharf: "Auf der leeren Autobahn"

Diese Fahrt werde ich nie vergessen. Es muss zu Anfang des ersten Lockdowns gewesen sein, als das Internet voll war von Leuten, die zu Hause Bananenbrot backten oder ihre Haare ausfetten ließen (kein Witz, das war das Ding damals). Ich war keine von ihnen. Mein Arbeitsalltag ging – mehr oder weniger – normal weiter, jeden Tag fuhr ich in die Redaktion. Auch an diesem einen Morgen. In Karlsbad auf die A 8, Pforzheim-West wieder runter. Auf diesem ganzen Abschnitt begegneten mir genau drei Lkw – und kein einziges anderes Auto. Einerseits war das echt gespenstisch. Andererseits: Schneller war ich nie mehr im Büro.

PZ-Redaktionsmitglied Marie Melson: "Eingesperrt und so frei"

Als im März 2020 der erste Lockdown kam, war ich 16 Jahre alt. Mit meinem Realschulabschluss in der Tasche wollte ich, noch recht planlos, erst einmal in Ruhe meine Fachhochschulreife machen. Corona machte mir einen Strich durch die Rechnung. Fast ein halbes Jahr hatte ich kaum bis gar keine Schule, die Läden waren geschlossen, und wenn wir mit mehr als drei Personen unterwegs waren, haben wir ausgeknobelt, wer mit wem zusammen ist. In meinen prägendsten Jugendjahren saß ich zu Hause und musste mit ansehen, wie um mich herum ein Stück weit die Welt untergeht. Ich aß zu wenig und trank zu viel. Aber nicht alles war schlecht – endlose Sommertage habe ich auf Wiesen mit meinem Buch verbracht. Mit meiner Mama und meinem B17-Führerschein in der Tasche habe ich bei lauter Musik und offenen Fenstern die Region erkundet, und mein Opa hat die wildesten Rezepte ausprobiert, weil ihm ohne seinen Rentner-Einkaufsbummel so langweilig war. Noch nie war ich so frei wie während der Pandemie. Und das in vollkommener Isolation – völlig absurd, wenn man fünf Jahre später auf diese Zeit zurückblickt.

PZ-Redakteurin Susanne Roth: "Fahrt in den Tunnel" 

Erst war das Thema ja ganz weit weg. Was geht mich das Geschehen auf einem Markt in China an? Das Wegducken half nichts. Als taff organisierte, damals selbstständige Journalistin in Pforzheim war mir schnell klar: Die Fahrt führt in einen dunklen Tunnel, und wenn ich Pech habe, dann kommt auch noch ein Zug entgegen. Also: die Weichen neu stellen. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich immer noch ungläubig auf dieses Monster starrend sozusagen laut Hilfe gerufen habe. Bei allen Menschen, die ich von meiner beruflichen Tätigkeit her kannte. Klar, anfangs gab das Thema noch Stoff für Geschichten her. Aber klar war, dass die Quelle bald versiegen würde. So bin ich über Umwege in der Corona-Hotline des Gesundheitsamtes gelandet. Das war aufregend, turbulent und oftmals mit vielen Fragezeichen versehen, da sich ständig etwas an den Regeln änderte. Spooky fand ich auch die Angst, das Misstrauen, das sich auch im eigenen Miethaus breitmachte. Nach einem weiteren Zwischenstopp mit einer Teilzeitbeschäftigung habe ich mich bei der PZ beworben und wurde mit offenen Armen aufgenommen. Was mich die Pandemie gelehrt hat: Ich bin dynamischer geworden, habe Vertrauen in mich und meine Zukunft.

PZ-Redaktionsmitglied Lea Eiting: "Aufgeregter Mailverkehr"

„Super, keine Schule“ – das ist mein erster Gedanke, als ich freitags beim Mittagessen sitze und im Radio höre, dass nun auch in Baden-Württemberg am 16. März der letzte richtige Schultag sein wird. Dann kommt der Lockdown. Schon samstags trudeln erste Mails von Lehrern ein, die aufgeregt versuchen, uns irgendwie mit Lernmaterial zu versorgen. Schnell kommt dann doch ein mulmiges Gefühl auf: Was bedeutet das jetzt? Wie geht es weiter? Erstmal geht es nicht weiter: Während manche Lehrer Aufgaben in ein Online-Portal stellen, klappt das in anderen Fächern nicht so leicht. So muss für den Sportunterricht zum Beispiel das Wohnzimmer herhalten. Nach einigen Wochen gibt es dann die erste Videokonferenz mit der Französischlehrerin – doch die hat nur wenig mit Unterricht zu tun. Zum ersten Mal seit Wochen höre ich die Stimmen meiner Klassenkameraden wieder. Wir können uns endlich wieder in Echtzeit austauschen. Und ganz langsam stellt sich auch wieder eine Routine ein.

VG WORT Zählmarke